Am letzten Wettkampftag holte Christian Reif Gold, Robert Harting Silber und Ariane Friedrich Bronze. Sie rundeten die EM für Deutschland ab.

Barcelona. Finale furioso bei der Leichtathletik-EM in Barcelona: Mit dem Aus vor Augen sprang Christian Reif mit der Jahres-Weltbestleistung von 8,47 m auf den Weitsprung-Thron. Für Robert Harting endete der goldene Traum im Diskusring mit Silber und für Ariane Friedrich im Hochsprung mit Bronze. Die gleiche Medaille gewann das 4x100-m-Quartett der Männer, die Frauen über 4x400 m schlossen das DLV-Festival mit Silber ab. Es war die 16. deutsche Medaille (4-6-6) einer großen EM.

„Das war der absolute Wahnsinn. Von einem solchen Ding hatte ich geträumt“, meinte Christian Reif, nachdem er nach dem vierten deutschen Gold von Barcelona mit der Deutschland-Fahne über dem Kopf seine Ehrenrunde gedreht hatte. Mit 7,87 m stand er vor dem dritten Finaldurchgang vor dem Aus und sprang dann die Konkurrenz mit dem Rücken zur Wand k.o.. Mit 8,24 m holte sich am Ende der Franzose Kafetien Gomis noch Silber.

„Jetzt bin ich der Stier, der getötet wurde“, verkündete Diskus-Weltmeister Robert Harting, nachdem Piotr Malachowski nach seiner Berliner WM-Niederlage gegen den deutschen Weltmeister den Spieß umgedreht hatte. Die 68,87 m des Polen aus dem ersten Durchgang konnte Harting (68,47) nicht mehr kontern. Nach 68,33 m zum Auftakt verschoss er sein Pulver im finalen Versuch, der in Berlin noch Gold gebracht hatte, mit 68,34 m.

Auch Ariane Friedrich war geschlagen, aber nicht deprimiert: „Ich wollte eine Medaille, die habe ich. Aber ich bin traurig, dass ich die 2,03 m nicht geschafft habe“, meinte die Frankfurter Hallen-Europameisterin, die wie bei der WM 2009 in Berlin auf dem Bronzeplatz landete. Gold ging wie im Vorjahr an die Kroatin Blanka Vlasic, die 2,03 m im zweiten Versuch meisterte.

„Wir sind zwei Jahre vor London schon viel weiter, als wir 2008 in Peking waren. Dort und auch bei der WM 2011 im südkoreanischen Daegu wollen wir auf dieser Erfolgsebene weiter machen“, bilanzierte Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV).

Unbeirrt vom Fehlstart präsentierte das 73-köpfige Team am Olympia-Schauplatz von 1992 neue Siegertypen: Erst Sprinterin Verena Sailer, Speerwerferin Linda Stahl und Christian Reif, dann die Silber-Überraschungen Carsten Schlangen (1500 m) und Matthias de Zordo (22) als neue Speer-Spitze (87,81 m).

Prokop, dessen Team deutlich mehr Medaillen gewann als bei der letzten EM 2006 in Göteborg (4-4-2): „Die positiven Überraschungen haben Enttäuschungen kompensiert.“ Größte Wermutstropfen: Nach Diskus-Ass Nadine Müller (Halle/8.) blieb nach einem Wechselfehler zwischen den Mannheimerinnen Anne Möllinger und Sailer auch die 4x100-m-Staffel auf der Strecke. Sailer nobel: „Wir waren beide schuld.“

Am Finaltag gelang Christoph Lemaitres als erstem Sprinter der EM-Geschichte das Triple. Nach Siegen in 10,10 Sekunden über 100 und 20,37 über 200 m gewann er auch über 4x100 m in 38,11 Gold für Frankreich. Bronze in 38,44 holte das deutsche Quartett mit Tobias Unger, Marius Broening (beide München), Alexander Kosenkow (Wattenscheid) und Martin Keller (Chemnitz).

Bittere Tränen nach Bronze statt Gold bei Carolin Nytra, obwohl sie in 12,68 das zweitschnellste 100-m-Hürden-Rennen der Karriere lief: „Wenn man als Europas Jahresbeste kommt und beim Aufwärmen super Starts, durfte man mehr erwarten.“

Freudetrunken dagegen Matthias de Zordo (Saarbrücken), der Norwegens Olympiasieger, Welt- und Europameister Andreas Thorkildsen mit der Steigerung von 84,38 auf 86,22 und 87,81 m an den Rand einer Niederlage brachte. „Was Matthias hier abfeuert, macht mich sprachlos“, sagte Boris Henry, dessen Schützling Weltrekord für Linkswerfer erzielte.

Quantensprung auch bei Jennifer Oeser, obwohl es für die Leverkusener WM-Zweite (bisher 6427) mit famosen 6683 Punkten nur zu Bronze hinter der britischen Siebenkampf-Weltmeisterin Jennifer Ennis (6823) und Olympiasiegerin Natalja Dobrynska (Ukraine/6778) reichte. „An eine solche Marke habe ich vorher nie gedacht“, sagte sie nach vier Einzel-Rekorden und der besten Punktzahl einer Deutschen seit Sabine Brauns WM-Sieg 1997.

Mit seinem unvergleichlichen „Killerinstink“ gewann Kugelstoß-Titelverteidiger Ralf Bartels (Neubrandenburg/20,93) auch die vierte seiner bisher sieben EM- und EM-Medaillen im letzten Versuch. „Neun Zentimeter fehlten zum Gold, es war nie so einfach zu gewinnen“, ärgerte sich Trainer Gerald Bergmann.

Russland (10) und Frankreich (8) scheffelten vor Großbritannien (6) das meiste Gold. Deutschland belegte mit vier Siegen Rang vier.