Die deutschen Handballer ziehen durch ein 36:26 gegen Tunesien in die WM-Hauptrunde ein - Gegner sind Island, Ungarn und Norwegen.

Kristianstad. Handball kann so ein einfaches Spiel sein. Ein paar schnelle Schritte quer übers Feld, zum Beispiel von Dominik Klein, ein Pass an den Kreis, ein Wurf, ein Tor. Die deutsche Nationalmannschaft hat sich gestern wieder dieser simplen Dinge besonnen, die das Spiel zu einem machen, das sie lieben. Und nach einem 36:26 (15:12)-Sieg im letzten WM-Vorrundenspiel gegen Tunesien konnte man sie wieder lachen sehen und Klein sagen hören: "Wir haben unglaublichen Spaß am Spiel gezeigt. Mit diesem Lächeln können wir in die Hauptrunde gehen."

Damit dieses Lächeln im schwedischen Winter nicht gefriert, sollte man sich nicht allzu lange mit dem Studium der Tabelle aufhalten. Deutschland startet mit 0:4 Punkten aus den Niederlagen gegen Spanien und Frankreich. Die Spiele gegen Island morgen, Ungarn am Montag und Norwegen am Dienstag müssen allesamt gewonnen werden, und selbst das wäre keine Garantie, um das Halbfinale zu erreichen. Es würde aber wohl einen Platz unter den ersten sieben dieses Turniers bedeuten. Nur sie haben einen Startplatz in einem der olympischen Qualifikationsturniere des nächsten Jahres sicher.

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"Jetzt ist wieder vieles möglich", glaubt der Hamburger Torhüter Johannes Bitter. Er konnte gestern 17 Würfe parieren, und mit jeder seiner Paraden schien ein Stück des Selbstvertrauens in das Spiel der deutschen Mannschaft zurückzukehren, das am Tag zuvor bei der 23:30-Niederlage gegen die Franzosen spurlos verschwunden war. "In der zweiten Halbzeit waren bei uns alle Dämme gebrochen", sagte Bundestrainer Heiner Brand. Einen solchen Satz hat man von dem Gummersbacher wohl noch nie gehört, seit er 1997 die Nationalmannschaft übernahm. Er hat sich in Bedrängnis stets auf seine Führungskräfte verlassen können, und wenn sie ihm einmal nicht zur Verfügung standen, dann zumindest auf die Willensstärke der übrigen Spieler.

Brand, 58, konnte nicht ernsthaft erwarten, dass der Weltmeister von 2007 mit dem von 2009 würde mithalten können. Er hatte eine Niederlage einkalkuliert, nicht aber, dass sich seine Mannschaft aufgeben würde. Brand sagte: "Deutschland müsste eine Handballnation darstellen, die ganz oben mitspielt. Aber wir gehören da im Moment nicht hin." Am Abend hatte sich die Mannschaft zu einer Aussprache in ihrem Hotel in Kristianstad getroffen. Erstmals in seiner neunjährigen Funktion als Delegationsleiter appellierte auch Horst Bredemeier in einer Rede an die Spieler. Den Inhalt wollte er nicht preisgeben, aber man kann vermuten, dass Bredemeier versucht hat, ihnen die Tragweite eines vorzeitigen Scheiterns zu vermitteln. Dann überließ er sie sich selbst. Man habe offene Worte gefunden, sagte Klein, und das Ergebnis sei im Spiel gegen den Afrikameister zu besichtigen gewesen. Da stand, anders als am Vortag, ein Rückraum auf dem Feld, der nicht kopflos anrannte, sondern ein Konzept verfolgte; der einen Blick für die freien Mitspieler am Kreis oder auf den Außenpositionen hatte; und der selbst den Mut fand, zum Tor zu ziehen.

All das hatte Brand gegen Frankreich vermisst. Hinterher warf er der Mannschaft vor, sich hängen gelassen zu haben. Einen schlimmeren Vorwurf kann es aus seinem Mund nicht geben. Traurig habe der Bundestrainer an diesem Abend gewirkt, berichten die, die ihn gut kennen. Von Amtsmüdigkeit aber wollte Bredemeier im Gespräch mit dem Abendblatt nichts wissen: "Heiner Brand war immer ein Kämpfer. Er erreicht die Mannschaft und die Mannschaft ihn. Die Trainerfrage stellt sich für uns überhaupt nicht."

Bitter sprach sogar von "sehr guten Chancen, dass wir noch weit kommen". Die Hauptrundengegner seien alle "auf Augenhöhe". Hoffentlich behält er unrecht. Bitter misst 2,04 Meter.

Deutschland: Bitter, Heinevetter - Hens 6, Gensheimer 1, Roggisch, Klein 4, Pfahl 2, Preiß 5, Heinl 2, Glandorf 3, Christophersen, Groetzki 3, Kraus 4/2, Sprenger 3, Kaufmann, Haaß 3.

Schiedsrichter: Badura/Ondogrecula (Slowakei). Zuschauer: 3885. Strafminuten: 6 / 4. Disqualifikation: Gatfi (48.)