Von Sonnabend an steht Moritz Fürste mit den deutschen Hockeyherren bei der Champions Trophy in Mönchengladbach auf dem Platz.

Hamburg. Moritz Fürste ist im Stress. Am 10..August muss der Mediamanagement-Student seine Bachelor-Arbeit abgeben. Von Sonnabend an steht der 25 Jahre alte Kapitän des Uhlenhorster HC mit den deutschen Hockeyherren bei der Champions Trophy in Mönchengladbach auf dem Platz. Dass er sich dennoch entspannt bei Milchkaffee mit dem Abendblatt unterhält, spricht für seine Nervenstärke.

Abendblatt: Herr Fürste, in Mönchengladbach ging vor vier Jahren bei der Heim-WM Ihr Stern am Hockeyhimmel auf. Wie oft denken Sie daran zurück?

Moritz Fürste : Nicht sehr oft, aber wenn, dann extrem positiv. Meine Freundin hat mir ein Jubelbild von damals auf Leinwand geschenkt. Das ist eine tolle Erinnerung an eine großartige Zeit.

Was ist gegenüber 2006 für Sie persönlich die größte Veränderung?

Damals war meine Rolle, alles zu versuchen und unbekümmert anzugreifen, und wenn es nicht geklappt hat, dann war es nicht so schlimm, weil ich keine tragende Säule des Teams war. Das ist jetzt ganz anders. Ich gehöre zum Mannschaftsrat, bin Vertreter von unserem Kapitän Max Müller. Ich bin sicherlich nicht der stärkste Spieler, aber ich spüre, dass mir die Mannschaft eine tragende Rolle zutraut. Das ist sehr wichtig für mich. Ich brauche dieses Vertrauen. Als vor ein paar Jahren beim UHC Jörg Schonhardt aufhörte und man mir seine Führungsrolle übertragen wollte, habe ich abgelehnt, weil wir ganz andere Spieler hatten, die die Leader waren. Ich fühlte mich noch nicht als Anführer akzeptiert. Das ist jetzt im Verein und im Nationalteam anders.

Fühlen Sie sich auch deshalb so wohl im Nationalteam, weil es ähnlich zusammengesetzt ist wie Ihr Heimatverein?

Mit Sicherheit. Die Nationalmannschaft von heute ist viel mehr ein Team als die von 2006. Damals hatten wir fünf, sechs Spieler, die absolute Weltklasse verkörperten. Davon haben wir jetzt mit unserem Eckenspezialisten Christopher Zeller und Tobi Hauke, der im defensiven Mittelfeld wohl der beste Spieler der Welt ist, gerade zwei. Aber wir sind mannschaftlich unheimlich geschlossen und überzeugen als Einheit, genau wie beim UHC. Der Einzelne ist niemals wichtiger als das Team.

Wie interpretieren Sie Ihre Rolle?

Ich habe im Mittelfeld die Rolle des Ballverteilers. Wir vergleichen uns gern mit dem Fußball, und wir wollen so spielen, wie es die Spanier tun. Wir wollen mit kurzen Ballkontakten das Mittelfeld überbrücken und die Stürmer in Szene setzen. Tobi Hauke und ich bilden ein weltweit anerkanntes Duo im Mittelfeld, wir sind ein wenig wie Xavi und Iniesta bei den Spaniern. Wir bereiten für unsere Stürmer die Aktionen vor. Unsere Stürmer sind, bis auf Christopher Zeller, alle nicht absolute Weltklasse, trotzdem treffen sie meist in jedem Spiel. Ihnen dabei zu helfen, darin sehe ich meine Aufgabe.

Mit Ihrem UHC-Teamkollegen Florian Fuchs gibt es einen Stürmer, der stark an Sie vor vier Jahren erinnert. Hat er das Potenzial, ähnlich durchzustarten?

Er hat viel mehr Potenzial als ich, er ist jetzt schon kompletter, als ich es damals war, obwohl ich schon 21 war und er erst 18 ist. Natürlich muss man abwarten, ob er die nächsten Schritte machen kann, aber ich gehe fest davon aus.

Mit Ausnahme der EM 2007 haben Sie mit dem Nationalteam bei allen großen Turnieren im Finale gestanden, Sie sind Olympiasieger geworden, Vizewelt- und –europameister. Wie erklären Sie sich, dass trotz steten Umbruchs immer Erfolge erreicht wurden?

Es ist Wahnsinn und nur schwer zu erklären, dass das so ist. Ich schiebe das auf die Gewinner-Mentalität, die es in Deutschland gibt. Wir gehen in jedes Turnier mit der Maßgabe, es gewinnen zu wollen. Nur aus dieser Motivation heraus sind immer wieder Erfolge möglich. Allerdings führt diese Mentalität auch dazu, dass in Deutschland schon der zweite Platz nichts mehr zählt, was ich traurig finde. Nach dem Olympiasieg wurden wir in der Heimat triumphal empfangen. Als wir im März aus Indien mit WM-Silber zurückkamen, war am Flughafen niemand, um mit uns zu feiern. Das finde ich krass, da wünsche ich mir mehr Respekt.

Welchen Stellenwert hat die Champions Trophy in der Heimat für Sie?

Für mich steht sie nach der WM, der deutschen Vizemeisterschaft und dem Gewinn der Euro Hockey League nur an vierter Stelle in diesem Jahr. Für die meisten aber ist sie nach der WM das wichtigste Event. Es ist toll, sich mit den besten Nationen der Welt zu messen, und wir wollen mit guten Auftritten auch Werbung machen für die Heim-EM 2011, die im August ebenfalls in Mönchengladbach stattfindet.

Zuletzt haben Sie gegen Australien zwei Finals verloren, Ende 2009 bei der letzten Champions Trophy und bei der WM in Indien. Erwarten Sie in Mönchengladbach die nächste Chance zur Revanche?

Die Australier sind klar favorisiert, sie sind derzeit das beste Team der Welt. Aber wir sind die Mannschaft mit den besten Perspektiven hinsichtlich Olympia 2012 in London, weil wir in der jetzigen Zusammensetzung bis dahin zusammenbleiben werden. Die Briten sind mit uns auf einem Level. Die Niederlande und Spanien sind derzeit nicht mehr so stark, und Neuseeland ist wohl der schwächste Gegner. Aber wenn wir uns nur einen Moment zu sicher fühlen, werden wir bestraft.