Der kanadische Freezers-Profi Serge Aubin erklärt, warum das heutige vierte Viertelfinalspiel gegen die Adler Mannheim immens wichtig ist.

Hamburg. Ein guter Eishockeytrainer, und zu diesen zählt Benoît Laporte, lässt sich nach wichtigen Siegen in der Regel nicht zu Einzelkritiken hinreißen. Solcherlei Erfolge sollen in der Öffentlichkeit als Teamleistung wahrgenommen werden. Doch als die Hamburg Freezers am vergangenen Sonntag 2:1 in Mannheim gewonnen und dadurch in der Best-of-seven-Viertelfinalserie gegen die Adler den 1:2-Anschluss hergestellt hatten, konnte ihr Coach sich ein Sonderlob nicht verkneifen. "Wie Rob Collins und Serge Aubin in der Rückwärtsbewegung gearbeitet haben, das war sensationell", sagte er.

Es ist im Gespräch mit Aubin nicht festzustellen, ob ihm derlei Zuspruch etwas bedeutet. Für den Angreifer sind Leistungsschübe wie der, den er in den seit einer Woche laufenden Play-offs vollzogen hat, Normalität. "In K.-o.-Spielen müssen alle Führungsspieler in der Lage sein, einen Gang hochzuschalten. Ich versuche, die kleinen Dinge richtig zu machen", erklärt der 37-Jährige. Und das gelingt ihm bislang bestens. Mit zwei Toren ist der Kanadier bester Play-off-Torschütze seines Teams, vor allem aber geht er als aggressiver Zweikämpfer voran.

Bei der 0:4-Niederlage im ersten Spiel hatte er allerdings Glück, dass sein Check gegen den Kopf von Mannheims Chris Lee keine Sperre nach sich zog. Der beste Verteidiger der Liga, der nach dem Foul auf dem Weg in die Kabine zusammengebrochen war, fehlt den Adlern seitdem und somit auch heute (19.30 Uhr, O2 World) im vierten Spiel der Serie - offiziell allerdings wegen einer nicht benannten Verletzung, die nicht mit dem Foul zusammenhängen soll. In den Play-offs ist derlei Geheimniskrämerei an der Tagesordnung.

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Aubin schont weder andere noch sich selbst. Das zeigte sich schon, als er drei Tage nach einem in der Vorbereitung erlittenen Oberkieferbruch bereits wieder zum Dienst erschien und mit Vollvisier spielte. "Schmerzen sind Teil unseres Sports. Wer nicht bereit ist, das zu akzeptieren, der sollte aufhören", sagte er damals. Laporte steht auf Spieler mit einer solchen Einstellung. Doch Aubin sagt diese Dinge nicht, um dem Trainer zu gefallen, sondern weil er schon immer so gedacht hat. 396 Spiele in Nordamerikas Topliga NHL hat der Routinier bestritten und anschließend von 2006 an fünf Jahre in der Schweizer Eliteklasse gespielt, ehe er im Sommer nach Hamburg wechselte.

Warum Aubin der Wunschspieler von Laporte und des Sportdirektors Stéphane Richer war, zeigte sich schnell. Der dreifache Vater ist nicht nur jemand, der mit Einsatz und Spielübersicht überzeugt, sondern auch in der Kabine einer der Wortführer. Er gibt seinen jungen Kollegen wichtige Ratschläge, und nach der verheerenden 1:8-Schlappe im ersten Viertelfinal-Heimspiel gegen die Adler vergangenen Freitag war er es, der die Kameraden wiederaufbaute. "Solche Niederlagen muss man schnell abhaken. In den Play-offs ist es ja völlig egal, ob man 2:3 nach Verlängerung verliert oder 1:8. Deshalb habe ich den Jungs gesagt, dass nichts Schlimmes passiert ist, sondern wir nur ein Spiel verloren haben", sagt er. So einfach kann Sport manchmal sein.

Natürlich weiß Aubin, dass zwei Abschüsse zum Auftakt so manches Team auseinanderbrechen lassen können. Aber er weiß auch, dass sich der Gewinner bisweilen seiner Sache zusicher fühlt und die nötige Konsequenz vergisst. Er wolle, sagt er, den Mannheimern nicht unterstellen, sie hätten die Serie schon als gewonnen abgebucht. "Fakt ist aber, dass die beiden hohen Pleiten für uns ein echter Weckruf waren. Im dritten Spiel hatte ich das Gefühl, dass wir in den Play-offs angekommen sind", sagt er. Heute müsse die Mannschaft den Beweis dafür antreten. "Wenn wir es schaffen, im ersten Drittel den Sturmlauf der Adler zu überstehen, dann haben wir eine gute Chance, den Ausgleich zu schaffen. Und dann wird vielleicht auch ein Titelfavorit wie Mannheim nervös. Play-offs sind ein Geduldsspiel, es ist fast wie Schach. Jeder kleine Fehler wird sofort bestraft."

Aufseiten der Gäste war der Zorn über die unnötige Niederlage vom Sonntag schon vor der gestrigen Bahnreise nach Hamburg verraucht. "Wir haben zwar viele Chancen vergeben, aber kein miserables Spiel gemacht. Deshalb fahren wir mit viel Selbstvertrauen und bester Laune nach Hamburg", sagte Trainer Harold Kreis. Sein Kollege Laporte sieht den Schlüssel zum Ausgleich darin, Strafen zu vermeiden und möglichst wenig in Unterzahl zu agieren.

Ob des ungeliebten Mittwochabendtermins müssen die Freezers auf viele ihrer Fans aus dem Umland verzichten, der Klub kalkuliert mit 8000 Besuchern. "Die, die da sind, werden aber wieder richtig Stimmung machen, und das ist wichtig, denn wir müssen unsere beiden Heimspiele gewinnen", sagt Aubin. Man muss nicht die Erfahrung des NHL-Veteranen aufweisen, um zu wissen, dass zwei weitere Siege in der Mannheimer SAP-Arena fast unmöglich sind. Es gibt heute also ein Entscheidungsspiel für die Freezers, und Serge Aubin kann es kaum erwarten.