Auf der letzten Profibox-Gala von Universum und ZDF wurden die Schwächen der Kooperation ebenso sichtbar wie die Zukunftschancen des Hamburger Stalls

Hamburg. Zu vorgerückter Stunde wurde es doch noch sentimental. Als ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz und Universum-Chef Klaus-Peter Kohl sich im Skylight-Café der O2-World ihrer gegenseitigen Sympathie versicherten und betonten, wie gern sie zusammengearbeitet hätten, da musste man sich als Beobachter kurz fragen, warum die seit 2002 währende Kooperation zwischen dem Mainzer Sender und dem Hamburger Profiboxstall in der Nacht zu Sonntag ihr Ende finden musste.

109 gemeinsame Veranstaltungen hat es gegeben, 160 Millionen Euro hat das ZDF investiert, und Gruschwitz freute sich besonders darüber, "dass wir das Frauenboxen gesellschaftsfähig gemacht haben". Der Ausstieg sei aus "rein wirtschaftlichen Gründen" erfolgt, und es sei nicht ausgeschlossen, dass das ZDF auch zukünftig Boxkämpfe live übertrage. "Im Moment zeichnet sich aber nichts ab", sagte Gruschwitz.

Warum es an der Zeit ist, neue Wege zu beschreiten, darüber gab die letzte Champions Night allerdings noch einmal Aufschluss. Lediglich rund 3000 Zuschauer, von denen vielleicht zwei Drittel den Einheitspreis von 30 Euro Eintritt entrichtet und damit die Aktion "Ein Herz für Kinder" unterstützt hatten, wollten live dabei sein. Im ZDF schauten nur 2,71 Millionen Fans den Hauptkampf der Mittelgewichtler Sebastian Zbik und Jorge Sebastian Heiland, was einen schwachen Marktanteil von 14,4 Prozent bedeutete. Die Schwergewichts-EM zwischen den Ukrainern Alexander Dimitrenko und Jaroslaw Zaworotny (Abbruchsieg für Dimitrenko in Runde fünf) wollten gar nur 900 000 Menschen sehen (12,2 Prozent). Zahlen, die belegen, dass sich etwas ändern muss, wenn Universum in Zukunft an alte Zeiten anknüpfen will.

Diese Zukunft war neben der Vergangenheit, in Person einiger geladener Exweltmeister, und der Gegenwart in Hamburg zu besichtigen. Zbik qualifizierte sich durch einstimmigen Punktsieg über den boxerisch untalentierten, aber körperlich unerschütterlichen Heiland für ein Duell mit WBC-Weltmeister Sergio Martinez (Argentinien), das im Herbst stattfinden soll. Supermittelgewichtler Dimitri Sartison verteidigte im besten Kampf des Abends den WBA-WM-Titel einstimmig gegen seinen Stallkollegen Khoren Gevor, der sich trotz der Schlappe für weitere Aufgaben empfehlen konnte. Im Rahmenprogramm, das in 3-D gefilmt und im Internet übertragen wurde, weil Universum darin großes Potenzial sieht, zeigte Superweltergewichtler Jack Culcay durch Abbruchsieg in Runde vier gegen den Rumänen Ionut Ilie, dass Weltklasse in seinen Fäusten steckt.

Zählt man weitere deutsche Weltmeister wie Jürgen Brähmer (WBO Halbschwer), Vitalij Tajbert (WBC Superfeder) und Susi Kentikian (WBO/WBA/WIBF Fliegen) sowie ausgewählte Ausländer wie die Schwergewichte Ruslan Chagaev und Denis Boytsov zum verschlankten Team, dann hat Universum die Möglichkeit, potenziellen Medienpartnern ein interessantes Gesamtpaket anzubieten. Klar ist jedoch, dass es mehr Spektakel braucht als in den zurückliegenden Jahren, in denen ein Konzept für den Aufbau und die Vermarktung einzelner Sportler zu Quotenbringern zu selten erkennbar war.

"Wir werden jetzt zwei Wochen Urlaub machen und danach zu Verhandlungen in die USA reisen. Ich glaube daran, dass wir mit dem neuen Konzept größer werden können, als wir jemals waren", sagte Kohl. Der 66-Jährige war schon immer ein Visionär, im Geiste ist er zumeist zwei Schritte voraus, und viele seiner Visionen wurden Wirklichkeit. Insofern muss man mit allem rechnen, wenn Anfang September das neue Konzept vorgestellt wird.