Berlin. Der frühere Bundestrainer wird fürs Erste Nachfolger von Trainer Covic. Wunschkandidat bleibt ein anderer Ex-Bayern-Coach.

Jürgen Klinsmann setzte sein breitestes Lächeln auf und beantwortete die kesse Frage nach den Buddha-Statuen auf charmante Art. „Ich habe in meinem Koffer keine Mitbringsel, die ich installieren will“, sagte der 55-Jährige bei seiner Vorstellung als neuer Cheftrainer von Hertha BSC und grinste zu Geschäftsführer Michael Preetz herüber.

Zehn Jahre nach seinem Aus bei Rekordmeister Bayern München, das noch heute durch die auf dem Vereinsgelände aufgestellten Buddha-Figuren symbolisiert wird, ist Klinsmann als Trainer in der Bundesliga zurück. Er tritt mit viel Zuversicht seinen Posten an. „Ich habe große Lust und Freude“, sagte der frühere Bundestrainer bei seiner Vorstellung am Mittwochnachmittag: „Viele sagen: Berlin ist ein schlafender Riese, aber irgendwie kommt er nicht richtig in Bewegung.“ Das wolle er ändern: „Wir wollen so schnell wie möglich nach oben klettern. Und wenn wir im gesicherten Mittelfeld sind, wollen wir weiter nach oben blicken.“

Doch aktuell steckt der Hauptstadtclub im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga. „Das Sportliche ist problematisch, da brauchen wir nicht drumherumzureden“, sagte Klinsmann, der bei seinem Comeback zehn Jahre nach dem Trainer-Aus bei Bayern München am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky) im Heimspiel auf Borussia Dortmund trifft. „Ein kleiner Brocken“ sei der BVB, sagte Klinsmann, der am Mittwochnachmittag erstmals mit seiner Mannschaft trainierte.

Klinsmann eist Köpke beim DFB los

Klinsmann (55) bestätigte zudem seinen Trainerstab: Als seine Co-Trainer agieren der frühere Bremer Chefcoach Alexander Nouri und Markus Feldhoff, um die Keeper kümmert sich vorübergehend Bundestorwarttrainer Andreas Köpke, der die Freigabe für ein kurzfristiges Engagement in Berlin bis Jahresende vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) erhalten hat. Ex-Nationalspieler Arne Friedrich übernimmt die neugeschaffene Position des Performance-Managers.

„Wir haben ein Funktionsteam, das ist der Lage sein wird, die Dinge so in die Hand zu nehmen, um so schnell wie möglich Punkte zu holen“, sagte Klinsmann, der die Nachfiolge des glücklosen Ante Covic antritt. Klinsmann (55) sitzt seit wenigen Wochen auf Bestreben von Investor Lars Windhorst im Hertha-Aufsichtsrat. Schon nach seiner Ernennung in den Aufsichtsrat hatte Klinsmann großen Eifer gezeigt: „Ich freue mich, dass ich in Zukunft ein bisschen an Hertha BSC mitbasteln darf.“ Seine Verantwortung ist nun deutlich größer geworden.

Völler freut sich über Klinsmanns Rückkehr

Die Bundesliga freut sich derweil auf den Rückkehrer. „Ich freue mich für ihn, dass er wieder da ist“, sagte Sport-Geschäftsführer Rudi Völler von Ligakonkurrent Bayer Leverkusen: „Mit seinem Ehrgeiz, den er schon als Spieler hatte, wird er bei den Berlinern zeigen, was in ihm steckt.“

An der Seitenlinie hatte Klinsmann zuletzt die Nationalmannschaft der USA (2011 bis 2016) betreut. Zurzeit kommentiert er als Experte für RTL die Spiele der deutschen Nationalmannschaft. Bundestorwarttrainer Andreas Köpke, der genau wie Joachim Löw bei der Heim-WM 2006 zu Klinsmanns Assistenten gehörte, soll zumindest vorübergehend Herthas Keeper in Form bringen. Und Ex-Nationalspieler Arne Friedrich soll laut Bild-Zeitung die neugeschaffene Position des Teammanagers übernehmen.

„Sommermärchen reloaded“, twitterte dazu passend Ex-Nationalspieler Lukas Podolski. Als Klinsmanns Co-Trainer ist der frühere Werder-Chefcoach Alexander Nouri im Gespräch.

Klinsmanns Sohn stand im Hertha-Tor

Klinsmann ist Hertha seit vielen Jahren verbunden. Er ist Vereinsmitglied und wurde schon durch Vater Siegfried, der ein glühender Fan der Alten Dame war, für Hertha emotionalisiert. Schon als Achtjähriger stand er im Olympiastadion mit der blau-weißen Fahne, seit einiger Zeit ist er Hertha-Mitglied. Außerdem spielte sein Sohn Jonathan von 2017 bis 2019 als Torwart für den Club.

Das Experiment mit Covic ist dagegen gescheitert. Nach dem 0:4 am vergangenen Sonntag und dem Sturz in der Tabelle auf Rang 15 hatte der frühere Jugendcoach keine Chance mehr auf eine Weiterbeschäftigung. Der 44-jährige hatte vor knapp fünf Monaten als Nachfolger von Pal Dardai seine erste Station in der Bundesliga angetreten, eine Weiterentwicklung war unter Covic aber nicht zu erkennen.

„Die Entscheidung ist uns ungeheuer schwergefallen, denn Ante ist seit mehr als 20 Jahren Teil von Hertha BSC“, sagte Geschäftsführer Michael Preetz: „Letztlich waren wir mit Blick auf die Entwicklung und die letzten Resultate der Meinung, dass Handlungsbedarf bestand.“

Kovac bleibt Wunschkandidat

Nach dem Trainer-Rauswurf wird der Druck auf Preetz größer. Investor Windhorst, der 224 Millionen Euro für 49,9 Prozent der KGaA-Anteile bezahlt hat, will Hertha BSC als nationalen Spitzenklub („Big City Club“) und Dauergast im Europapokal sehen. Dafür muss Preetz den passenden Trainer finden, der ab der kommenden Saison langfristig übernehmen soll.

Der Wunschkandidat vieler Fans heißt Niko Kovac. Der bei Bayern München entlassene Coach mit Berliner Wurzeln wollte laut "'Kicker" in dieser Saison keinen neuen Verein übernehmen. Im nächsten Sommer könnte Kovac dann aber für Hertha frei sein.

Löw von Klinsmann-Berufung überrascht

Bundestrainer Joachim Löw hat mit Überraschung auf die Verpflichtung seines früheren Chefs Klinsmann durch Hertha BSC reagiert. „Das ist eine Nachricht, die auch ich nicht unbedingt erwartet hatte“, sagte Löw am Mittwoch. „Mich freut, dass ein solcher Hochkaräter zurück in die Bundesliga kehrt und sein Wissen damit auch wieder im deutschen Fußball einbringt.“

Für den damit verbundenen vorübergehenden Abgang des DFB-Torwarttrainers Andreas Köpke (57) zeigte Löw Verständnis: „Dass ihn Andy gerade in der Startphase unterstützt, ist für uns alle selbstverständlich.“ 2020 wird Köpke wieder seine Funktion als Torwarttrainer bei der Nationalmannschaft ausfüllen. Sein Vertrag beim DFB läuft bis 2022.