Capitano schwärmt von Chelsea: „Tolle Erfahrung“ – Titel und Tragödien mit den „Blues“

London. Michael Ballack bekommt leuchtende Augen, wenn er über seine Zeit an der Stamford Bridge spricht. „Das war eine tolle Erfahrung. Der FC Chelsea war ein großer Teil meiner Karriere. Ich habe mich immer willkommen gefühlt“, schwärmt der Mittelfeldstar. Es habe Höhen und Tiefen gegeben, aber unter dem Strich sei das Abenteuer London eine „große Erfahrung“ gewesen.

So ist für den 34-Jährigen ein Traum in Erfüllung gegangen, dass es zum Auftakt der Champions League gleich in sein altes „Wohnzimmer“ ging. Vier Jahre hatte Ballack von 2006 bis 2010 bei den „Blues“ das Mittelfeld beackert. Anfangs als deutscher Nationalspieler in England kritisch beäugt, wurde er von den Chelsea-Fans schnell ins Herz geschlossen. Am Dienstag hatte er nun im Trikot von Bayer Leverkusen die Möglichkeit, das nachzuholen, was ihm 15 Monate vorher verwehrt geblieben war. Denn einen gebührenden Abschied hatte es damals nicht gegeben.

Ein brutaler Tritt von Kevin-Prince Boateng im FA-Cup-Finale hatte nicht nur das Innenband und die Syndesmose in Ballacks rechtem Sprunggelenk durchtrennt, sondern auch das Kapitel Chelsea nach 168 Spielen und 25 Toren abrupt beendet. Ballack hatte gerade Verhandlungen mit Chelsea über einen neuen Vertrag geführt. Nach der Verletzung legten die Verantwortlichen in London das Thema schnell zu den Akten. Ballack ging nach Leverkusen, doch viele Erinnerungen blieben.

Wie 2008, als Ballack weinend im Regen von Moskau auf dem Rasen stand. Der Gewinn der Champions League war zum Greifen nah, doch im Elfmeterschießen gegen Manchester United rutschte John Terry aus. Kurz darauf verschoss auch Nicolas Anelka, und der ersehnte Titel war futsch. „Das wird immer in den Köpfen schwirren“, sagt Ballack rückblickend. Die Champions League ist einer von Ballacks unerfüllten Träumen geblieben. Unvergessen auch, wie der „Capitano“ ein Jahr später im Halbfinale gegen den FC Barcelona auf Schiedsrichter Tom Övrebrö losging, nachdem dieser Chelsea einen Elfmeter in letzter Sekunde verwehrt und damit das Aus besiegelt hatte.

Doch Ballack weiß auch über schöne Momente zu berichten. Der Double-Gewinn sei ein toller Abschied gewesen, nachdem es drei Jahre lang im Duell mit United nicht gereicht hatte. „Wir hatten viel Erfolg, auch wenn wir noch einige Chancen ausgelassen haben“, resümiert Ballack, den einst Jose Mourinho nach London geholt hatte.

So sprechen die früheren Teamkollegen noch heute in höchsten Tönen von „The German“. „Chelsea hat großen Respekt vor Michael Ballack. Er hat vom ersten Tag an immer alles gegeben. Die Fans haben ihn gemocht. Michael war eine große Persönlichkeit hier. Er war sehr stark und sein Wort in der Kabine hatte viel Gewicht“, sagte Chelsea-Mittelfeldspieler Frank Lampard jüngst der „Welt am Sonntag“.

Für Ballack dürfte es umso bitterer sein, dass er diese Rolle momentan in Leverkusen nicht mehr ausfüllen kann. Spieler wie Lars Bender haben ihm den Rang abgelaufen. Ballack ist unter Trainer Robin Dutt wie zuvor schon bei Jupp Heynckes mehr Ergänzungs- denn Stammspieler. Die vergangenen eineinhalb Jahre seien eine schwere Zeit gewesen. Inzwischen scheint es, dass Ballack mehr und mehr akzeptiert, dass sich seine Karriere dem Ende zuneigt.

So hat er auch einen Schlussstrich unter das Kapitel Nationalmannschaft gezogen. „Sportlich akzeptiere ich, dass ich nicht mehr spiele. Aber ich bin natürlich ehrgeizig und will es auf dem Platz zeigen. Das konnte ich nicht. Vor ein paar Wochen war das noch schwerer als jetzt“, sagte Ballack, und wirkte irgendwie aufgeräumt.