Jupp Heynckes holt mit 68 Jahren das erste Mal den DFB-Pokal. Über seine Zukunft schweigt der Trainer-Oldie und fordert bei der Wahl zum Weltfußballer einen Münchner.

Berlin. Als Jupp Heynckes im verregneten München als letzter Triple-Sieger mit dem Champions-League-Pokal in den Händen den Rathaus-Balkon betrat, wurde der Jubel unter 15 000 Fans auf dem Marienplatz noch einmal besonders groß. Der scheidende Trainer erinnerte am Sonntag noch einmal an seinen Auftritt von 1990, als er den Fans ein „bisschen großspurig“ – und letztlich vergeblich – den Europapokal versprochen hatte. „Ich möchte hiermit mein damaliges Versprechen einlösen“, rief der 68-Jährige den Fans zu, die ihn mit „Jupp, Jupp, Jupp“-Rufen feierten.

Heynckes verlässt den FC Bayern als Triumphator – dabei war ihm am historischen Triple-Tag doch tatsächlich ein Fauxpas unterlaufen. „Jupp Heynckes hat den einzigen Fehler der Saison gemacht: Er hatte nur einen Anzug dabei“, scherzte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge beim nächtlichen Bankett über die Auswirkungen für den mit Bier überschütteten Coach. „Er kam aus der Dusche raus und hatte einen ganz roten Bauch. Dann hab ich gefragt, was ist mit Deinem Bauch, hast Du zu heiß geduscht? Dann hat er gesagt, nein, das scheiß Bier klebt so.“

Bevor Heynckes pitschepatschenass die ersten Interviews gab, lebte er den großen Moment des FC Bayern wie vielleicht kein Zweiter. Wie einst Franz Beckenbauer nach dem Weltmeistertitel 1990 schlenderte der 68-Jährige erst einmal gemächlich und abseits der feiernden Spieler über den Rasen. Danach schritt der Sportsmann zu den Unparteiischen und dem geschlagenen Gegner, gab praktisch jedem auf dem Spielfeld des Berliner Olympiastadions die Hand. Heynckes genoss die emotionalen Minuten nach dem Schlusspfiff, ja, er zelebrierte den vielleicht letzten großen Auftritt in seiner herausragenden Karriere.

„Jupp, Jupp, Jupp“ schallte es durch das Stadion. Die Spieler gingen vor ihrem Trainer in die Knie, ließen ihn hochleben. Später trocknete Franck Ribéry dem geliebten Coach das Gesicht mit den Ärmeln seines Trikots ab. „Man saugt die Atmosphäre auf. Ich muss sagen: Das war gigantisch, ein absolutes Highlight“, beschrieb der scheidende Trainer die besonderen Augenblicke.

Trotz guter Laune wollte er auch nach dem Triple aber nicht – wie tags zuvor in Aussicht gestellt – seine Zukunftsplanung verraten. Er kostet seine Bayern-Amtszeit bis zum letzten Moment aus, will erst am Dienstag bei einer Pressekonferenz in München mehr über die Zukunft sagen. Verdientes Pensionärsdasein auf dem heimischen Bauernhof – oder überrascht er doch noch?

„Ich würde ihm raten, nach diesem gigantischen Erfolg keinesfalls weiter eine Vereinsmannschaft zu trainieren. Mehr kann er nicht erreichen, als er es jetzt beim FC Bayern getan hat“, erklärte Sky-Experte Beckenbauer. „Vielleicht, wenn er noch Lust hat, eine Nationalmannschaft zu trainieren oder ins Management zu gehen, eine Funktion als Sportdirektor, wenn er dabei bleiben will – das würde ich ihm raten.“ Ribéry traut es Heynckes wie viele zu. „Ich glaube, er hat noch Power“, sagte der Franzose am Sonntag am Rathaus.

Zum FC Bayern jedenfalls kann er zurückkommen, wann immer er will. „Was immer du vorhast: In der Zukunft werden wir für dich immer die Tür aufhalten, wir werden für dich immer ein Club sein, der sich erinnert, nicht nur wegen der Erfolge, sondern wegen einer Menschlichkeit“, pries Rummenigge einen weiteren großen Verdienst der Mannschaft. „Was er uns beschert hat, kann man gar nicht mit Gold aufwiegen. Er geht als großer Freund.“

Auch Präsident Uli Hoeneß würdigte den langjährigen Weggefährten, der nach fast 35 Jahren als Coach die Laufbahn krönte. „Er war immer ein toller Trainer, ein toller Mensch – aber jetzt ist er ein Feldherr geworden.“

Zweimal gewann Heynckes als Coach die Champions League, holte in der Laufbahn jede Menge weitere Titel – nur der DFB-Pokalsieg als Trainer fehlte ihm bis zum Samstagabend. Und das konnte er nach Gewinn der Meisterschaft und Triumph in der Königsklasse umso mehr genießen. Anders als bei seinem Bundesliga-Abschied vor zwei Wochen vergoss er keine Tränen. „Er hat ja seine Gefühle fantastisch im Griff“, bemerkte Emotionsmensch Matthias Sammer. Ob Heynckes das auch am Dienstag beim Abschied gelingt?

Heynckes: Ein Bayern-Profi muss Weltfußballer werden

Für Heynckes steht indes fest: Ein Profi des Triple-Siegers wird Lionel Messi ablösen und der kommende Weltfußballer. „Ich gehe davon aus, dass das unter vier Spielern ausgemacht wird: Das sind für mich die zwei Kapitäne Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger, dann Franck Ribéry und Thomas Müller. Das sind die vier Kandidaten für mich, die das in diesem Jahr abräumen müssen“, sagte der 68-Jährige nach dem 3:2 der Bayern im DFB-Pokalfinale gegen den VfB Stuttgart über die Wahl zum besten Kicker des Planeten.

Das Quartett komme auch für die Wahl zum Fußballer des Jahres in Deutschland und Europa infrage, meinte er. In den vergangenen vier Jahren hatte der Argentinier Messi vom FC Barcelona den Ballon d'or abgeräumt.