Hamburg. Bislang ist die Sparte noch eher Breitensportlern vorbehalten. Hamburger helfen dabei, das zu ändern.

Wo es seinen Ursprung hat, ob in Australien, Nordamerika oder Spanien, ist ungewiss. Wo der Aufstieg des Küstenruderns enden soll, ist dagegen klar. 2024 soll die Disziplin bei den Sommerspielen in Paris erstmals zum olympischen Programm zählen. Nach den kommenden Spielen 2020 in Tokio will das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Leichtgewichts-Doppelzweier der Frauen und Männer streichen und durch Einer und Mixed-Zweier im Coastal Rowing ersetzen.

Entsprechend groß ist der Hype, der nun auch in Deutschland um die neue Sparte entstanden ist. Die Hamburgerin Katharina von Kodolitsch, Vorsitzende der RG Hansa und Mitglied des Präsidiums des Deutschen Ruder-Verbands (DRV), treibt für den Verband den Aufbau des Küstenruderns voran. „Bislang war das Ganze eher ein von Breitensportlern betriebenes Nischenereignis. Aber wenn es olympisch wird, wird es sich grundlegend verändern und für den Wettkampfsport sehr interessant werden“, sagt die 48-Jährige.

Äußere Einflüsse sind eine Herausforderung

Die Besonderheit des Küstenruderns wird mit dessen Namen deutlich. Gerudert wird nicht auf festen, geradeaus führenden Bahnen in stehenden Gewässern, sondern in Küstennähe auf dem offenen Meer oder auf großen Seen mit Wellengang. Der auf Wettkämpfen in Vorläufen 4000 und bei Finals 6000 Meter lange Kurs erfordert mehrere Wenden und ist lediglich mit Segelbojen markiert, die die Starter eigenständig ansteuern müssen. Gestartet wird in einer Linie entweder vom Strand oder auf dem Wasser. Positionskämpfe an den Wendemarken sind gewünscht, Kollisionen werden, sofern sie nicht grob fahrlässig herbeigeführt werden, nicht geahndet.

„Technisch ist der Unterschied zum Bahnenrudern nicht groß. Die Herausforderung liegt darin, mit den äußeren Einflüssen klarzukommen. Man muss lernen, die Wellen zu reiten, um Energie zu sparen“, sagt Lars Wichert. Der 32 Jahre alte zweimalige Olympiateilnehmer des RC Allemannia ist Athletenvertreter im DRV und hat nach dem Ende seiner Bahnkarriere das Küstenrudern für sich entdeckt. Im vergangenen Jahr wurde er vor Vancouver Island (Kanada) Vizeweltmeister im Einer. „Der Fokus in Deutschland liegt ganz klar auf den 2000 Metern. Coastal Rowing wird allgemein belächelt. Aber das wird sich ändern, wenn es olympisch wird“, sagt er.

Viele Vereine müssen Boote leihen

Seit 2006 werden jährlich Weltmeisterschaften in den Disziplinen Einer, Zweier und Vierer ausgetragen. Dabei treten bislang keine Nationalmannschaften an, sondern Vereine mit ihren Athleten. Das wird sich ändern, wenn die Disziplin olympisch wird, der DRV will 2020 einen Nationalkader aufstellen. In Deutschland bietet aktuell eine zweistellige Anzahl an Clubs Küstenrudern an, die wenigsten allerdings haben eigene Boote im Angebot. Das Problem sei, dass die küstentauglichen Boote deutlich stabiler und breiter gebaut sein müssen als herkömmliche Boote, um dem Wellengang standhalten zu können. Zusätzlich sind sie am Heck offen, um eindringendes Wasser abfließen zu lassen.

Während ein normaler Renneiner 14 Kilogramm wiegt, sind es beim Coastal Rowing 30 bis 35. Der Vierer muss 115 Kilo wiegen; mithin 25 mehr als ein herkömmlicher Rennachter. „In vielen Bootshäusern gibt es schlicht keinen Platz für diese Boote“, sagt Katharina von Kodolitsch. Die meisten Vereine müssen deshalb temporär Boote leihen – oder am besten gleich an der Küste trainieren, wo es Verleihstationen gibt.

Aufbauarbeit ist nötig

Um mit Nationen wie den USA, Thailand, Spanien oder Frankreich konkurrieren zu können, in denen Küstenrudern besonders populär ist, muss also einiges an Aufbauarbeit geleistet werden. Die ersten Schritte jedoch sind deutlich erkennbar. Mit Stralsund Ende Mai und Amrum an diesem Pfingstwochenende gibt es mittlerweile zwei nationale Wettkampfstationen. 2020 kommt der Helga-Cup der Segler in Hamburg neu dazu.

Auch das Windjammertreffen Sail in Bremerhaven und die Kieler Woche seien als Standorte im Gespräch. Und zur WM Anfang November in Hongkong reist allein der RC Allemannia mit fünf Vierern, drei Männer-Zweiern, zwei Mixed-Zweiern und Wichert im Einer an. Scheint also nur eine Frage der Zeit zu sein, dass das Küstenrudern auch hierzulande nicht mehr belächelt wird.