Frankfurt. Favorit Leipzig ereilt das Aus. Düsseldorf zieht in Kaiserslautern den Kopf aus der Schlinge. Schalker ringen Klinsmanns Hertha nieder.

Der FC Schalke 04 hat Jürgen Klinsmann und Hertha BSC jäh aus allen Pokal-Träumen gerissen. Die Gelsenkirchener drehten am Dienstagabend in einem kräftezehrenden und am Ende hitzigen Achtelfinale einen 0:2-Rückstand zu einem 3:2 (2:2, 0:2)-Sieg nach Verlängerung und erreichten zum vierten Mal in Folge das Viertelfinale des DFB-Pokals. Vier Tage nach dem erschreckend schwachen 0:0 der beiden Clubs in der Fußball-Bundesliga bewiesen die Gastgeber die größere Moral - die Hertha verschenkte den Sieg innerhalb weniger Minuten und muss weiter auf das Heim-Finale im Olympiastadion warten.

Benito Raman vom FC Schalke feiert sein Tor gegen Hertha BSC.
Benito Raman vom FC Schalke feiert sein Tor gegen Hertha BSC. © Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Pascal Köpke (12.) und Winter-Neuzugang Krzysztof Piatek (39.) mit ihren ersten Pflichtspieltoren für Berlin trafen zwar vor 53 525 Zuschauern für die Gäste. Doch Daniel Caligiuri (76.), Amine Harit (82.) und der eingewechselte Benito Raman (115.) sorgten in der Arena des fünfmaligen Pokalsiegers für grenzenlose Begeisterung. In der Verlängerungen sah Herthas Jordan Torunarigha nach einem Zusammenstoß mit David Wagner Gelb-Rot, der Schalke-Trainer wurde ebenfalls des Innenraums verwiesen (101.).

Hertha-Coach Klinsmann ballte beide Fäuste

Piatek, der in seinem zweiten Spiel erstmals in der Startelf stand, leitete die Berliner Führung mit starkem Körpereinsatz im Mittelfeld ein. Hertha-Coach Klinsmann ballte nach Köpkes frühem Treffer beide Fäuste. Die Schalker Antwort folgte prompt, doch Torunarigha klärte einen Schuss von Harit auf der Linie - Millimeter fehlten zum Ausgleich. Harits zweiten Versuch klärte Rune Jarstein mit einer starken Parade (14.).

Klinsmann und sein Schalker Kollege hatten in den vergangenen Tagen ordentlich gestichelt. Wagner bemängelte nach dem Bundesliga-Duell den Zustand des Rasens im Olympiastadion und die destruktive Spielweise der Hertha. Klinsmanns Aussagen, die Berliner seien besser gewesen, konterte der Schalker mit: „Mein Frau sagt in solchen Situationen immer: Was juckt es die Eiche, wenn die Sau sich an ihr reibt?“

Wagner stand energiegeladen an der Seitenlinie

Auf dem Platz zeigten sich die Berliner nach ihrer Führung über weite Strecken cleverer. Die dicht gestaffelte Abwehr um den in die Startformation zurückgekehrten Kapitän Niklas Stark ließ den Gastgebern kaum Raum. Schalke kam lange kaum noch vor das Berliner Tor – drehte dann aber auf. Nach Caligiuris schöner Einzelaktion und Harits Ausgleich scheiterte Michael Gregoritsch kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit an Jarstein (89.). Wagner, der nach gut einer Stunde Weston McKennie und Raman für mehr Durchschlagskraft in der Offensive gebracht hatte, stand energiegeladen an der Seitenlinie.

Im Vergleich zum Freitag hatte er vier Veränderungen in seiner Startelf vorgenommen, Klinsmann fünf - darunter Piatek und Köpke, der dem polnischen Stürmer dessen Premierentor mustergültig auflegte. In der Verlängerung wurde es ruppiger. Torunarigha flog nach einem unglücklichen Zusammenstoß mit Wagner vom Platz - wohl weil er dabei eine Getränkekiste auf den Boden feuerte. Der Schalke-Trainer hatte den Hertha-Profi kurz, allerdings ohne böse Absicht festgehalten und musste - nach Einsatz des Videobeweises - den Innenraum ebenfalls verlassen.

Werder überrascht BVB: „Mussten den Fans was bieten“

Borussia Dortmund hat sich gegen Abstiegskandidat Werder Bremen mit einem völlig unerwarteten Ausrutscher blamiert und ist im Achtelfinale des DFB-Pokals gescheitert. Die Mannschaft von Trainer Lucien Favre verlor nach einer zu lange uninspirierten Leistung mit 2:3 (0:2), die Hanseaten hingegen zeigten ihren mit Abstand besten Saisonauftritt.

Ausgerechnet Last-Minute-Transfer Davie Selke brachte die Platzherren in der 16. Minute mit einem Abstaubertor in Führung, Marvin Hitz im Tor der Dortmunder wehrte einen Schuss von Milot Rashica zuvor nach vorne ab. Für das 2:0 zeichnete Leonardo Bittencourt (30.) mit einem unhaltbaren Distanzschuss in den Winkel verantwortlich. Der eingewechselten norwegischen „Tormaschine“ Erling Haaland gelang in der 67. Minute der Anschlusstreffer, doch nur 180 Sekunden später stellte Rashica per Flachschuss den alten Abstand wieder her. Giovanni Reyna traf in der 78. Minute sehenswert erneut für Dortmund.

BVB-Druck nahm zu Beginn der zweiten Halbzeit zu

Favre hatte seinen Wunderstürmer Haaland trotz sieben Toren in den vergangenen drei Spielen zunächst auf der Bank gelassen, auch Blitztransfer Emre Can stand nicht in der Startformation der Gäste, er wurde in der Schlussphase eingewechselt. Und Haaland fehlte der BVB-Offensive: Bis zum Bremer Strafraum kombinierte der Liga-Dritte durchaus ordentlich, aber weiter kamen die Dortmunder nicht. Zu gut waren die Norddeutschen gestaffelt, besonders in der ersten Halbzeit.

Kein Zufall, dass Werder-Torhüter Jiri Pavlenka in den ersten 45 Minuten nur bei einem Fallrückzieher von Mats Hummels (24.) ernsthaft geprüft wurde. In der 44. Minute verpasste Selke die Vorentscheidung, als er im direkten Duell aus kurzer Distanz an Hitz scheiterte. Der Dortmunder Trainer, der den ersten Durchgang weit unruhiger als üblich verfolgt hatte, reagierte in der Pause und ersetzte den glücklosen Thorgan Hazard durch Haaland. Auch Favres Bremer Kollege Florian Kohfeldt musste wechseln: Selke, leicht angeschlagen, verließ für Josh Sargent das Spielfeld (50.).

Erwartungsgemäß nahm der BVB-Druck zu Beginn der zweiten Halbzeit zu. Die Norddeutschen standen nun immer tiefer und wussten sich zunehmend nur noch mit Befreiungsschlägen zu helfen. Die 41.616 Zuschauer im fast ausverkauften Weserstadion spürten die Nöte ihres Teams und bejubelten jeden gewonnenen Zweikampf und jeden gelungenen Pass.

Ex-HSV-Profi Kostic schießt Frankfurt ins Viertelfinale

Eintracht Frankfurt hat seinen Ruf als RB-Leipzig-Schreck bestätigt und darf vom dritten DFB-Pokal-Finale innerhalb von vier Jahren träumen. Das Team von Trainer Adi Hütter besiegte die Sachsen im Achtelfinale am Dienstagabend mit 3:1 (1:0) und feierte damit zehn Tage nach dem 2:0-Erfolg in der Bundesliga den nächsten Sieg über Leipzig.

Mit einem Handelfmeter nach Videobeweis brachte Andre Silva (17.) die Gastgeber vor 47.400 Zuschauern in Führung. Nach der Pause erhöhte der frühere HSV-Profi Filip Kostic (51.) für den fünfmaligen Pokalsieger. Für die Gäste erzielte Winter-Neuzugang Dani Olmo (69.) zwar den Anschlusstreffer, doch abermals Kostic (90.+5) machte alles klar.

Für verunsicherte und weitgehend harmlose Leipziger war es ausgerechnet vor dem mit Spannung erwarteten Gipfel beim FC Bayern am Sonntag (18.00 Uhr/Sky) schon das dritte sieglose Spiel in Serie. Der Anschluss durch Dani Olmo (69.) kam zu spät.

Trapp über Ex-HSV-Profi Kostic: "Maschine"

„Das muss bei den Jungs erst einmal sacken. Der Elfmeter war der Knackpunkt, obwohl wir auch trotz unserer Fehler noch gewinnen hätten können“, sagte RB-Trainer Julian Nagelsmann bei Sport1 und blickte dem Gastspiel in München mit gemischten Gefühlen entgegen: „Der Pokal bleibt im Kopf, aber München wird etwas anderes, weil die Bayern nicht so tief wie Frankfurt stehen werden.“

Eintracht-Sportvorstand Fredi Bobic führte den Erfolg unterdessen auch auf die Winterpause zurück: „Wir waren in einem Loch, in das man bei unserer Belastung immer mal fallen kann. Aber die Ruhe hat uns gut getan.“ Frankfurts Schlussmann Kevin Trapp schickte Matchwinner Kostic ein Sonderlob: „Filip ist eine Maschine, den kriegst du nicht kaputt.“

Düsseldorf gelingt in Kaiserslautern Befreiungsschlag

Fortuna Düsseldorf ist erstmals seit 24 Jahren ins Viertelfinale des DFB-Pokals gestürmt und geht nach dem ersten Erfolgserlebnis unter Neu-Trainer Uwe Rösler gestärkt in den Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga. Der Pokalsieger von 1979 und 1980 setzte sich am Dienstag beim Drittligisten 1. FC Kaiserslautern nach 1:2-Rückstand zur Pause am Ende noch mit 5:2 durch und darf sich neben dem sportlichen Erfolg über eine Prämie von 1,4 Millionen Euro freuen.

„Wir sind sehr glücklich, dass wir das Spiel gewonnen haben“, sagte Rösler. „Der Sieg hilft uns, unsere Moral weiter auszubauen.“

Brachte Düsseldort beim FCK auf die Siegerstraße: Torjäger Rouwen Hennings.
Brachte Düsseldort beim FCK auf die Siegerstraße: Torjäger Rouwen Hennings. © dpa

Opoku Ampomah (9. Minute), zweimal Rouwen Hennings (49./78.), Matthias Zimmermann (65.) und Kevin Stöger (83.) trafen vor 35.314 Zuschauern für das Bundesliga-Schlusslicht. Christian Kühlwetter hatte die Roten Teufel mit einem Doppelpack (10., 39./Foulelfmeter) zwischenzeitlich von der nächsten Pokal-Überraschung nach Erfolgen gegen den Erstligisten Mainz 05 und den Zweitligisten 1. FC Nürnberg träumen lassen. „Der Sieg für Düsseldorf war verdient“, räumte FCK-Trainer Boris Schommers ein. „Gerade in der Offensive hat man heute den Klassenunterschied gesehen.“