Lanson trippelte ein paar Schritte, guckte nach rechts, dann nach links. “Was wollen die denn jetzt von mir?“, wird sich der elf Jahre alte...

Hamburg. Lanson trippelte ein paar Schritte, guckte nach rechts, dann nach links. "Was wollen die denn jetzt von mir?", wird sich der elf Jahre alte Hannoveraner Wallach gedacht haben, als das Abendblatt ihn und seine Erfolgsreiterin Nicola Ströh vor wenigen Tagen zum Fototermin auf der Reitanlage Kracht in Bergstedt bat; nach draußen, vor die Halle. Und das nur wegen der besseren Lichtverhältnisse.

Fotografiert zu werden ist Lanson gewöhnt. Immerhin gewann er mit seiner Nicola auf dem Rücken und Longenführerin Jennifer Trampler im vergangenen Jahr quasi alles, was es in der Voltigierszene zu gewinnen gab. Vom CHIO in Aachen über die deutsche Meisterschaft bis zum Weltmeistertitel. Aber dass sich nun der Fotograf auf einer Leiter vor ihm aufbaute, war dann doch etwas beunruhigend.

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Es verlangt viel Vertrauen zu einem Tier, in einem solchen Moment wie Ströh aufs Pferd zu steigen und waghalsige Figuren vorzuführen. Vor allem, wenn bei einer falschen Bewegung der ungefederte Absturz auf einen Steinboden droht. Die 28-Jährige hat dieses Vertrauen, es ist die Grundlage für ihren Sport, der die Reiterei und das Turnen vereint. "Eigentlich bin ich eher ein Angsthase", erzählt Ströh. "Aber wenn ich am Turnen bin, ist alles in Ordnung."

Unfreiwillige Abgänge passieren schon mal beim Voltigieren, schwerer verletzt hat sich die 1,60 Meter große und 58 Kilo schwere Gleichgewichtskünstlerin dabei nie. Einmal riss ihr Kreuzband, später dann der Innenmeniskus - stets bei einstudierten Absprüngen. Ströh, die 2004 schon einmal Weltmeisterin geworden war, kämpfte sich jeweils an die Spitze zurück. Nach den Erfolgen des Vorjahres beendet sie nun ihre Karriere. "Es war ein toller Abschluss", sagt die Sportlerin, die einst mit dem Voltigieren begann, weil ihr "einfach nur reiten" zu langweilig war.

Ab sofort will und muss sie sich auf ihre berufliche Laufbahn konzentrieren, denn auch wenn man wie sie sogar eine eigene Reitlern-DVD auf dem Markt hat, reichen die Einnahmen aus dem Voltigieren nicht für den Lebensunterhalt. Die gelernte Sportwissenschaftlerin, die mit ihrem Freund Michael in Bramfeld lebt, arbeitet für eine große Klinikgruppe als Projektmanagerin. Aus der Leistungssportlerin wird nun eine Hobbyreiterin. Ihr Pferd Lanson verkauft sie in die USA. Ein schwerer Entschluss, an den sich, anders als beim Sportlerwahl-Shooting, nicht nur der Wallach gewöhnen muss.