Hamburg. Der Daviscupspieler ist nach einjähriger Verletzungspause zurück. Am Auftakttag des Rothenbaum-Turniers zeigte er Kampfgeist.

Seine dunkle Vorahnung war trügerisch. Bevor am Sonntagnachmittag die vier Qualifikanten des Herrentennisturniers am Rothenbaum ihren Gegnern zugelost wurden, hatte Florian Mayer einen Wunsch geäußert. „Nur nicht den Montanes!“ Natürlich wurde es der Spanier, Vorname Albert. Doch als Mayer am verregneten Auftakt-Montag nach seinem 4:6, 6:2, 6:2-Sieg die Ovationen der 3000 Zuschauer auf dem Centre-Court genossen hatte, konnte er ein zufriedenes Fazit ziehen. „Anfangs lief es nicht gut, weil ich zu viele leichte Fehler gemacht habe. Aber ich habe mich super reingekämpft und mir den Sieg hart erarbeitet“, sagte er. Der Erfolg sei vor allem mental wichtig. „Ich wollte mich beweisen. Ich weiß, dass noch viel Arbeit vor mir liegt, aber wenn ich so weitermache, bin ich auf dem richtigen Weg.“

Dass dieser Weg ein harter werden würde, war dem 31-Jährigen klar gewesen, als er Anfang April beim Masters in Monte Carlo nach einjähriger Pause sein Comeback gab. „In meinem Alter auf die Tour zurückzukommen, das ist sehr schwierig“, sagt er, „die jungen Spieler sind unglaublich fit und schenken mir gar nichts.“ Früher sei er zu Turnieren der Challengertour gefahren im Wissen, dort mindestens im Finale zu stehen. „Heute muss ich dort schon in der ersten Runde voll da sein.“

Die besten Bilder vom Rothenbaum-Turnier

Biss in die Trophäe: Rafael Nadal siegte erneut am Rothenbaum
Biss in die Trophäe: Rafael Nadal siegte erneut am Rothenbaum © dpa | Daniel Reinhardt
Im Finale besiegte Nadal den ...
Im Finale besiegte Nadal den ... © Daniel Reinhardt
... Italiener Fabio Fognini
... Italiener Fabio Fognini © dpa | Daniel Reinhardt
So sehen glückliche Qualifikanten aus: Der Franzose Lucas Pouille feierte mit dem Halbfinaleinzug am Rothenbaum den größten Erfolg seiner Karriere
So sehen glückliche Qualifikanten aus: Der Franzose Lucas Pouille feierte mit dem Halbfinaleinzug am Rothenbaum den größten Erfolg seiner Karriere © dpa
Benoit Paire, der zuvor noch das Turnier im schwedischen Bastad gewonnen hatte, konnte die Niederlage gegen seinen Landsmann kaum fassen
Benoit Paire, der zuvor noch das Turnier im schwedischen Bastad gewonnen hatte, konnte die Niederlage gegen seinen Landsmann kaum fassen © dpa
Zuschauer am Rothenbaum
Zuschauer am Rothenbaum © Witters
Zuschauer am Rothenbaum
Zuschauer am Rothenbaum © Witters
Zuschauer am Rothenbaum
Zuschauer am Rothenbaum © Witters
Rafael Nadal jubelt über seinen Viertelfinaleinzug am Rothenbaum
Rafael Nadal jubelt über seinen Viertelfinaleinzug am Rothenbaum © dpa | Daniel Bockwoldt
Der Tscheche Jiri Veselyblieb gegen Nadal chancenlos
Der Tscheche Jiri Veselyblieb gegen Nadal chancenlos © dpa | Daniel Bockwoldt
Alle Verrenkungen waren umsonst: Florian Mayer schied im Achtelfinale als letzter Deutscher aus
Alle Verrenkungen waren umsonst: Florian Mayer schied im Achtelfinale als letzter Deutscher aus © Witters
Gegen den Italiener Andreas Seppi setzte es eine Dreisatzniederlage
Gegen den Italiener Andreas Seppi setzte es eine Dreisatzniederlage © Witters
Dabei hatte Mayer den ersten Satz noch für sich entschieden
Dabei hatte Mayer den ersten Satz noch für sich entschieden © Witters
Am Ende ging dem 31 Jahre alten Bayreuther allerdings die Puste aus
Am Ende ging dem 31 Jahre alten Bayreuther allerdings die Puste aus © Witters
Alexander Zverev schnupperte an der Sensation und musste sich am Ende doch geschlagen geben
Alexander Zverev schnupperte an der Sensation und musste sich am Ende doch geschlagen geben © Witters | TayDucLam
Tommy Robredo war eine Nummer zu stark für den Hamburger Jung
Tommy Robredo war eine Nummer zu stark für den Hamburger Jung © Witters | TayDucLam
Zverev unterlag mit 7:6 (7:3), 4:6 und 2:6
Zverev unterlag mit 7:6 (7:3), 4:6 und 2:6 © Witters | TayDucLam
Rafael steht nach großem Kampf in der nächsten Runde am Rothenbaum
Rafael steht nach großem Kampf in der nächsten Runde am Rothenbaum © dpa | Daniel Bockwoldt
Der spanische Sandplatzkönig verlor den ersten Satz mit 3:6 gegen seinen Landsamnn Fernando Verdasco, kämpfte sich wieder zurück ins Match
Der spanische Sandplatzkönig verlor den ersten Satz mit 3:6 gegen seinen Landsamnn Fernando Verdasco, kämpfte sich wieder zurück ins Match © Witters | TayDucLam
Am Ende unterstrich Nadal seinen Favoritenstatus und setzte sich nach 1:56 Stunden mit 3:6, 6:1 und 6:1 durch
Am Ende unterstrich Nadal seinen Favoritenstatus und setzte sich nach 1:56 Stunden mit 3:6, 6:1 und 6:1 durch © Witters | TayDucLam
Kurzes Vergnügen: Philipp Kohlschreiber ist am Rothenbaum bereits in der ersten Runde ausgeschieden
Kurzes Vergnügen: Philipp Kohlschreiber ist am Rothenbaum bereits in der ersten Runde ausgeschieden © Witters
Gegen den Franzosen Benoit Paire unterlag die deutsche Nummer eins mit 3:6, 6:3, 1:6
Gegen den Franzosen Benoit Paire unterlag die deutsche Nummer eins mit 3:6, 6:3, 1:6 © Witters
Kohlschreiber musste sich bei seinem ersten frühen Hamburg-Aus seit sieben Jahren vor allem über viele leichtsinnige Fehler ärgern
Kohlschreiber musste sich bei seinem ersten frühen Hamburg-Aus seit sieben Jahren vor allem über viele leichtsinnige Fehler ärgern © Witters
Florian Meyer musste sich in der ersten Runde mächtig strecken
Florian Meyer musste sich in der ersten Runde mächtig strecken © Witters
Gegner war der Spanier Albert Montanes, der in der Qualifikation Mischa Zverev ausgeschaltet hatte
Gegner war der Spanier Albert Montanes, der in der Qualifikation Mischa Zverev ausgeschaltet hatte © Witters
Der Bayreuther Meyer war damit einer von nur drei deutschen Startern im Hauptfeld
Der Bayreuther Meyer war damit einer von nur drei deutschen Startern im Hauptfeld © Witters
Er ist das Zugpferd: Sandplatz-Spezialist Rafael Nadal schlägt zum vierten Mal am Rothenbaum auf
Er ist das Zugpferd: Sandplatz-Spezialist Rafael Nadal schlägt zum vierten Mal am Rothenbaum auf © dpa | Axel Heimken
32 Profis spielen beim Hamburger ATP-Turnier um den Titel
32 Profis spielen beim Hamburger ATP-Turnier um den Titel © dpa | Daniel Bockwoldt
Vorab standen sich Turnier-Chef Michael Stich (l.) und Goran Ivanisevic zum Legendenmatch gegenüber
Vorab standen sich Turnier-Chef Michael Stich (l.) und Goran Ivanisevic zum Legendenmatch gegenüber © WITTERS | TimGroothuis
Und vor allem Ivanisevic zeigte dabei sein Show-Talent
Und vor allem Ivanisevic zeigte dabei sein Show-Talent © WITTERS | TimGroothuis
Der Kroate ärgerte sich publikumswirksam...
Der Kroate ärgerte sich publikumswirksam... © WITTERS | TimGroothuis
...und scheute dabei auch keine obszöne Gesten
...und scheute dabei auch keine obszöne Gesten © WITTERS | TimGroothuis
Auch Ex-HSV-Präsident Jürgen Hunke hatte auf der Tribüne seinen Spaß
Auch Ex-HSV-Präsident Jürgen Hunke hatte auf der Tribüne seinen Spaß © WITTERS | TimGroothuis
Am Ende siegte Ivanisevic mit 6:7 (2:7), 6:3 und 11:9 - einen Pokal gab es aber auch für Stich
Am Ende siegte Ivanisevic mit 6:7 (2:7), 6:3 und 11:9 - einen Pokal gab es aber auch für Stich © WITTERS | TimGroothuis
Auch mit dem Australier Pat Cash duellierte sich Lokalmatador Stich
Auch mit dem Australier Pat Cash duellierte sich Lokalmatador Stich © WITTERS | ValeriaWitters
Am Rothenbaum wirbt Hamburg auch kräftig für die Olympischen Sommerspiele 2024
Am Rothenbaum wirbt Hamburg auch kräftig für die Olympischen Sommerspiele 2024 © WITTERS | TimGroothuis
Spaßvogel: Aufschlag-Ass Goran Ivanisevic beim Showmatch gegen Michael Stich
Spaßvogel: Aufschlag-Ass Goran Ivanisevic beim Showmatch gegen Michael Stich © WITTERS | TimGroothuis
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Mayers Leidensweg begann im Frühjahr 2014, nach dem Daviscup-Erstrundensieg gegen Spanien. Stechende Schmerzen plagten ihn vor allem dann, wenn er auf dem Rücken lag und sich aufrichten wollte, oder wenn er die Bauchmuskeln überstreckte. Zunächst konnte der Ursprung der Pein nicht lokalisiert werden, doch nach der Diagnose Schambeinentzündung war Mayer klar, dass er Geduld brauchen würde. Zwar konnte er bald wieder auf dem Fahrradergometer die Ausdauer trainieren und nach drei Monaten auch wieder joggen gehen, an schnelle Bewegungen wie den für Tennisspieler typischen Richtungswechsel war jedoch erst nach einem halben Jahr zu denken.

Die erzwungene Auszeit nutzte Mayer, um Dinge zu tun, die im Leben eines Tennisprofis sonst keinen Platz finden. Er schlief morgens lang, ging abends mit Freunden weg, machte ausgiebigen Urlaub – und schaffte es über viele Wochen, diesen Zustand zu genießen. „Ich habe zwar weiter Kontakt mit einigen Kollegen gehalten, aber anfangs überhaupt kein Tennis geschaut oder mich mit der Szene beschäftigt“, sagt er. Zukunftsängste habe er keine verspürt. „Natürlich war ich anfangs etwas niedergeschlagen, weil ich wusste, dass ich lange ausfallen würde. Aber trösten musste mich niemand“, sagt er.

Nach einem halben Jahr allerdings wurde das In-den-Tag-Leben ohne festes Ziel anstrengend. Es war die Zeit, in der Florian Mayer die Lektion lernte, die er als wichtigste Erfahrung seines „Sabbatjahres“ einstuft. „Ich habe gespürt, wie sehr mir mein Beruf ans Herz gewachsen ist. Man darf nie vergessen, was für ein unglaubliches Privileg es ist, Tennisprofi sein zu dürfen“, sagt er. Spätestens als er im Januar bei dunklem Winterwetter zu Hause saß und vorm Fernseher den Kollegen bei den Australian Open die Daumen drückte, war da dieses Gefühl, unbedingt zurückkehren zu wollen. „Am meisten habe ich den Nervenkitzel vermisst, auf einem großen Court vor vielen Menschen zu spielen“, sagt er.

Diesen hat er nun wieder. Und auch wenn man Florian Mayer eher als introvertierten Spieler kennt, der unter dem Eindruck großer oder ungewohnter Kulissen schon so manches Mal einbrach, ist seine ehrliche Freude darüber, wieder auf der Tour mitspielen zu dürfen, spürbar. Er selbst hat an sich eine neue Lockerheit festgestellt, die ihm in seiner Karriere vor der Verletzung bisweilen gefehlt habe. „Ich gehe jetzt viel relaxter an meine Aufgaben heran. Mir gelingt es, Tennis zu genießen. Früher war ich oft zu verbissen, weil sich für mich alles nur um Tennis drehte. Jetzt weiß ich, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt.“

Die Auszeit sei eine gute Vorbereitung gewesen auf das Leben nach der aktiven Karriere. Er hat eine Ausbildung zum Fitnesstrainer begonnen, damit der Sprung ins nächste Berufsleben reibungslos gelingt. Trainer zu werden und weiterhin mindestens 30 Wochen im Jahr zu reisen, das kann er sich derzeit nicht vorstellen. Insofern sei es wichtig gewesen zu erfahren, dass das Leben mehr bereithält als Tennis. „Mir gibt das Sicherheit“, sagt er.

Zunächst allerdings will er die Zeit, die ihm bleibt, erfolgreich nutzen. Das Tennisspielen, die eingesprungene beidhändige Rückhand, die sein Markenzeichen geworden ist, hat er ja nicht verlernt. Ihm fehlt aber das Selbstvertrauen, das man nur durch Siege aufbauen könne. „Im Training läuft es gut, aber die Wettkampfhärte, die muss ich noch zurückerlangen“, sagt er. Bis zum Jahresende will er sich von Weltranglistenplatz 261 in die Top 100 vorgearbeitet haben, auch das Daviscup-Relegationsspiel im September in der Dominikanischen Republik ist auf Mayers Radar. „Vor allem aber will ich Spaß haben und die letzte Phase meiner Karriere genießen“, sagt er. Den Anfang dazu hat er am Montag gemacht.