Vor dem Gastspiel der Freezers in seiner Heimat Mannheim erläutert David Wolf seine Pläne. Die letzten Pleiten hätten auch ihr Gutes.

Hamburg. 40 Karten hat er besorgen müssen, damit alle Freunde und Verwandten heute zuschauen können, wenn David Wolf mal wieder in Mannheim Eishockey spielt. In der Stadt, in der er aufgewachsen ist, die er als Heimat bezeichnet und in der ein Großteil seiner Familie lebt. Natürlich ist das Gastspiel bei den Adlern für den 22 Jahre alten Stürmer der Hamburg Freezers ein besonderes, er will das gar nicht kleinreden, wie es Profisportler ja oft tun, um keine zusätzliche Brisanz zu erzeugen, wenn das Spiel an sich schon genügend Stoff für Geschichten bietet.

Nach sechs Niederlagen aus den vergangenen sieben Spielen gäbe es sicherlich viele Themen im Lager der Hamburger, die heute (19.30 Uhr) ausgerechnet beim Tabellenführer der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) den Schalter wieder auf Erfolg umlegen wollen. Doch Wolf ist keiner, der sich rausredet oder in Plattitüden flüchtet, und so sagte er vor der gestrigen Busreise ins Kurpfälzische: "Für mich ist das Spiel brutal wichtig."

Wer den 190 cm großen und rund 100 kg schweren Hünen in anderen der bislang absolvierten 26 Hauptrundenspiele beobachtete, der kann sich kaum vorstellen, dass es in puncto Einstellung und Willen eine Steigerung geben könnte. Wolf spielt die Saison seines Profilebens, er ist mit 23 Punkten (acht Tore, 15 Assists) zweitbester Scorer des Tabellensechsten. Mit seinen Reihenpartnern Garrett Festerling und Jerome Flaake harmoniert er so gut, dass die Freezers nicht nur das einzige DEL-Team sind, in dem drei Deutsche die Scorerliste anführen, sondern dass auch Nationaltrainer Jakob Koelliker das Trio längst in seine Planungen eingebaut hat. Vor zehn Tagen liefen die drei in zwei Tests gegen Russland gemeinsam auf - und überzeugten.

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In Hamburg ist Wolf, der im Sommer aus Hannover kam, längst Publikumsliebling. Er hat durch sein kampfbetontes Auftreten und sein erfrischendes Wesen die Fans für sich gewonnen, und ob der sportlichen Werte ist es kein Wunder, dass über die Zukunft des Angreifers trotz Vertrags bis 2013 längst intensiv diskutiert wird. Mehrere Klubs aus Nordamerikas Profiliga NHL haben Interesse, Wolf dementiert das nicht, es lässt ihn aber auch kalt. "Mein Agent hat Kontakt in die NHL, aber ich weiß doch, wie hart es ist, diesen Weg zu schaffen. Deshalb mache ich mir darüber keinen Kopf", sagt er.

Viel lieber möchte er dem Wunsch der Freezers nachkommen und seinen Vertrag vorzeitig bis 2015 verlängern. "Momentan sieht es so aus, dass das passieren wird", sagt er, "ich werde in Europa auf keinen Fall für einen anderen Verein als Hamburg spielen."

Wolf ist angekommen in Hamburg, aber er hat keine Zeit gehabt, die Erfahrungen der vergangenen Monate auf sich wirken zu lassen oder sie gar zu verarbeiten. Er findet das gut, denn weil er sich grundsätzlich als grüblerischen Menschen beschreibt, sei es besser, den Kopf nicht mit zu vielen Gedanken zu belasten, die die Konzentration auf das Wesentliche stören würden. "Ich denke momentan wirklich nur von Spiel zu Spiel", sagt er. Um die vielen Eindrücke, die über ihn hereinbrachen, kanalisieren zu können und die Bodenhaftung nicht zu verlieren, spricht er viel mit Trainer Benoît Laporte, Sportchef Stéphane Richer oder auch seinem Vater, Ex-Profi Manfred "Mannix" Wolf. "Ein junger Kerl wie ich braucht ab und zu einen Tritt in den Hintern, um nicht abzuheben", gibt er zu.

Die Konstanz, mit der der gebürtige Düsseldorfer seinen Dienst verrichtet, ist beeindruckend. Während ein großer Teil der ausländischen Leistungsträger in den vergangenen Wochen schwächelte, geht er als Leitwolf voran.

Die jüngste Niederlagenserie macht ihm deshalb auch keine Sorgen. "Ich finde es sogar gut, dass wir ein paar Spiele verloren haben", sagt er, "denn einige hatten nach unserer Siegesserie wirklich schon geglaubt, dass wir unbesiegbar sind." In Phasen wie diesen, wenn die Zweifel an der eigenen Leistungsfähigkeit zu wachsen beginnen, zeige sich der wahre Charakter einer Mannschaft. "Ich glaube, dass wir aus dieser Phase viel lernen und stärker zurückkommen werden", sagt er. Und wo könne man besser eine neue Siegesserie starten als beim Tabellenführer?

Heiligabend wird Wolf im Kreis der Familie verbringen, bevor er am ersten Weihnachtstag nach Hamburg zurückfliegt. Gegen seinen Ex-Klub Hannover wartet am zweiten Feiertag (14.30 Uhr, O2 World) das nächste "brutal wichtige" Spiel. Dann wird Wolf wieder alles geben. Er kann nicht anders.