Hamburg. Von der Bundesliga bis zu den Minis: Wie Hamburger Vereine wieder trainieren. Nicht überall sind die Regeln gleich.

Am Mittwochvormittag kam das endgültige Go. Die nächste Stufe auf dem Weg zurück zur Normalität war erreicht. „Unser Hygienebeauftragter hat extra noch mal nachgefragt, wie die neue Landesverordnung vom Montag denn zu verstehen sei“, berichtet Robert Scheibengraber, Handball-Obmann beim TSV Ellerbek. Am Nachmittag konnten dann die D-, C- und B-Mädchen als erste Teams des Clubs in der vereinseigenen Harbig-Halle im Kreis Pinneberg wieder passen, werfen – und zweikämpfen. Letzteres ist dabei ein Novum.

Denn in Schleswig-Holstein dürfen seit dieser Woche wieder alle Sportarten mit Körperkontakt betrieben werden. Egal, ob draußen oder drinnen. Lediglich die Aktivenzahl darf nicht größer als zehn sein. „Wir haben die Regeln gleich umgesetzt, in Zehnergruppen auch mit Kontakt zum Gegenspieler trainiert“, sagt Scheibengraber. Nicht im Haudraufmodus, wie er versichert: „Sondern nach wie vor gemäß des Infektionsschutzes und den Vorgaben des DHB vorsichtig und besonnen.“

In Hamburg darf mit Abstand trainiert werden

Es ist wie bei allen Clubs ein Herantasten bei der Rückkehr auf die unter Hygieneregeln gestellten Sportanlagen. Der TSV Ellerbek liegt zwar vor den Toren Hamburgs in Schleswig-Holstein, gehört mit seinen 20 Handball-Mannschaften und den Oberliga-Männern und -Frauen an der Spitze zum Hamburger Handball-Verband (HHV). Rund 19.000 Mitglieder in 82 Vereinen hat der HHV, knapp 10.000 verteilen sich in der Metropolregion auf die Nachbarländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Derzeit ein Privileg.

In Hamburg darf gemäß Corona-Schutzverordnung zwar seit dem 27. Mai ebenfalls wieder indoor in Sporthallen und Fitnessstudios trainiert werden. Bislang jedoch auf Abstand. 2,5 Meter müssen die Sportler unter dem Dach wahren. „Als Großstadt ist Hamburg nicht grundlos ein wenig zögerlicher. Das Infektionsgeschehen ist schwerer zu kalkulieren“, sagt Knuth Lange.

Der HHV-Präsident geht davon aus, dass sich die föderalen Vorgaben in den kommenden Wochen wieder angleichen. Die Deutungshoheit liegt jedoch bei der Politik. Ein Saisonstart in Hamburg werde erst erfolgen, wenn in der Hansestadt und in den Nachbarländern dieselben Regeln gelten. „Wenn wieder überall normal trainiert werden kann und nach einer bestimmten Vorbereitungszeit von rund vier Wochen“, sagt Lange. Der interne Fahrplan des Deutschen Handball-Bunds (DHB), der im achtteiligen Stufenmodell „Return to play“ mit zeitlichen Vorgaben bis zum Spielzeitbeginn im September daherkommt, diene als Perspektive. Am 20. Juni treffen die Verbandsspitzen zur weiteren Abstimmung in Hannover zusammen.

Stufe fünf und sechs des DHB-Fahrplans erreicht

Während die Handball-Clubs aus Schleswig-Holstein Stufe sechs des DHB-Plans – handballspezifisches Training mit Zweikämpfen – noch vor dem avisierten Übergangsdatum am 1. Juli erreicht haben, verharren die Hamburger Vereine in Stufe fünf: laufen, passen, werfen auf Distanz. „Ein Murren aber gibt es nicht. Es geht ja auch noch nicht darum, auf Leistung zu trainieren“, sagt Lange, der zugleich Handball-Abteilungsleiter beim Walddörfer SV ist. Nach bis zu zehn Wochen Pause stehe das Zusammenkommen-Dürfen, das gemeinsame Sporttreiben, im Mittelpunkt.

Beim Club im Nordosten Hamburgs sind seit dem vergangenen Montag alle
16 Mannschaften bis hinunter zur E-Jugend zu ihren üblichen Zeiten ins Hallentraining zurückgekehrt. Zuvor wurde sich draußen getroffen, auf Schulhöfen und Sportplätzen. In den Hallen sind „Einbahnstraßen“ markiert, es gibt separate Ein- und Ausgänge, Maskenpflicht bei der Ankunft, Desinfektionsmittel stehen parat. Die Umkleiden und Duschen bleiben in der Regel noch geschlossen.

Wer kann, bringt seinen eigenen Ball mit. Nach Ende einer Einheit wird gelüftet, desinfiziert – und erst wenn die erste Trainingsgruppe das Gebäude verlassen hat, darf die nächste rein. Meist sind es die Trainer, die das Einhalten der Regeln überwachen. „Ohne Kontaktbeschränkung geht es leichter“, weiß Ellerbeks Obmann Scheibengraber zu berichten. „Ansonsten sind tobende Kinder schon schwerer auseinanderzuhalten.“ Eine Einverständniserklärung haben alle – Erziehungsberechtigte wie Erwachsene – zu unterschreiben. Wer wann mit wem trainiert hat, wird streng dokumentiert.

Vereine melden Probleme mit Hallenöffnungen

„Es war uns wichtig, die Jugendlichen noch vor den Schulferien in ihren neuen Mannschaften zusammenzubringen“, sagt Jugend-Koordinator Stefan Schröder über die fünf Jahrgänge des Handball Sport Vereins Hamburg bis zur U-19-Bundesliga. Zuletzt wurde auch in der Hockey- und Badminton-Halle des HSV e. V. in Norderstedt. „Aber nun ist auch unsere Halle in der Volksbank Arena coronakonform hergerichtet, sodass wir wieder in Stellingen trainieren.“

Der Platz wäre da, die Zweitligamänner des HSVH sind im Urlaub. Nach Ausweitung der Kurzarbeit bis 31. Juli und den Anzeichen, dass der Zweitliga-Saisonstart erst im Oktober erfolgt, plant Trainer Torsten Jansen den Vorbereitungsstart Anfang August. Es bleiben zwei Monate Vorbereitung. In der kommenden Woche will die Handball-Bundesliga ihren Terminplan bekannt geben.

Da ist die Bundesliga der Frauen schon ein bisschen weiter, und auch die Erstligafrauen des Buxtehuder SV. Für sie soll die Saison am 5. September mit einem Heimspiel gegen Neckarsulm beginnen. So der Plan. Seit Mitte Mai wird zweimal wöchentlich trainiert, seit Juni auch in der wieder zur Verfügung stehenden Halle im Schulzentrum Nord. Die Kurzarbeit für die Spielerinnen hat der Verein auf 40 Prozent angepasst. In Niedersachsen gilt ebenfalls noch das Zweikampfverbot. „Wir haben uns im Umfang, was die Schulter und Stopps bei Richtungswechseln angeht, langsam gesteigert“, sagt Trainer Dirk Leun. Dies sei nach der langen Pause für die Verletzungsprophylaxe wichtig. Auch der BSV-Nachwuchs trainiert.

In Sommerferien sollen Hallen für Vereinssport genutzt werden

Doch längst noch nicht alle Hallen können vom Sport genutzt werden. Teilweise hat sich der Schulunterricht wegen der größeren Abstände dorthin verlagert, sind Tische und Stühle aufgebaut. Der Hamburger Sport-Bund (HSB) berichtet am Freitag von Problemen bei der Öffnung öffentlicher Hallen. Diese sollen von 17 Uhr an dem Vereinssport zur Verfügung stehen. „Uns haben dazu in den letzten Tagen vermehrt Informationen erreicht, dass nicht alle Hallen geöffnet wurden“, heißt es. Die Meldungen würden an die Bezirksämter weitergegeben.

In den Hamburger Sommerferien vom 25. Juni an sollen Schulturnhallen auch in diesem Jahr für den Vereinssport zugänglich bleiben. Ein Anliegen, für das sich der DHB bundesweit starkmacht. Während Clubs ihre auch für Nichtmitglieder geöffneten Handball-Feriencamps wegen der Corona-Beschränkungen häufig abgesagt haben, kann zumindest auf Vereinsbasis ein Angebot gemacht werden. Im Juli dann auch in Hamburg womöglich wieder mit Körperkontakt.