Berlin. In Berlin kehrten die Kämpfer um Jack Culcay in den Ring zurück. An die Maskenempfehlung hielt sich kaum jemand.

Es sah nicht aus wie Boxen unter Corona-Vorschriften, es hörte sich aber so an. Die fehlende Zuschauerresonanz bei der europaweit ersten Profi-Veranstaltung am Freitagabend in den Berliner Havelstudios sorgte bestenfalls für eine sterile Trainingsatmosphäre. Doch das Engagement der Boxer war top. „Das war eine coole Veranstaltung“, sagt Promoter Ingo Volckmann, der mit dem Berliner Agon-Stall die Vorreiterrolle in seiner Branche nach dem Corona-Stopp Ende März übernommen hatte. „Wir sind auf dem richtigen Weg.“

Die Ehre, gar europaweit Protagonist zu sein, musste er sich aber mit einem polnischen Kollegen teilen, der - ebenfalls am Freitag - in einem abgeschiedenen niederschlesischen Dorf unter anderen den einstigen Wladimir-Klitschko-Gegner Mariusz Wach gegen den früheren Vitali-Klitschko-Rivalen Kevin Johnson in den Ring schickte.

Culcay hofft auf Kampf gegen Baraou

Ex-Weltmeister Jack Culcay verteidigte als Hauptkämpfer des Berliner Abends seinen internationalen WBO-Titel im Halbmittelgewicht. Der Titel an sich ist nichts Herausragendes. Er soll ihm als Nummer acht der Rangliste aber helfen, Richtung Spitze zu klettern, um sich erneut für einen WM-Kampf zu empfehlen.

Trotz des einstimmigen Punktsieges hatte der 34 Jahre alte Berliner mit dem Franzosen Howard Cospolite mehr Mühe als gedacht. „Wir brauchen kein Fallobst“, kommentiert Culcay die Leistung des Gegners und fordert: „Ich möchte gegen Abass Baraou kämpfen. Es geht darum, wer die Nummer eins in Deutschland ist.“ Der 25 Jahre alte Berliner Sauerland-Boxer Baraou ist als eines der größten Talente in Deutschland.

Trainer setzen sich über Maskenempfehlung hinweg

„Das war eine Initialzündung für Europa“, lobt Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB), den Kampfabend. „Boxen hat wieder eine Duftmarke gesetzt. Darauf haben viele Promoter gewartet. Jetzt müssen andere nachziehen.“ Pläne vor allem für Open-Air-Veranstaltungen mit einer beschränkten Zahl an Zuschauern liegen bei den Gesundheitsämtern. Denn Kämpfe ohne Zuschauer, moniert Pütz, „ist nicht das, was Boxfans befriedigt“.

Der Präsident räumt aber ein: „Die Leistungen können noch nicht wieder auf dem Niveau der Vor-Corona-Zeit sein. Training war bisher in der üblichen Form kaum möglich.“ Insbesondere der Berliner Björn Schicke bekam das zu spüren. Im Kampf um den Gürtel der Europäischen Union verlor der bis dahin unbesiegte Mittelgewichtler überraschend gegen Arthur Abrahams Cousin Marten Arsumanjan aus Stein in Bayern. Technischer K.o. in der siebten Runde hieß das Urteil. Schicke schien konditionelle Probleme zu haben, brach im Verlauf des Kampfes ein. „Die Ursache war aber mental. Er hatte sich zu viele Gedanken gemacht“, sagt Agon-Manager Horst-Peter Strickrodt.

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Boxer, Trainer, Betreuer und Ringrichter liefen allesamt ohne Mund-Nasen-Schutz umher. Kameraleute, die die Kämpfe einfingen und per Livestream im Internet übertrugen, sowie medizinisches Personal nutzten dagegen Masken. „Der Mund-Nasen-Schutz bei Trainern und Betreuern ist vom Gesundheitsamt empfohlen worden, sollte aber nicht erzwungen werden“, erklärt Strickrodt das unterschiedliche Bild. Die Boxer waren zweimal in der Woche vor den Kämpfen kontrolliert worden. „Alle Test waren negativ“, betont der Manager und ergänzt: „Wir hatten auch eine Kontrolle von Polizei und LKA während der Veranstaltung. Sie waren zufrieden.“