Hamburg. Die drei Clubs bedauern den Spießrutenlauf des Gambiers. Auch der HSV-Vorstand reagiert mit einer Stellungnahme.

Der 1. FC Nürnberg, der VfL Bochum und der Karlsruher SC haben ihren Einspruch gegen die Wertung ihrer Niederlagen beim HSV vor dem Deutschen Fußball-Bund zurückgezogen. Das gaben die drei Zweitliga-Vereine am Dienstagnachmittag bekannt. Die drei Clubs hatten Zweifel an der Spielberechtigung von HSV-Profi Bakery Jatta geltend gemacht. Am Montag hatte das Bezirksamt Hamburg-Mitte die Anhörung im Fall Jatta eingestellt. Es gebe keinen Zweifel an der Richtigkeit seiner Angaben zur Identität, ausländerrechtlich sei der Fall damit abgeschlossen.

"Mit der Entscheidung der zuständigen Behörde hat sich die sportjuristische Frage für den Club geklärt, und wir sehen keine Veranlassung mehr, den Einspruch … aufrechtzuerhalten", schrieb der 1. FC Nürnberg in einer Erklärung. Der Bundesliga-Absteiger hatte sein Heimspiel gegen den HSV Anfang August mit 0:4 verloren.

Nürnberg wollte Jatta durch Spezialisten als Daffeh identifizieren

Dies sei "eine verdiente Niederlage" gewesen, hieß es jetzt vonseiten der Nürnberger. "Durch die veränderte Indizienlage hat sich in einem unsicheren Umfeld nun mehr Klarheit für uns ergeben, und es besteht kein Grund mehr, die Rechtmäßigkeit der Spielberechtigung zu hinterfragen. Wir sind froh, dass eine Regelverletzung ausgeschlossen werden konnte und wir uns nun ausschließlich wieder dem Sportlichen zuwenden können." Ähnlich äußerten sich der KSC und Bochum.

Nach Abendblatt-Informationen wollte Nürnberg einen Spezialisten engagieren, der aufgrund anthropologisch-biometrischer Begutachtung die Übereinstimmung Jattas mit dem früheren gambischen Juniorennationalspieler Bakary Daffeh nachweisen sollte. Zudem sollte am kommenden Montag bei der Beweisaufnahme vor dem DFB-Sportgericht ein Kronzeuge aus dem Senegal Jatta (21) als den zweieinhalb Jahre älteren Daffeh identifizieren. Davon ist nun keine Rede mehr.

HSV-Vorstand freut sich für Bakery Jatta

Am Abend reagierte auch der HSV-Vorstand um den Vorsitzenden Bernd Hoffmann, den Verantwortlichen für das Ressort Sport, Jonas Boldt, und Finanzvorstand Frank Wettstein mit einer öffentlichen Stellungnahme. „Das ist ein guter Tag für Bakery Jatta, den HSV und seine Fans. Wir sind froh, dass sich alle Clubs nach der schnellen Arbeit der Hamburger Behörden wieder auf Fußball statt auf Paragraphen konzentrieren können. Wir wünschen uns insbesondere für Bakery Jatta, dass wir jetzt endlich wieder zur Normalität zurückkehren können", heißt es in dem Schreiben, das der Club auf seiner Webseite veröffentlichte.

Und weiter: "Wir freuen uns sehr, dass die eindeutige Haltung von Dieter Hecking und seinem Trainerteam, seinen Mitspielern, (...) Bakery geholfen haben, diese belastenden Wochen durchzustehen. Ein ganz besonderer Dank gilt den HSV-Fans, die sich in dieser Zeit bis zum emotionalen Sonntag in einer Art und Weise präsentiert haben, auf die wir sehr stolz sind."

Die Vorstände Jonas Boldt und Bernd Hoffmann.
Die Vorstände Jonas Boldt und Bernd Hoffmann. © Witters

Ein ausdrücklicher Dank gebührt auch den Vereinen, die sich entschlossen haben, keinen Einspruch einzulegen. "Bedanken möchten wir uns auch bei den Clubs aus Darmstadt, Chemnitz, Hannover und dem FC St. Pauli, die durch ihren vollzogenen oder angekündigten Verzicht auf Einspruch ihr Verständnis für Fairplay und Sportlichkeit ausgedrückt haben."

Clubs verurteilen Anfeindungen gegen Jatta

Die Nürnberger wie auch Bochum und der KSC hatten für ihren Protest viel Kritik einstecken müssen. Die Vereine hatten dies mit ihrer rechtlichen Verantwortung begründet: Hätte man auf einen Protest verzichtet und dadurch mögliche Punkte nicht gewonnen, hätte man im Fall eines Abstiegs oder nicht erreichten Aufstiegs haftbar gemacht werden können. "Dem KSC ging es zu jedem Zeitpunkt ausschließlich darum, den Verein vor einem etwaigen Wettbewerbsnachteil zu schützen", versicherten die Karlsruher am Dienstag. Pokalgegner Chemnitzer FC und Ligarivale Hannover 96 hatten ihre Niederlagen allerdings klaglos akzeptiert.

Nachdem die Zeitschrift "Sport-Bild" die Zweifel an Jattas Identität aufgeworfen hatte, waren die vergangenen Wochen für den Gambier zum Spießrutenlauf geworden. Die AfD hatte Jatta zum Symbol der aus ihrer Sicht verfehlten Ausländerpolitik in Deutschland erklärt. Beim HSV-Spiel in Karlsruhe hatten KSC-Fans Jatta gnadenlos ausgepfiffen. "Wir bedauern es sehr, dass die Diskussionen um Bakery Jatta in den vergangenen Wochen besonders emotional geführt wurden", erklärten die Nürnberger und Bochumer nun gleichlautend. "Die Anfeindungen gegen ihn wie auch die populistische oder parteipolitische Instrumentalisierung verurteilen wir auf das Schärfste. Wir wünschen Bakery Jatta alles erdenklich Gute!"

Sarpei lobt HSV für Umgang mit Jatta

Nürnberg und Bochum hatten den bekannten Sportrechtler Christoph Schickhardt als Beistand engagiert. Der KSC, der sich in der Sache juristisch von Markus Schütz beraten ließ, äußerte sich zurückhaltender: "Wir sind froh, dass sich die Angelegenheit jetzt für alle Beteiligten im positiven Sinne entwickelt hat, und wünschen insbesondere Bakery Jatta nach dieser für ihn sehr schwierigen Zeit nur das Beste."

Den HSV und seine Fans hat der Fall offenbar zusammengeschweißt. Am Sonntag wurde Jatta für sein Tor zum 3:0-Endstand gegen Hannover im Volksparkstadion gefeiert wie noch nie. Trainer Dieter Hecking sicherte seinem Stürmer am Montag noch einmal seine volle Rückendeckung zu. Ein großes Lob bekam der HSV für seinen Umgang mit Jatta vom früheren Bundesliga-Profi Hans Sarpei.

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