Box-Schwergewicht Denis Boytsov gilt als heißer WM-Kandidat. Seine kaputte Hand testet er am heutigen Freitag bei Universum in Hamburg.

Hamburg. Als Denis Boytsov vor ein paar Monaten im Rahmen eines PR-Termins auf Wladimir Klitschko traf, da war von Ehrfurcht vor dem Champion wenig zu spüren. "Wir treffen uns 2011 im Ring", raunte der 24 Jahre alte Schwergewichts-Boxprofi dem ukrainischen WBO/IBF-Weltmeister in russischer Sprache zu, und er wirkte dabei nicht wie einer, der demütig um eine Chance bettelt. Boytsov glaubt an seine Stärke, sein Selbstvertrauen ist auch von der körperlichen Imposanz der Klitschko-Brüder nicht zu erschüttern - zumindest so lange nicht, bis er ihnen wirklich im Seilgeviert gegenübersteht.

Dass die Chancen dazu groß sind, verdeutlicht ein Blick auf die Ranglisten der vier bedeutenden Weltverbände. Beim WBC (Weltmeister Vitali Klitschko) und der WBA (Weltmeister David Haye) wird der 185 cm große Russe an Position drei geführt, bei IBF und WBO steht er an vierter Stelle. In den USA gilt er als "hottest prospect", als größte Nachwuchshoffnung, und seine Bilanz von 27 Siegen in 27 Kämpfen, 22 davon durch Knockout, spricht ebenfalls eine deutliche Sprache. "Denis ist im Schwergewicht der kommende Mann, er wird eine große Rolle spielen - spätestens wenn die Klitschkos abgetreten sind", glaubt sein Promoter Dietmar Poszwa, Mitglied der Geschäftsleitung im Hamburger Universum-Stall.

Zwei gewichtige Fragen sind auf Boytsovs Weg, den WM-Thron zu besteigen, allerdings unbeantwortet. Zum einen fehlt dem außerhalb des Rings ruhig und gelassen auftretenden Talent bislang eine ernsthafte Prüfung gegen einen Gegner mit Nehmerfähigkeiten und dem Mut, sich ernsthaft zu wehren. Was passiert, wenn Boytsov unter Druck gerät oder sogar einen Niederschlag verkraften muss, darüber kann bislang ob der vorsichtigen Auswahl seiner Gegner nur gemutmaßt werden.

Viel schwerer wiegt jedoch die gesundheitliche Verfassung des Schützlings von Ex-Leichtgewichts-Weltmeister Artur Grigorian. Wegen starker chronischer Schmerzen in seiner rechten Schlaghand waren Boytsov im April im Elim-Krankenhaus Gelenkteile aus der Hüfte in die Hand transplantiert worden, um die beanspruchten Knochen zu stabilisieren. Wer die unnatürlich heftige Schwellung auf dem Mittelhandknochen sieht, die bis heute geblieben ist, kann sich kaum vorstellen, wie dieser den Belastungen des Schwergewichtsboxens standhalten soll. Kritische Stimmen behaupten, die Hand sei "kaputtoperiert" worden. Die behandelnden Ärzte waren für Nachfragen nicht erreichbar, da Boytsov sie in Absprache mit Universum nicht von der Schweigepflicht entbinden wollte.

"Wenn man Denis im Sparring sieht, dann darf man glauben, dass alles okay ist", sagt Trainer Grigorian. Der Sportler selbst sieht den Genesungsprozess auf einem guten Weg. "Ich muss zwar vorsichtig sein, aber ich habe keine Probleme mehr beim vollen Belasten. Jetzt muss ich mir Fitness und Sicherheit zurückholen", sagt er. Fakt ist: Die Teilnahme an einem von der IBF geplanten Ausscheidungsturnier zur Bestimmung des nächsten Klitschko-Herausforderers musste Boytsov mit Hinweis auf seine malade Hand absagen. Den ersten Belastungstest unter Wettkampfbedingungen absolviert er heute (20 Uhr/Sport1) auf dem Universum-Kampfabend im Trainingsgym an der Walddörferstraße gegen den US-Amerikaner Mike Sheppard. Danach dürften Boytsov und sein Team wissen, ob es sich lohnt, den Traum von einem Duell mit den Klitschkos weiterzuträumen. Geht es nach dem Russen, ist die Antwort klar: "2011 wird mein Jahr!"

Sport1 überträgt auch den Hauptkampf zwischen dem früheren Schwergewichts-Weltmeister Ruslan Chagaev (Usbekistan) und Travis Walker (USA) live. Bild.de zeigt exklusiv um 22.30 Uhr das Superweltergewichtsduell Jack Culcay - Alexej Ribchev