In zwei Sätzen besiegte der Youngster den höher eingestuften Rumänen und wurde von den Zuschauern frenetisch gefeiert.

Hamburg. Unbekümmert, frech, Julian Reister. Der Weltranglisten-121. zeigt sich bei den mit einer Million Euro dotierten German Open 2010 von seiner besten Seite, wie so oft in letzter Zeit. Am Rothenbaum eigentlich nur logisch, wenn man bedenkt, dass der noch Noch-Reinbeker vor einem Umzug zurück in seine alte Heimat Hamburg steht. Auch der an Position zwölf gesetzte Rumäne Victor Hanescu (ATP 43) konnte den starken Lauf von Reister nicht stoppen. 286 ATP-Spiele mehr auf dem Buckel, 78 Plätze höher gelistet, doch das alles zählte am Ende nichts für Hanescu. Auf der Anzeigetafel stand nach einer Stunde und 39 Minuten das einzige was zählt: 7:6 (7:4) und 6:4 für Reister, der nach dem entscheidenden Punkt zum Jubel ansetzte und von den Zuschauern frenetisch gefeiert wurde. Man hatte das Gefühl, die Zuschauer haben ihren neuen Publikumsliebling. Sichtlich gerührt kommentierte der sympathische Reister danach die Szenen: „Wie das Publikum mitgegangen ist, das war sensationell. Von so etwas habe ich geträumt.“

Nach seinem Match gegen den Deggendorfer Daniel Brands stand er zum zweiten Mal als klarer Außenseiter auf dem Platz, zum zweiten Mal hat er gezeigt, dass ihm seine Rolle gefällt, ihn zusätzlich anspornt. Als einziger rechtfertigte er bisher auch das Vertrauen von Turnierdirektor Michael Stich, ihm eine Wildcard für das Turnier ausgehändigt zu haben.

Auf dem Weg zum Erfolg, hatte Reister jedoch vorher ein hartes Stück Arbeit zu bewältigen. Nach gutem Start mit einem direkten Break, kassierte der Reinbeker direkt im Anschluss das Rebreak. In der Folge zeigten sich beiden Spieler bei eigenem Aufschlag sehr stark, so dass die Entscheidung erst im Tiebreak fiel. Im zweiten Satz gelang dem Rumänen das erste Break zur 4:3-Führung. „Nach dem Break von Hanescu, wusste ich, dass es jetzt ganz schwer werden würde“, aber der Rumäne hielt seinen Aufsatz doch nicht. Seinen zweiten Matchball nutze Reister am Ende zum Erfolg. Danach erklärte er seinen Sieg wie folgt: „Es war ein sehr gutes Match, ich habe sehr gut gespielt und ich habe sehr gut aufgeschlagen.“ „Manchmal bin ich selbst etwas überrascht, aber jeder Sieg gibt mir sehr viel Selbstvertrauen. Ich glaube jetzt endlich daran, auch Top 50 Spieler schlagen zu können“, so Reister. Eine Leistungsexplosion, die nicht von ungefähr kommt. Schon bei seinen letzten zwei Challenger-Turnieren auf der ATP-Tour erreichte er jeweils das Halbfinale, auch bei den French Open (Runde 3) und in Wimbledon (Runde 2) zeigte er sich in blendender Verfassung. Und im Falle einer Halbfinalteilnahme am Hamburger Rothenbaum winkt sogar eine Platzierung in den Top 100.

Sein nächster Gegner wird der Usbeke Denis Istomin (ATP 59), der sich überraschenderweise gegen den an Position fünf gesetzten Nicolas Almagro (ATP 18) aus Spanien mit 7:6 (7:5) und 7:6 (9:7) durchsetzte. Julian Reister zollte seinem Gegner Respekt, hält die Aufgabe aber nicht für unlösbar: „Dass er Almagro schlägt, heißt ja, dass er Tennis spielen kann, Aber grundsätzlich traue ich es mir eher zu Istomin zu schlagen, als Almagro.“ Die Zuschauer in Hamburg würde es freuen.

Auch der Augsburger Philipp Kohlschreiber gewann am Mittwochabend am Hamburger Rothenbaum mit 2:6, 6:2, 6:4 gegen den Argentinier Juan Ignacio Chela und spielt nun gegen den Brasilianer Thomaz Bellucci.

Wimbledon-Doppelsieger Philipp Petzschner ist in der 2. Runde enttäuschend klar ausgeschieden. Der favorisierte Bayreuther verlor am Mittwoch bei 33 Grad auf dem Centre Court des Hamburger Rothenbaum mit 3:6, 3:6 gegen den Franzosen Jeremy Chardy.

Für den an Position 16 gesetzten Michael Berrer war nach 1:34 Stunden Schluss, obwohl er sich mit wuchtigen Aufschlägen zumindest in den Tiebreak des zweiten Satzes gerettet hatte. „Sand ist nicht mein Lieblingsbelag, ich würde hier nicht spielen, wenn Michael Stich nicht gerufen hätte“, bekannte Berrer, der dem Italiener Andreas Seppi mit 2:6, 6:7 (4:7) unterlag. Seinen Einsatz im Davis Cup vom 17. bis 19. September in seiner Heimatstadt Stuttgart kann er nun abhaken. „Es ist schon schade, dass meine Chancen geschmälert sind, es wäre ein Highlight für mich gewesen“, sagte er.