Kapitän Michael Ballack musste das Abschlusstraining in Baku wegen einer Verletzung am Oberschenkel abbrechen.

Baku. Schreck vor dem Start in die WM-Saison: Eine Oberschenkel-Blessur zwang Michael Ballack am Dienstagabend zum Abbruch des Abschlusstrainings in Baku und könnte die Pflichtaufgabe gegen den Fußball-Zwerg Aserbaidschan erheblich erschweren. Auch wenn der DFB unverzüglich Entwarnung gab und der Einsatz des Kapitäns nach Auskunft der medizinischen Abteilung „nicht gefährdet“ ist, muss sich Bundestrainer Joachim Löw für den Ernstfall in der WM-Qualifikation an diesem Mittwoch trotzdem Sorgen machen.

Ob der gerade erst von einem Zehenbruch genesene Mittelfeldstar mit den muskulären Problemen auf dem holprigen Rasen des betagten Tofik-Bachramow-Stadions wie geplant 90 Minuten voll zur Sache gehen kann, bleibt abzuwarten. Löw testete beim Training umgehend eine Alternativ-Besetzung mit dem kampfstarken Schalker Heiko Westermann neben dem gesetzten Stuttgarter Thomas Hitzlsperger im Mittelfeld. Nach dem Aufwärmen hatte Ballack plötzlich den Platz verlassen, kam nach kurzer Zeit noch einmal an den Spielfeldrand zurück, ehe er doch wieder kehrt machte und vorsichtshalber ins Hotel zurückfuhr. Wenige Stunden zuvor hatte sich der 32-Jährige im Hyatt-Hotel noch als entschlossener Anführer präsentiert, der die deutsche Nationalelf auch ohne seinen nicht nominierten Kumpel Torsten Frings auf WM-Kurs halten will. „Man setzt sich zu Saisonbeginn immer Ziele: Man träumt vom Titel – das ist ganz klar. Aber man muss auf dem Weg dahin immer seine Hausaufgaben machen, das sind drei Punkte.

Hier zu stolpern, sollte uns nicht passieren“, hatte Ballack verkündet. Auch für Löw geht es in Baku – mit oder ohne seinen Kapitän – im brisanten Vergleich mit Ex-Bundestrainer Berti Vogts nicht um einen Schönheitspreis, wie er im ARD-Hörfunk betonte: „Es geht nicht darum, ob man deutlich gewinnt, sondern darum, dass man gewinnt.“ Löw blieb am Tag vor dem „großen Match“ (Vogts) in dem mit 30 000 Zuschauern ausverkauften Tofik-Bachramow-Stadion der Pressekonferenz des DFB fern, was die einheimischen Reporter irritierte. Auf den Platz will der Bundestrainer dagegen seine Bestbesetzung schicken – mit Ballack und dem rechtzeitig fitgemeldeten Miroslav Klose, der gemeinsam mit seinem Münchner Vereinskollegen Mario Gomez für Tore sorgen soll.

„Wir gehen davon aus, dass Miro voll zur Verfügung steht“, berichtete Teammanager Oliver Bierhoff. Beim Training stürmte der Münchner schon wieder. Man sei zuversichtlich, dass Klose nach seiner Knochenhautentzündung „hundertprozentig fit wird“. Im Tor vertraut Löw erneut dem aktuellen Nummer-1-Favoriten Robert Enke.

Vor Leichtsinn gegen den Gegner, der in der Weltrangliste auf Position 137 hinter Äthiopien und vor Neukaledonien rangiert und nach fünf Partien noch sieg- und torlos ist, warnt Löw bereits seit Tagen eindringlich: „Wir sind der Favorit, das weiß jeder. Aber auch solche Mannschaften müssen erstmal niedergekämpft und -gespielt werden. Wir haben nichts zu verschenken und dürfen uns nichts erlauben.“ In der Tat: Zwei Monate vor dem „Endspiel“ in Moskau gegen Russland führt die DFB-Auswahl die Gruppe 4 mit 16 Punkten nur mit einem Zähler vor dem schärfsten Konkurrenten an. Darum darf gegen Aserbaidschan nichts anbrennen, zumal Ballack betonte: „Es wird nicht einfach hier, weil wir alle noch nicht bei 100 Prozent sein können. Ein Qualifikationsspiel so zeitig in der Saison ist nicht optimal.“

Bierhoff erwartet „starken Widerstand“ des Gegners, den auch der hochmotivierte Vogts seinen Landsleuten versprach: „Wir spielen nicht nur mit elf Aserbaidschanern – es sind weitere 30 000 im Stadion, die uns unterstützen werden.“ Vogts hat dem Tabellenvorletzten zumindest das Toreverhindern beigebracht, wie die bisherigen Resultate gegen Wales (zweimal 0:1), Liechtenstein (0:0) sowie in Finnland (0:1) und Russland (0:2) belegen. „Das ist Warnung genug“, sagte Abwehrchef Per Mertesacker.

Auf Video konnte Löw seinen Spielern einen „heißblütigen“ Gegner vorführen: „In allen Spielen sind sie am Anfang – ob gegen Russland, Spanien oder die Türkei – losgegangen wie die Feuerwehr“, erläuterte Löw, der eine „richtige Einstellung“ verlangt: „Wenn man die nicht mitbringt gegen solche Mannschaften, sind sie fast gleichwertig.“ Das wäre ein Traum für Vogts, der die DFB-Auswahl zur „besten Mannschaft der Welt“ hochstilisierte: „Wenn die Deutschen uns nicht ernst nehmen, könnte es eine Überraschung geben.“ Ernsthaft glaubt daran aber nicht einmal Vogts selbst, der schon froh wäre, wenn seinem Team endlich mal ein Treffer gelingen würde: „Vielleicht sind die Deutschen so freundlich und lassen ein Tor zu.“ Das möchte aber vor allem Enke verhindern. „Pflicht ist, drei Punkte zu holen. Ein Sieg zu Null wäre für mich als Torhüter optimal“, sagte der Schlussmann von Hannover 96, dem Löw erneut den Vorzug gegenüber seinem Bremer Konkurrenten Tim Wiese gibt.

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