Sportdirektor Stéphane Richer stärkt dem Trainer der Freezers, Benoit Laporte, den Rücken und glaubt, dass die Pleitenserie morgen endet.

Hamburg. Den freien Sonntag nutzte Stéphane Richer, um im Kreise seiner Familie durchzuatmen. Kraft tanken war angesagt für einen Saisonendspurt, der es in sich haben wird. Elf Spiele sind es für die Hamburg Freezers noch in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), bis am 11. März die Hauptrunde abgeschlossen wird. Seit Saisonbeginn stehen die Hamburger unter den besten sechs der Tabelle. Damit wären sie direkt fürs Play-off-Viertelfinale qualifiziert und könnten sich den Umweg über die Pre-Play-offs sparen.

Doch weil vor der zweiwöchigen Länderspielpause, die morgen (19.30 Uhr, O2 World) mit dem Heimspiel gegen Wolfsburg zu Ende geht, fünf Spiele in Serie verloren wurden und das Team von Trainer Benoît Laporte dabei nur drei Tore erzielte, war Ende Januar Krisenstimmung ausgebrochen. Nachdem sich mehrere Leistungsträger über den Führungsstil des Coaches beklagt hatten, war sogar die bereits für sicher gehaltene Vertragsverlängerung mit Laporte infrage gestellt worden. Dem Frankokanadier wird vorgehalten, sein Team grundsätzlich zu negativ zu beurteilen, nach Niederlagen einzelne Spieler gezielt öffentlich anzugreifen und damit das Selbstvertrauen der Mannschaft entscheidend zu schwächen.

Sportdirektor Richer hat die abgelaufene Trainingswoche aufmerksam beobachtet und vor allem das Innenverhältnis zwischen Trainer und Mannschaft ausgelotet. Das Fazit des 45-Jährigen ist eindeutig: "Benoît hat die Pause genutzt, um für Aufbruchstimmung zu sorgen. Ich stehe zu unserem Trainer und bin überzeugt, dass er die Wende schaffen wird." Laporte habe mit dem mehrmaligen Auslagern des Eistrainings auf die zugefrorene Alster, aber auch mit alternativen Trainingsformen, wie einem gemeinsamen Handballspiel, für Auflockerung gesorgt. Deshalb sei auch im Fall einer Niederlage gegen Wolfsburg eine vorzeitige Trainerentlassung kein Thema. "Natürlich wird auch Benoît am Erfolg gemessen, aber in der jetzigen Situation ihm die alleinige Schuld zu geben, wäre unfair. Alle sind gefordert, mehr zu geben."

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Wichtig ist für Richer, der vor Laportes Amtsübernahme im Dezember 2010 in Doppelfunktion als Trainer und Sportchef arbeitete, dass das Gefüge innerhalb des Teams intakt sei. "Auch während der Niederlagenserie haben die Jungs zusammengehalten und sich nie hängen lassen. Das zeigt, dass niemand gegen den Trainer spielt", sagt er. Dass im Misserfolg diejenigen mehr Gehör finden, die mit dem Trainer unzufrieden sind, sei normal. Dennoch glaubt Richer, dass Laporte, dem der Ruf anhaftet, nur kurzfristig erfolgreich arbeiten zu können, sehr wohl langfristig ein Team aufbauen und junge Spieler entwickeln kann. "Er hat unsere jungen Deutschen zur Paradereihe des Teams geformt. Er tut alles dafür, um unseren Weg mitzugestalten. Deshalb gebe ich nichts auf Vorurteile", sagt er. Dass Laporte den Wiederbeginn gegen Wolfsburg als "Start in eine neue Saison" ausgerufen hat, hält Richer für absolut richtig. "Wir müssen jetzt nach vorn schauen. Wir sind Sechster, und wenn wir unsere letzten elf Spiele erfolgreich gestalten, werden wir das Viertelfinale aus eigener Kraft erreichen", sagt er.

Das wäre für den Sportdirektor auch persönlich wichtig, immerhin gilt er als der Architekt der neuen Freezers, und nachdem in den vergangenen beiden Spielzeiten noch nicht einmal die Pre-Play-offs erreicht worden waren, wäre der Einzug ins Viertelfinale das erhoffte Signal für eine positive Zukunft. Als die Hamburger im November als Tabellenführer grüßten, wurde Richer für die Zusammenstellung des Teams, für die Mischung aus jungen und erfahrenen Deutschen, garniert mit einigen ausländischen Leistungsträgern und einem starken Torhüter, hoch gelobt.

Schon damals empfahl Richer, den Höhenflug nicht überzubewerten. "Wir haben in der bisherigen Saison gesehen, welches Potenzial dieses Team hat, aber auch, woran wir arbeiten müssen", sagt er heute. Die Top sechs seien ein realistisches Ziel, dazu gehöre jedoch, mit Krisen umzugehen. "Wenn wir aus den vergangenen Wochen lernen, wird es uns weiterbringen", sagt er. Die Weichen für die neue Saison sind längst gestellt. Vor allem die Vertragsverlängerungen wichtiger deutscher Leistungsträger wie David Wolf, Garrett Festerling und Kapitän Christoph Schubert hatten für Richer Priorität, er erledigte sie zügig und geräuschlos. "Unser Augenmerk liegt in Zukunft darauf, deutsche Spieler zu finden, bevor sie Stars sind, und sie dann bei uns auszubilden", sagt Richer. Dass er dafür nicht mehr als Trainer Verantwortung trägt, sondern als Sportdirektor die Strukturen vorgeben kann, hat ihn zu einem entspannteren Menschen werden lassen.

Dass seine eigene Vertragsverlängerung von Freezers-Eigner Anschutz Entertainment Group noch immer nicht bestätigt ist, stört ihn wenig. Zwar seien Gerüchte, er habe schon vor Wochen einen neuen Zweijahreskontrakt unterzeichnet, unwahr, "aber wir haben einen großen Schritt gemacht". Wenn er das am Saisonende auch über die Mannschaft sagen kann, dann könnte Stéphane Richer wieder durchatmen.