Dimitrij Kotschnew und Sébastien Caron von den Hamburg Freezers gilt als das beste Torwartduo der Deutschen Eishockey-Liga. Im Abendblatt-Doppelinterview sprechen sie über ihre Rivalität.

Hamburg. Seit Sébastien Caron, 33, und Dimitrij Kotschnew, 32, das Torwartduo der Hamburg Freezers bilden, hat sich der Club in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) vom letzten auf den dritten Tabellenplatz vorgearbeitet. Über ihren Anteil daran und über das spezielle Arbeitsverhältnis zweier Weltklassekeeper wollte das Abendblatt vor dem Gastspiel bei der Düsseldorfer EG an diesem Freitag (19.30 Uhr) mit den Keepern reden. Was vor allem auffiel: Kotschnew, der in Düsseldorf spielen wird, und Caron reden mit- statt nur übereinander.

Hamburger Abendblatt: Herr Caron, Herr Kotschnew, wie fühlt man sich als Teil des besten Torhüterduos der DEL?

Caron: Es ehrt uns, dass wir dermaßen wertgeschätzt werden. Ich kann nur sagen, dass ich sehr froh bin, bei den Freezers zu sein, aber ich weiß meine Leistung einzuschätzen. Als Torhüter ist man nur so stark wie das Team.

Kotschnew: Ein guter Torwart gewinnt seinem Team maximal fünf Spiele pro Saison durch herausragende Leistungen. Aber in jedem Spiel geht es darum, die beste Leistung abzurufen, um dem Team zu helfen. Da nutzt es nichts, als das beste Duo angesehen zu werden. Wir sehen dann gut aus, wenn das Team vor uns gute Leistungen bringt.

Ihre Bescheidenheit ehrt Sie. Dennoch waren die Freezers am 18. Oktober Letzter, als Sie, Herr Caron, aus Iserlohn kamen und Sie, Herr Kotschnew, von Ihrem Kreuzbandriss genesen waren. Seitdem wurden 15 von 18 Spielen gewonnen. Und daran wollen Sie keinen Anteil haben?

Kotschnew: Natürlich haben wir unseren Anteil. Aber ich möchte nicht, dass im Umkehrschluss unserem Vorgänger Niklas Treutle die alleinige Schuld an der Misere zugeschoben wird. Ich sehe den Grund für unseren Aufschwung eher darin, dass das Team sich gefunden hat, und mit jedem Sieg wächst das Selbstvertrauen. Das sieht man jetzt. Jeder macht seinen Job, schon läuft es.

Caron: Treutle ist ein guter Torwart, das hat er auch in Hamburg schon bewiesen. Er hatte leider eine schlechte Phase, und dann kam eins zum anderen. Aber vieles im Eishockey ist auch Zufall, und Selbstvertrauen spielt eine enorm große Rolle. Am Anfang der Saison hat dem Team das Glück gefehlt. Das haben wir uns nun erarbeitet.

„Es gibt keinen Grund aufzumucken“

Sie haben beide den Anspruch, die Nummer eins zu sein, dennoch setzt Trainer Benoît Laporte auf ständige Rotation. Wie kommen Sie damit klar?

Caron: Natürlich wollen wir beide am liebsten immer spielen, das liegt uns im Blut. Aber als ich aus Iserlohn kam, wusste ich, dass hier mit Dimi ein Nationaltorwart spielt, der allerdings nach seiner schweren Verletzung noch Zeit braucht. Deshalb war mir von Anfang an klar, dass ich nicht jedes Spiel machen würde. Für Dimi war es aber bestimmt nicht einfach, dass ich kam, denn für ihn war ja eigentlich klar, dass er die klare Nummer eins ist, wenn er fit ist.

Kotschnew: Ich habe die Entscheidung der Clubführung total verstehen können. Es war ja kein Misstrauensvotum gegen mich, sondern es war einfach so, dass niemand sagen konnte, wie ich nach der Verletzung zurückkomme. Es ist schön zu wissen, dass mit Sébastien jemand da ist, der mich eins zu eins ersetzen kann.

Laporte achtet sehr darauf, Sie gleichrangig zu behandeln. Beide sollen ausreichend Spielzeit bekommen. Er sagt aber auch: Wer zuerst aufmuckt, spielt nicht mehr. Behalten Sie deshalb die Ruhe?

Kotschnew: Unsinn. Solange man weiß, dass es ein fairer Wettkampf ist, gibt es doch keinen Grund aufzumucken. Man muss aus jeder Situation das Beste machen. Wir sind in einem Teamsport, da geht es nicht um den Einzelnen. Wir haben die Aufgabe, unsere Topleistung für die Mannschaft zu bringen, und ich denke, dass man derzeit sieht, dass das die Mannschaft nach vorn bringt.

Caron: Wir haben beide kein Interesse daran, uns über unsere Situation zu beklagen. Schlechte Stimmung macht das Team schwächer. Eins ist doch klar: Wenn einer schlecht spielt, sitzt er draußen. Also strengen wir uns umso mehr an, und das ist gut für das Team.

„Finde es gut, wie der Trainer es löst“

Tatsächlich haben Sie beide noch kein schwaches Spiel gehabt. Dennoch sitzen Sie manchmal auch nach starken Spielen draußen. Wie schwer fällt das?

Kotschnew: Ich sitze lieber nach einem guten Spiel draußen als nach einem schlechten, denn schlechte Leistungen will man so schnell wie möglich vergessen machen. Deshalb finde ich es gut so, wie der Trainer es löst. Es ist auch gut, dass er uns in der Regel einen Tag vor dem Spiel sagt, wer im Tor steht. Das gibt einem die Möglichkeit, sich professionell vorzubereiten und sich nicht am Spieltag noch damit beschäftigen zu müssen, ob man spielt oder nicht.

Caron: Und wenn wir beide weiter gut spielen, dann ist es doch Laportes Problem, wen er aufstellen will. Dann hat der Trainer die Kopfschmerzen und nicht wir (lacht).

Hilft es vielleicht sogar, einen ebenbürtigen Rivalen neben sich zu haben? Spornt das zu Höchstleistung an?

Kotschnew: Für mich hat sich dadurch nichts geändert. Ich versuche in jedem Training und in jedem Spiel meine beste Leistung abzurufen. Egal, ob da ein junges Talent oder ein erfahrener Mann meinen Platz haben will.

Caron: Ich gebe gern zu, dass es schon ein paar Prozent mobilisiert, wenn ich weiß, dass ich alles geben muss, um spielen zu dürfen. In Iserlohn und auch bei anderen Vereinen war klar, dass ich immer spiele, und selbst, wenn man es nicht will, ruht man sich unterbewusst ein Stück weit darauf aus. Das ist hier nicht so, und das ist gut für mich und gut für die Mannschaft.

Sie scheinen Ihren Konkurrenzkampf tatsächlich auszublenden, gehen gemeinsam essen, reden viel miteinander. Fällt es Ihnen schwer, nett zu dem Menschen zu sein, der Ihnen den Arbeitsplatz streitig macht?

Caron: So sehe ich das nicht, Dimi und ich haben keinen Wettkampf, wir ergänzen uns vielmehr. Wir wünschen dem anderen nicht, dass ihm Schlechtes passiert, damit man selbst davon profitiert. Es tut uns beiden gut, viel miteinander zu reden. Wir können einiges voneinander lernen.

„Ich wäre gern so kontrolliert wie Dimi“

Was hätten Sie denn gern vom anderen?

Kotschnew: Sébastien ist sehr gut in der Abwehr des ersten Schusses, und er kann bestens mit Druck und Rückschlägen umgehen. Er bleibt ruhig, wenn er mal einen Fehler macht. Das ist stark.

Caron: Ich wäre gern so kontrolliert wie Dimi, ich bin mehr der sprunghafte Typ, der sich auf den Instinkt verlässt. Wie Dimi den Puck kontrolliert und spielt, das ist beeindruckend.

Das klingt alles so, als würden Sie mit der aktuellen Situation bestens klarkommen. Wenn die Freezers in der nächsten Saison auf der Torhüterposition so weitermachen wollen, werden Sie das Angebot dann annehmen?

Kotschnew: Ich habe gelernt, dass man im Eishockey niemals zu weit vorausplanen sollte, weil sich alles rasant verändern kann. Außerdem habe ich einen Vertrag bis 2015, deshalb stellt sich mir diese Frage nicht.

Caron: Und ich werde mir alles anhören, wenn die Zeit dafür reif ist. Aber ich werde bestimmt keinen Vertrag in Hamburg ablehnen, nur weil Dimitrij hier ist.