Trotz einer Führung verlieren die deutschen Hockey-Herren das zweite Spiel in Folge. Australien gewann souverän mit 3:1 bei der Champions Trophy.

Mönchengladbach. Wer es im Hockey als Innenverteidiger zur Weltklasse bringen will, muss heutzutage mehr sein als nur zweikampfstark. Jede Passart muss beherrscht werden, es braucht Übersicht, physische und gedankliche Schnelligkeit sowie Kreativität. Anschauungsunterricht konnten die 5500 Zuschauer im Hockey-Park gestern Abend nehmen. Obwohl die deutschen Herren im vierten Spiel der Champions Trophy gegen Titelverteidiger und Weltmeister Australien beim 1:3 die zweite Schlappe kassierten und nun morgen (15 Uhr) die Niederlande schlagen müssen, um die bereits qualifizierten Australier im Finale wiederzutreffen, zeigten der Nürnberger Maximilian Müller und Martin Häner vom Berliner HC, der per Strafecke traf (23.), in Ansätzen ihre Klasse.

Trotz ihres jungen Alters – Müller ist seit wenigen Wochen 23, Häner wird Ende des Monats 22 – gelten die beiden bereits als eins der weltbesten Innenverteidiger-Paare. Auf das Alter komme es auch gar nicht an, finden sie. „Nur die Leistung zählt. Wir sind es aus unseren Klubs gewohnt, Führungsrollen zu übernehmen. Deshalb denken wir über mangelnde Erfahrung gar nicht nach“, sagt Müller, dem man ebenjenen Mangel auch gar nicht nachsagen kann. Immerhin hat er bereits 121 Länderspiele absolviert und wurde von Bundestrainer Markus Weise zum Kapitän der Auswahl bestimmt. Häner bestritt gegen Australien sein 59. Länderspiel.

Die Verantwortung, im deutschen Hockey die glorreiche Tradition der Weltklasse-Innenverteidiger fortsetzen zu dürfen, empfinden beide nicht als Druck, sondern als Ehre. Deutschland ist eins der wenigen Teams, das noch mit Manndeckung spielt, und dass Weltstars wie Australiens Jamie Dwyer die deutsche Defensivarbeit als beispielhaft bezeichnen, beweist, dass der Weg noch immer richtig ist. „Als ich 2007 ins Zentrum gelassen wurde, war ich sehr stolz“, erinnert sich Müller, „aber ich habe nie daran gedacht, dass ich in die Fußstapfen eines Philipp Crone oder anderer Größen treten muss, sondern versucht, meinen Stil zu finden.“

Die Rollenverteilung zwischen den beiden ist eindeutig. Während Müller als Manndecker direkt gegen den stärksten Stürmer des Gegners spielt, ist Häner der freie Mann, der das Spiel eröffnet und die Anweisungen gibt. Dabei ist die Kommunikation untereinander das wichtigste Element einer erfolgreichen Defensivarbeit. „Kein Mannschaftsteil redet so viel wie wir, weil bei uns die Fäden zusammenlaufen“, sagt Müller. Kurz und prägnant seien die Ansagen, der eine hilft dem anderen, eine Situation bestmöglich zu lösen oder den richtigen Pass zu spielen, wobei Häner derjenige ist, der mit mehr Risiko in die Spitze spielt. Seine langen Anspiele sind eine Waffe, sie gelten als die besten der Welt, wohingegen Müller mit einer Zweikampfquote von mehr als 90 Prozent der vielleicht unangenehmste Gegenspieler im Welthockey ist. „Im defensiven Eins-gegen-eins ist Max unglaublich stark, er benötigt in Zweikämpfen fast nie meine Hilfe, was mir die Freiheit gibt, mich auf die Spieleröffnung zu konzentrieren“, sagt Häner, der von seinem Partner für „sein großartiges Timing beim Aushelfen in kritischen Zweikampfsituationen“ gelobt wird.

In der U-16-Auswahl spielte das Duo erstmals gemeinsam für Deutschland, seitdem verstehen sie sich auch außerhalb des Platzes sehr gut, was beiden wichtig ist, um sich auch gegen mögliche Vorwürfe der Mitspieler gegenseitig in Schutz nehmen zu können. „Im Spiel kann man es nie allen recht machen. Jeder, der den Ball nicht bekommt, beklagt sich. Da ist es wichtig, dass Martin und ich als Team harmonieren und uns nicht gegenseitig kritisieren“, sagt Müller. Beiden fällt die Umstellung vom Vereins- zum Auswahlhockey nicht immer leicht, da international zwei Stufen schneller gespielt wird. „Wenn ich zur Auswahl komme, brauche ich erst einmal ein Spiel, um mich an das Tempo zu gewöhnen, und wenn ich zum Verein zurückkomme, bin ich zwei Spiele lang frustriert, weil alles so langsam geht“, sagt Müller. Dennoch sei es nicht wünschenswert, mit dem Auswahl-Partner auch im Verein zusammenzuspielen. „Dort würden wir beide zu viel Risiko gehen, und das wäre für das Team nicht gut, weil die Mitspieler nicht die Klasse haben wie im Nationalteam“, sagt Häner. Außerdem sind beide in ihren Klubs so sehr verwurzelt, dass ein Wechsel kein Thema ist.

Gelegenheit für gemeinsame Auftritte wird es dennoch genügend geben. Der Vorteil der beiden Studenten – Müller studiert Sportökonomie in Bayreuth, Häner Humanmedizin in Würzburg mit der Option eines Wechsels nach Berlin zum Wintersemester – ist, dass sie dank ihrer Jugend noch einige Jahre als Duo agieren können. Schöne Aussichten sind das für den Deutschen Hockey-Bund. Die Gegner dürften das anders sehen.