Die Gauchos wollen endlich wieder zurück zu alter Stärke, doch hinter einer überragenden Offensive fehlt es an Defensivkräften von Format.

Frankfurt/Main. Mitten im Training der Argentinier schnappten sich Lionel Messi und Sergio Agüero auf einmal zwei Bälle. Die beiden Stürmerstars des deutschen Gegners gingen damit aufs Tor zu, legten sie sich zurecht – und setzten sich dann drauf, um zur Entspannung erst einmal miteinander zu quatschen.

Wenn sich schon die Deutschen über diesen Länderspiel-Termin am Mittwochabend (20.45 Uhr/ZDF und im Liveticker auf abendblatt.de) noch vor Beginn der Saison beklagen, was sollen dann erst die Argentinier sagen? Sie kamen in den letzten Tagen von Testspielen ihrer Klubs in den USA (di Maria), Rumänien (Messi) oder vom italienischen Supercup in China (Campagnaro) nach Frankfurt geflogen. Und so wissen die Fans des zweimaligen Weltmeisters einen Tag vor dem Klassiker gegen Deutschland und zwei Jahre vor der WM in Brasilien wahrscheinlich noch viel weniger als sonst, wie stark diese Fußball-Großmacht zurzeit wirklich ist. Argentinien ist wie so häufig eine Wundertüte mit Weltstars.

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„Ich möchte Argentinien wieder zu dem Platz im Weltfußball verhelfen, den es verdient“, hatte der neue Trainer Alejandro Sabella nach seinem Amtsantritt vor einem Jahr gesagt. Der 57-Jährige ist schon der Nach-Nachfolger des großen Diego Maradona, der die Gauchos 2010 zwar mit feurigen Worten aber ohne jeden Plan in das WM-Viertelfinale gegen Deutschland (0:4) geführt hatte. Besser ist es seitdem erst in den vergangenen Monaten geworden: Nach dem peinlichen Aus bei der Copa America im eigenen Land und einem Fehlstart in die WM-Qualifikation überzeugten die Argentinier zuletzt bei ihren Spielen gegen Brasilien (4:3), Ecuador (4:0) und die Schweiz (3:1).

Sein Hauptproblem beschrieb Sabella in dieser Woche in einem „Kicker“-Interview. „Wir haben mit Messi den besten Spieler der Welt, wir haben dazu einen Gonzalo Higuain, einen Angel di Maria, einen Sergio Agüero. Aber ich gebe zu, generell ist der Nachwuchs in der Defensive nicht da“, erklärte er. Seine Mannschaft sei „ohne Frage offensiv weit besser bestückt als defensiv“.

Wie groß das Gefälle innerhalb dieses Teams ist, zeigt der Name José Ernesto Sosa. Beim FC Bayern München gilt er als einer der größten Fehleinkäufe der Vereinsgeschichte. Und weil sich der 27-Jährige danach auch beim SSC Neapel nicht wirklich durchsetzen konnte, spielt er mittlerweile bei Metalist Charkow in der Ukraine.

In Frankfurt wird Sosa dennoch in der argentinischen Startformation erwartet, weil sich für seine Position im rechten Mittelfeld sonst kaum jemand aufdrängt im Land des zweifachen Weltmeisters und Olympiasiegers. Im Sturm dagegen kann es sich Sabella leisten, einen Higuain von Real Madrid auf die Bank zu setzen und einen Carlos Tevez von Manchester City gar nicht erst zu nominieren.

Dem neben Maradona wohl bekanntesten Vorgänger des Nationalcoaches macht die Entwicklung in seinem Land ebenfalls Sorgen. Trainer- Philosoph Cesar Luis Menotti, der die Argentinier 1978 zum WM-Titel führte, sagte der „Sport Bild“: „Messi ist ein großer Geiger. Aber von wem wird er begleitet? Nicht von einem großen Symphonie-Orchester wie in Barcelona. Es gibt hier keines, er steht in Argentinien alleine da. Das ist das Problem.“ (dpa)