Doha. Australien ist der größte Außenseiter im WM-Achtelfinale. Trotzdem wollen die Socceroos Argentinien und Lionel Messi aufhalten.

Es fühlt sich nicht so an, als wäre man gerade in Katar, wo die Sonne fast jede Pflanze niederbrennt. Palmen spenden Schatten, keinerlei braune Flecken verunstalten die Rasenfläche, der Wind weht ein paar Wassertropfen von der Sprinkleranlage herüber, die den Fußballplatz nebenan bewässert.

Hier, etwas entfernt vom Zentrum Dohas, bereitet sich der größte Achtelfinal-Außenseiter dieser WM auf sein besonderes Spiel an diesem Samstag (20 Uhr/ARD) in Al-Rajjan vor: Australien möchte Argentinien stoppen. Das von Deutschland so weit entfernte Land verfügt über trotzige Spieler, den selbstbewussten Trainer Graham Arnold und Fans, die die Heimat vibrieren lassen, wenn die WM-Spiele übertragen werden. Die Mission: Elf nahezu unbekannte Fußballer müssen den alles überstrahlenden Star Lionel Messi aufhalten.

Am Trainingsplatz in Doha wird es in einem etwas größeren weißen Zelt plötzlich eng. Außenverteidiger Milos Degenek (28) kommt und setzt sich und könnte nun über vieles sprechen; über den berauschenden 1:0-Erfolg gegen Dänemark, über den Siegeswillen seiner Mannschaft, über die entstandene Begeisterung. Es geht jedoch zunächst um einen Schicksalsschlag.

Australische Mannschaft unterstützt Wright nach Schicksalsschlag

Bailey Wright, 30 Jahre alter Verteidiger beim AFC Sunderland in England, verriet nach dem Sieg gegen Dänemark, dass seine Schwiegermutter sehr krank sei. „Ich weiß nicht, ob sie gerade noch lebt“, sagte er unter Tränen. „Es war für sie eine wirklich harte Zeit zu Hause. Aber letztendlich hat sie es mir ermöglicht, hier zu sein und einen meiner Träume zu leben. Ich hoffe, sie ist noch bei uns.“ Kurz danach erhielt Wright die Nachricht, dass die Schwiegermutter gestorben war. „Wir stehen hinter ihm. Wir werden ihn unterstützen. Es gibt mehr als Fußball“, erklärte Degenek.

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Angestellt ist dieser beim Verein Columbus Crew in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dies verdeutlicht, dass man in dem australischen WM-Kader vergeblich nach großen Namen und nach Spielern sucht, die bei europäischen Topklubs vor den Ball treten. Erst auf den letzten Drücker hatten sich die Socceroos, wie die Mannschaft genannt wird, in den Play-offs gegen Peru für das Turnier qualifiziert. In einer Gruppe mit Frankreich, Dänemark und Tunesien galten sie als Außenseiter, trotzdem gelang der erste Achtelfinal-Einzug seit 2006. Beim Sommermärchen in Deutschland scheiterte Australien damals am späteren Weltmeister Italien (0:1).

Ex-Bundesliga-Profi Matthew Leckie gehört zu den wichtigsten Stützen

Mathew Leckie dürften einige in Deutschland noch durch seine Bundesliga-Stationen bei Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC kennen. Seit 2021 spielt der 31-Jährige in seiner Heimat Melbourne und gehört in Katar zu den Offensivschlüsseln der Australier. Fast immer gräbt er seine Außenbahn um, er treibt das Team aus Down Under an. Gegen Dänemark arbeitete er sich zum entscheidenden Tor. „So ein Tier, so ein Biest“, lobt Kapitän Mathew Ryan (30). Der Torwart des dänischen Meisters FC Kopenhagen gehört ebenfalls zu den Stützen der Mannschaft. So wie Jackson Irvine (29) vom FC St. Pauli und Harry Souttar (24) von Stoke City.

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Nur müssen sie alle jetzt ein Argentinien aufhalten, das langsam in eine Form zu kommen scheint, die den Titelgewinn möglich macht. Vor allem Messi wirkt gelöst und agil wie lange nicht, selbst nach dem Abpfiff zeigt er sich mittlerweile redselig. Vor einiger Zeit wäre dies noch undenkbar gewesen.

Lionel Messi steht vor dem 1000. Pflichtspiel seiner Karriere

An diesem Samstag steht Messi vor dem 1000. Pflichtspiel seiner Profikarriere. Und nur um eine Einmaligkeit zu verdeutlichen: In 999 Partien erzielte er 788 Tore und bereitete 348 vor. Ganz aufhalten kann man den Star nie, beim 2:0 über Polen glänzten aber noch andere Profis, etwa Julian Alvarez (22). Einzig Angel di Maria (34) bereitet vor dem Achtelfinale wegen Beschwerden im Oberschenkel Sorgen.

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„Ich bin ein großer Fan von Messi“, erzählt Milos Degenek. „Aber er ist auch nur ein Mensch, wir spielen gegen elf Spieler.“ Australien habe sich weiterentwickelt, die Mannschaft werde nicht mehr so großen Respekt haben wie im ersten Gruppenspiel gegen den Weltmeister Frankreich, das 1:4 verloren wurde. „Leicester City ist Meister in der Premier League geworden, Kroatien hat es 2018 bis ins WM-Finale geschafft. Es gibt die Geschichte des einen Außenseiters, der die Welt schockiert”, sagt Degenek. „Sollte uns das gelingen, muss die Regierung einen Feiertag verkünden.”

Auf dem Kontinent, der zwischen dem Indischen und dem Pazifischen Ozean liegt, hat sich ein WM-Fieber ausgebreitet. Und das, obwohl Rugby, Aussie Football und Hockey die dominierenden Sportarten sind. Jetzt aber lassen sich die Menschen selbst von der Zeitverschiebung nicht abschrecken. Das Spiel gegen Dänemark begann in Australien erst um Mitternacht, trotzdem waren die Straßen und die öffentlichen Plätze gut gefüllt. Die Fans machten die Nacht einfach durch. Er habe die Bilder von den Feiern gesehen, erzählt Milos Degenek. „Wir müssen an uns glauben, wir müssen selbstbewusst sein. Man kann von allem träumen.“