Bayern träumen vom Heimfinale - Kaitän Lahm spricht vom “großen Ziel“ - Sieben Spieler vorbelastet: Hoffen auf Schiedsrichter Kassai

München. Der FC Bayern München ist mit großem Respekt vor Champions-League-Gegner Real zum Halbfinal-Rückspiel nach Madrid aufgebrochen. „Wir werden versuchen, den Traum unserer Fans wahrwerden zu lassen und ins Finale einzuziehen. Aber wir werden eine bayerische Sternstunde brauchen“ sagte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge am Dienstag in München kurz vor dem Abflug des deutschen Fußball-Rekordmeisters. „Wir haben großen Respekt vor Real Madrid, es ist eine große Mannschaft, ein großer Club. Und mit dem Schuss Demut werden wir da reingehen und es trotzdem versuchen.“

Im Bernabéu-Stadion warte an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/Sat.1/Sky und hier im Liveticker ) eine „ganz schwere Aufgabe“, sagte Rummenigge. Nach dem 2:1- Hinspielsieg reicht den Münchnern ein Unentschieden, um das erhoffte Heimfinale am 19. Mai im eigenen Stadion zu erreichen. „Mit dem Last-Minute-Tor von Mario Gomez haben wir eine kleine Chance und wir werden versuchen, diese kleine Chance auch zu nutzen“, so Rummenigge.

Wegen eines Staus waren die Bayern-Profis erst kurz vor dem Abflug der Lufthansa-Maschine LH 2570 am Flughafen eingetroffen. Bis auf Breno machten alle Spieler den Trip in die spanische Hauptstadt mit. Auch der rekonvaleszente Daniel van Buyten war an Bord.

Dass gleich sieben Spielern im Falle einer weiteren Gelben Karte eine Sperre fürs Finale droht, beunruhigt Präsident Uli Hoeneß nicht. „Wir müssen uns jetzt ausschließlich damit beschäftigen, ins Endspiel zu kommen. Und wenn wir im Endspiel sind, dann reden wir darüber, wie viele Spieler wir zur Verfügung haben. Es nützt uns gar nichts, keine Gelben Karten zu bekommen, wenn wir morgen verlieren“, sagte Hoeneß.

Sportdirektor Christian Nerlinger sprach im Interview mit dapd von einer „ersten Elf, die absolut gleichwertig ist mit Madrid. Wir sind auf Augenhöhe“. Mario Gomez gab ohnehin schon die Marschroute vor, die 80.925 Zuschauer im Santiago-Bernabeu-Stadion mit einem Sieg zu schocken. „Auf Unentschieden spielen, ist nicht unser Ding“, sagte der 26-Jährige. Zusammenhalt demonstrierte Heynckes schon in seinem Reiseplan.

Als Vorteil wird den Bayern zumindest öffentlich ausgelegt, das 2:1 gegen Werder im Schongang absolviert zu haben. Acht Spielern hatte Heynckes am Sonnabend eine Pause gegönnt – Madrid hingegen trat beim Clasico in Bestbesetzung an. Immerhin Bastian Schweinsteiger spielte an der Weser 90 Minuten durch, eine Einsatzgarantie gab Heynckes seinem Regisseur noch nicht.

An das Bernabeu haben die Münchner keine guten Erinnerungen - erst vor zwei Jahren verloren sie das Endspiel der Königsklasse gegen Inter Mailand mit 0:2. Lahm sieht seine Mannschaft auf den „Hexenkessel“ dennoch gut vorbereitet: „Das wird eine tolle Stimmung. Und jeder von uns weiß, worum es geht.“ Vor allem der Kapitän steht als direkter Gegenspieler von Superstar Cristiano Ronaldo erneut extrem unter Druck. „Wir kriegen aber jetzt keine weichen Knie, wenn wir ihn sehen“, sagte Gomez.

Probleme könnte es allerdings im Falle des möglichen Einzugs ins Finale geben, in dem gleich sieben Bayern-Spielern eine Gelbsperre droht. So wären David Alaba, Holger Badstuber, Jerome Boateng, Luiz Gustavo, Toni Kroos, Philipp Lahm und Thomas Müller bei einer weiteren Verwarnung im Finale gesperrt.

„Kaiser“ Franz Beckenbauer äußerte deshalb bereits Kritik an der Regelung der Europäischen Fußball-Union (UEFA). „Man sollte sich den WM- und den EM-Regeln anschließen. Die Spieler sollten für das Finale frei sein“, forderte der Münchner Ehrenpräsident bei Sky90. Auch Bayern-Trainer Jupp Heynckes bezeichnete den Status quo als „äußerst unglücklich“ und reformbedürftig.

Heynckes hält seine Spieler aber für „sehr intelligent. Sie wissen genau, wann sie hingehen und wann sie wegbleiben müssen. Sie können eine Sperre verhindern, wenn sie aufmerksam, sehr konzentriert und fokussiert auf das Geschehen auf dem Platz sind“, sagte Heynckes nach dem 2:1 im Hinspiel gegen Real. „Wir müssen aufpassen“, meinte Badstuber, „andererseits müssen wir genauso ins Spiel gehen wie immer. Es macht ja keinen Sinn, sich da Gedanken zu machen.“ Auch Kapitän Philipp Lahm, ebenfalls bedroht, ergänzte, „dass dies keine Rolle spielen darf“.

Lahm zählt daher auf die Gnade des ungarischen Schiedsrichters Viktor Kassai. „Ich hoffe, dass er weiß, wer vorbelastet ist, und dass man schon ein grobes Foul begehen muss, um gelb zu kriegen“, sagte der 28-Jährige. In den Köpfen der Bayern - unter anderem die gesamte Abwehrreihe hat bereits jeweils zwei gelbe Karten kassiert – dürfe aber die Angst vor der Verwarnung keine Rolle spielen. „Ich denke, dass im Zweifel schon jeder hingehen wird, wenn er muss“, sagte Gomez – und das wird öfter der Fall sein.

„Sie werden im Bernabeu noch aggressiver zu Werke gehen. Darauf müssen wir vorbereitet sein, das wird ein absolut heißer Tanz“, sagte Nerlinger. Zehn der letzten elf Champions-League-Spiele in der heimischen Festung hat das Team von Jose Mourinho für sich entschieden. Nach dem wohl sicheren Gewinn der Meisterschaft wollen die „Königlichen“ den nächsten Coup landen.

Bei den Königlichen sind Sergio Ramos, Xabi Alonso, Gonzalo Higuain und Fabio Coentrao vorbelastet. Auch im zweiten Halbfinal-Duell zwischen dem FC Barcelona und dem FC Chelsea droht einigen Stars mit Blick auf das Finale die gelbe Gefahr. Bei Barca sind Carles Puyol und Javier Mascherano betroffen, bei Chelsea Branislav Ivanovic, Ashley Cole, David Luiz, Ramires und Raul Meireles.

Bei Welt- und Europameisterschaften werden die Verwarnungen im Gegensatz zur Champions League nach dem Viertelfinale gestrichen. Dadurch kann kein Spieler das Finale verpassen, wie dies bei der WM 2002 Michael Ballack passiert war. Ballack musste im Endspiel gegen Brasilien (0:2) Gelb-gesperrt zuschauen.

Franck Ribery hatte 2010 beim Finale der Champions League, das die Bayern 0:2 gegen Inter Mailand verloren, zuschauen müssen. Der Franzose hatte sich im Halbfinal-Hinspiel gegen Olympique Lyon allerdings wegen groben Foulspiels eine Rote Karte eingehandelt und war von der UEFA für drei Spiele gesperrt worden.

Mit Material von dpa und dapd