Amateurboxer Lukas Schulz wurde im Oktober als erster Hamburger seit 1964 deutscher Schwergewichts-Meister. Nun will der 27-Jährige Profi werden.

Hamburg. "Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen" hat Hermann Hesse einst geschrieben. Lukas Schulz liebt dieses Sprichwort, passt es doch so perfekt auf seine sportliche Karriere. "Ich musste mich immer gegen Widerstände durchsetzen, und außer meinen Trainern Michael Sannek und Jens Hoyer hat nie jemand an mich geglaubt", sagt der 27 Jahre alte Hamburger, aus dem mittlerweile ein Kandidat für den Titel "Hamburgs Sportler des Jahres 2008" geworden ist.

Schulz begann als 13-Jähriger beim BSV 19 mit dem Boxsport, weil ihn die Kämpfe von Dariusz Michalczewski so faszinierten. "Sein Wille hat mich beeindruckt", lobt Schulz den ehemaligen Halbschwergewichts-Weltmeister. Seine Eltern konnten mit der Leidenschaft ihres Sohnes gar nichts anfangen, sie verboten ihm das Boxen, so dass er als Jugendlicher nicht einmal auf 20 Kämpfe kam. Mit 18 zog Schulz von zuhause aus, und als die Eltern mitbekamen, dass er sein Informatikstudium schleifen ließ, um den Faustkampf zu trainieren, strichen sie ihm den Unterhalt. "Ich habe mich dann mit diversen Jobs über Wasser gehalten. Mir war immer klar, dass ich das Boxen nicht aufgeben werde", sagt er. Auch die vielen Kämpfe, in denen er, weil ihm wegen der fehlenden Erfahrung im Jugendbereich die Lobby fehlte, von Punktrichtern betrogen wurde, konnten seinen Willen nicht brechen. Die Belohnung für seine Beharrlichkeit erhielt er im Oktober letzten Jahres. Bei den deutschen Meisterschaften in Straubing holte er den Titel, als erster Hamburger seit 1988 und als erster Hamburger Schwergewichtler seit dem großen Jürgen Blin im Jahr 1964.

Video: Sportlerwahl 2008 - Boxer Lukas Schulz

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"Dieser Titel hat natürlich eine große Bedeutung für mich, es war der wichtigste Erfolg meiner Karriere", erklärt er. Dennoch sei die mögliche Nominierung zur Sportlerwahl eine "riesige Überraschung und Ehre zugleich, immerhin bin ich doch völlig unbekannt." Um das zu ändern, aber vor allem, um sich den Lebenstraum zu erfüllen, hat Schulz beschlossen, sein Studium zugunsten einer Profikarriere zurückzustellen. Verhandlungen mit Promotern laufen, Ende Januar hoffe er eine Entscheidung bekannt geben zu können. "Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt für diesen Schritt", sagt er.

Das Studium will er während der aktiven Karriere fortsetzen. "Der Kopf spielt auch beim Boxen eine große Rolle, deshalb ist mir ein Gegenpol sehr wichtig", sagt Schulz, der allein in Fuhlsbüttel lebt, mit Freundin Clara aber so viel Zeit wie möglich verbringt. Um seinen Körper umfassend zu beanspruchen, nutzt der passionierte Schachspieler Techniken aus dem Gewichtheben ebenso wie aus dem Tai Chi. Und zum Ausgleich liest er viel, vor allem Sachbücher über Sport und Ernährung, aber auch Autobiographien großer Sportler oder Werke über Mythologie und Religion. Der Glaube spielt für den Katholiken jedoch keine große Rolle im Leben, vielmehr hat er gelernt, an sich und die eigenen Stärken zu glauben, "weil es sonst niemand getan hat".

Mit dem Gewinn des deutschen Meistertitels konnte Schulz immerhin seine Eltern besänftigen. "Sie haben verstanden, dass es mir ernst ist, und jetzt unterstützen sie mich", sagt er. Es scheint, als sei die Quelle in Sichtweite.