Wie die Fans der Hamburg Freezers auf das 3:0 gegen Straubing und die auf 17 Erfolge ausgebaute Heimserie reagieren. Nur noch zwei Siege bis zum Rekord.

Hamburg. Die Kurve ist sich einig, und sie duldet kein Pardon. „Ohne Trainer fangen wir nicht an“, so schallt es am Sonntagnachmittag in der O2 World aus Tausenden Kehlen. Die Spieler der Hamburg Freezers haben längst Platz genommen, um mit ihren Anhängern nach dem 3:0 (0:0, 1:0, 2:0)-Erfolg gegen die Straubing Tigers das obligatorische Siegesritual durchzuführen: Das Team kniet in Höhe der Mittellinie, ein von den Fans geforderter Spieler tritt vor und animiert über Hallenmikrofon zum Feiern. Doch heute ist alles anders. Heute will die Masse ein Zeichen setzen. Sie will Benoît Laporte, den Mann, dessen Vertrag noch immer nicht verlängert ist, obwohl die „Januar-Depression“ auszubleiben scheint.

Es dauert einige Minuten, bis man den Cheftrainer aus seinem Büro geholt hat. Was er mit dem Mikro in der Hand vor der Fankurve tun soll, scheint dem Frankokanadier nicht klar zu sein. Da, wo früher das aus Fußballstadien bekannte „Uffta tätärä“ erklang, buchstabiert Laporte die Worte „Freezers-Spieler“, die die Zuschauer verdutzt Buchstabe für Buchstabe nachsingen. „Ich schätze das Verhältnis zu unseren Fans sehr, aber die Momente nach Siegen sollen dem Team gehören“, erläutert der Trainer seine gewöhnungsbedürftigen Einpeitschereinlage. Sie spricht für ihn. Es ist also doch noch nicht alles Routine beim Tabellenführer der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), auch nach dem 17. Heimsieg in Serie nicht. Werden auch Nürnberg (26. Januar) und Ingolstadt (14. Februar) daheim bezwungen, ist der Heimsiegrekord der München Barons aus der Saison 1999/2000 eingestellt. Wenn Siege zur Gewohnheit werden, stellt sich Langeweile ein, so könnte man meinen. Doch ein Besuch in der Fankurve beweist das Gegenteil.

„Ich gehe nie mit der Erwartung her, dass wir sowieso gewinnen“, sagt Jörg Schnakenbeck, Dauerkarteninhaber seit elf Jahren, „ich erwarte nur, dass die Jungs hart arbeiten.“ Die Siegesserie ist nicht nur für ihn eher nebensächlich. „Jeder Sieg ist schön, aber eigentlich geht es doch nur darum, dass wir Heimrecht in den Play-offs haben“, sagt er. Das sieht auch Tanja so, die für die Trommelgruppe Drums and Friends mächtig auf die Pauke haut. „Ich freue mich riesig über jeden Sieg, aber irgendwo ist da immer noch dieses Bauchgefühl, die Sorge, dass wir doch noch einbrechen“, sagt sie.

Die Fans der Freezers, sie sind nach vielen mageren Jahren seit dem einzigen Halbfinaleinzug in der Saison 2003/04 noch immer skeptisch. Aber es tut allen gut, dass man nicht mehr schräg angeschaut wird, wenn man im eisblauen Trikot Bus und Bahn fährt. „Früher wurden wir ausgelacht, weil wir Freezers-Fans waren. Heute fragt man uns, wie hoch wir diesmal wieder gewonnen haben“, sagt Tanja.

Die Stimmung im Fanblock hinter dem Tor unterhalb des Skylight-Cafés, wo die lautesten Fans ihre Sitze dauerhaft zu Stehplätzen umfunktionieren, ist über die Jahre eher zurückhaltend geworden. Am meisten Krach machen die Trommler. Dass der Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Pütz, der den Eingang hinter ihnen bewacht, ein schlauer Mensch ist, beweist ein Blick auf seine mit Ohropax geschützen Hörorgane. Erst in den vergangenen Wochen des Erfolgs hat sich ein Stück Euphorie auf die schweigende Mehrheit der Besucher übertragen. Beim neuen Ritual, bei dem knapp sieben Minuten vor Spielende im Fanblock alle 21 Reihen nacheinander zum Hüpfen animiert werden, springt am Ende ein Großteil der Zuschauer mit. Kapitän Christoph Schubert hatte am vergangenen Freitag beim 5:0 gegen Schwenningen dieses Ritual auch beim Schlussjubel mit dem Team übernommen. „Das war ein schönes Zeichen, dass die Jungs unsere Anfeuerung wahrnehmen“, sagt Tanja, die sich grundsätzlich mehr Kommunikation zwischen Fans und Spielern wünscht.

Dass jede Serie irgendwann reißt, ist allen bewusst. Umso richtiger scheint deshalb die Einstellung des Mannes im Camouflage-Look zu sein, der im Fanblock die größte Fahne schwingt. „Ich will nicht über Siege reden“, sagt er, „ich will sie genießen.“

Tore: 1:0 (30:55) Oppenheimer (Dupuis, Krämmer) 5-4, 2:0 (42:10) Wolf (Festerling, Flaake), 3:0 (44:46) Festerling (Wolf, Flaake) 5-3. Strafminuten: 20 + 10 Oppenheimer + 10 Wolf/27 + 10 Down + 10 Hendry + Spieldauer Osterloh. SR: Hascher/Schimm (Miesbach/Waldkraiburg). Z.: 9547.