Mit Bayer Leverkusen reist Michael Ballack zu seinem alten Arbeitgeber und bricht vor dem “besonderen Spiel“ sogar sein öffentliches Schweigen.

London. Michael Ballack war bester Laune, als er in seiner alten Heimat London angekommen war. „Dieses Spiel ist für mich persönlich etwas Besonderes. Hier gespielt zu haben und dann gleich Chelsea zugelost zu bekommen, hätte nicht besser kommen können“, sagte der Mittelfeldstar von Bayer Leverkusen vor dem Duell gegen seinen Ex-Klub FC Chelsea am Dienstag (20.45 Uhr) an der Stamford Bridge.

Vor dem Abflug nach London wirkte Ballack regelrecht gelöst und war gar zu Scherzen aufgelegt. Eine Viertelstunde vor seinen Mannschaftskollegen hatte sich der "Capitano" auf dem Düsseldorfer Flughafen eingeunden. Im Vorlauf der Partie am Dienstag soll der ehemalige Nationalspieler von den Chelsea-Verantwortlichen gar für seine Zeit von 2006 bis 2010 geehrt werden. Wenn es dazu komme, sei das eine schöne Geste. „Die Umstände haben es damals nicht ermöglicht, das vorher zu machen. Wir haben damals noch in Verhandlungen gestanden. Das ist schon ein emotionaler Moment“, ergänzte Ballack.

Doch nicht nur für Ballack ist das Spiel eine besondere Geschichte, auch für Leverkusen. So kehrt der Klub nach über sechs Jahren oder 2.379 Tagen in die europäische Königsklasse zurück. „Wenn man als Außenseiter nach London fährt, ist das immer ein wenig angenehmer. Wir haben nichts zu verlieren und wollen unsere Chance beim Top-Favoriten der Gruppe nutzen. Wir werden uns nicht verstecken“, sagte Sportchef Rudi Völler. Von Ballack erwartet der Weltmeister von 1990 eine weitere Leistungssteigerung an der Stamford Bridge: „Er hat ein gutes Spiel in Augsburg gemacht. Das ist doch ein guter Anfang.“

+++ DFB und Bayer setzen Ballack auf das Abstellgleis +++

Das 1:3 gegen den FC Liverpool am 9. März markiert den letzten Auftritt von Bayer 04 Leverkusen in der Champions League. Und der Klub will dafür sorgen, dass die Gruppenphase nicht gleich wieder zur Endstantion wird. „Sportlich schwierig, aber machbar“, findet Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser die Gruppe mit Chelsea, dem früheren Finalisten FC Valencia und dem belgischen Außenseiter RC Genk. Um den Sprung in die nächste Runde zu schaffen, muss Bayer mindestens Zweiter werden.

Die Bewährungsprobe erfolgt für das junge Leverkusener Team gleich bei einem der Schwergewichte Europas. Beim von Milliardär Roman Abramowitsch zusammengekauften Starensemble des FC Chelsea muss die unerfahrene Bayer-Elf gleich unter Beweis stellen, ob sie bereit ist für die Beletage des europäischen Fußballs. Nur fünf Spieler aus dem Leverkusener Kader haben überhaupt einmal die Champions-League-Hymne im Stadion gehört. Doch die ganz großen Duelle hat nur einer mitgemacht – Michael Ballack.

„Wir haben eine unerfahrene Mannschaft. Im letzten Jahr haben wir Europa League gespielt, Champions League ist aber ein anderes Niveau. Es ist auch meine Aufgabe, die jungen Spieler an diese Aufgabe heranzuführen“, betont Ballack, der sich auf das Wiedersehen freut. Der Ex-Kapitän der Nationalmannschaft, der in 87 Champions-League-Spielen 15 Tore erzielte, hatte nach eigener Aussage vier tolle Jahre im Norden Londons, bevor der folgenschwere Tritt von Kevin-Prince Boateng im FA-Cup-Finale nicht nur das Ende der DFB-Karriere, sondern auch den Abschied aus London besiegelte.

Ob Ballack am Dienstag überhaupt zu jenen elf Akteuren gehören wird, die Trainer Robin Dutt für die Startelf nominiert, ist dagegen noch ungewiss. Der Trainer ließ es jedenfalls offen, ob der torgefährliche Mittelfeldspieler bei seiner Rückkehr an alte WirkungsstätteDutt ließ es jedenfalls offen, ob er in der Startelf steht. Gegen den FC Augsburg (4:1) durfte Ballack gut eine Stunde lang spielen. Ein ordentliches Spiel lieferte er ab – nicht mehr, nicht weniger. Ballack könnte aber zugutekommen, dass Lars Bender aktuell über Oberschenkelprobleme klagt und womöglich eine Pause erhält.

Ballacks Erfahrung kann Bayer aber allemal gebrauchen. Er werde mit ihm vor dem Spiel noch über Chelsea sprechen, kündigte Dutt an, für den die Königsklasse ebenfalls Neuland ist. So ist es auch ein wenig eine Reise ins Ungewisse. Der 19 Jahre alte Torhüter und Adler-Ersatz Bernd Leno hat gerade einmal eine Hand voll Bundesliga-Spiele absolviert, die allerdings in erstaunlich abgeklärter Manier. Und davor bilden die 22-jährigen Ömer Toprak und Stefan Reinartz die Leverkusener Innenverteidigung.

Ob das reichen wird, um aus London etwas Zählbares mitzunehmen, wird sich zeigen. Die Bilanz der Leverkusener auf der Insel ist alles andere als vielversprechend. In sieben Spielen auf englischem Boden gab es nicht einen Bayer-Sieg. Gleich fünfmal traten die Leverkusener mit einer Niederlage im Gepäck die Heimreise an.

Wenn es wieder so kommen sollte, wäre es keine Überraschung. Schließlich ist die Londoner Mannschaft nur so mit Stars gespickt. In der Sommerpause wurden mal eben Juan Mata, Raul Meireles und Jungstar Romelu Lukaku für fast 70 Millionen Euro verpflichtet und dem ohnehin sündhaft teuren Kader mit Stars wie Frank Lampard, Didier Drogba oder John Terry hinzugefügt.