Die Nationalmannschaft ist mit Verspätung nach Südafrika aufgebrochen. Die Landung in Johannesburg wird am Montagmorgen um 7.10 Uhr erwartet.

Frankfurt/Main. Südafrika, wir kommen! Voller Vorfreude bestiegen Joachim Löw und seine Jungs in feinen dunkelblauen Anzügen das Oberdeck des neuen „Riesen-Vogels“ A 380. Doch der Abflug der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zur WM hat sich am Sonntagabend verzögert. Der Airbus musste am Frankfurter Flughafen auf einen prominenten Passagier warten: Popsängerin Shakira. Die Künstlerin des WM-Songs sollte auch in dem A380 mitfliegen, doch ihre Ankunft aus Madrid verzögerte sich, wie der Flughafenbetreiber Fraport am Abend mitteilte.

Oliver Bierhoff schürte am Abend die wieder entfachte WM-Begeisterung. „Die Atmosphäre ist bombig, die Stimmung innerhalb der Mannschaft sehr gut“, sagte der Teammanager nach der Zusammenkunft am Frankfurter Flughafen. „Man merkt die extreme Vorfreude“, berichtete Bastian Schweinsteiger. Zwar konnten Bundestrainer Löw und seine 23 Auserwählten am Sonntagabend neben einer euphorischen Fan-Gruppe auch eine Menge Hoffnung und die Gewissheit einer bisher guten WM-Vorbereitung mit an Bord nehmen. Doch erst in einer Woche in Durban zum Auftakt gegen Australien wird sich zeigen, wie der jüngste deutsche WM-Kader seit 76 Jahren mit dem Extremdruck einer Fußball-WM zurechtkommt.

„Ungewissheit gibt es immer vor einem solch großen Turnier, das hat nichts mit unserer jungen Mannschaft zu tun. Es wird Extremsituationen geben, die wollen wir meistern“, erklärte Löw vor dem Abflug. Trotz der schwierigen Vorbereitung mit dem späten Einstieg der Bayern-Spieler und des Verletzungs-Fluchs geht der 50-Jährige seine erste WM-Endrunde als Chefcoach mit viel Optimismus an: „Wir haben viel getan. Ich habe Vertrauen zu den Spielern, die wir ausgewählt haben. Wir können ein gutes Turnier spielen.“ Auf jeden Fall hat es Löw vor seiner möglicherweisen letzten Dienstreise als oberster deutscher Fußball-Lehrer geschafft, die düsteren Stimmungswolken der vergangenen Monate rund um die Nationalelf zu vertreiben. Die geplatzte Vertragsverlängerung, die Endlos-Debatten um den Verzicht auf Torsten Frings und Kevin Kuranyi, der Ausfall von Leitfigur Michael Ballack – all das blieb zurück. „Wir wollen die guten Sachen mitnehmen und die schlechten zu Hause lassen“, erklärte WM-Torwart Nummer 1, Manuel Neuer.

Fußball-Deutschland glaubt wieder an sein Lieblingsteam; die Spiellust der Özil, Khedira, Cacau, Podolski & Co. in den Testspielen und vor allem beim jüngsten 3:1 gegen Bosnien-Herzegowina haben die Vorfreude auf eine stimmungsvolle und erfolgreiche WM in Afrika geweckt. Schwarz-rot-goldene Fähnchen gehören schon wieder zum Straßenbild zwischen Flensburg und Garmisch. „Wir möchten uns jetzt mit anderen messen. Alle freuen sich, auch die Begebenheiten vor Ort kennenzulernen und sich selbst ein Bild machen zu können vom WM-Gastgeberland Südafrika“, sagte Löw. „Mit welchem Eifer alle trainiert haben von der ersten Minute an und dies bis jetzt gehalten haben, das ist schon imponierend“, bemerkte Löw zur über dreiwöchigen WM-Vorbereitung und ergänzte: „Die jungen Spieler waren hoch belastbar. Natürlich sind sie noch nicht ausgereizt.“

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Und genau dieses Fragezeichen reiste neben fünf Tonnen Gepäck mit dem 60 Personen starken DFB-Tross. Für 7.10 Uhr an diesem Montag hatte Flottenchef-Kapitän Jürgen Raps die Ankunft des A380- Jungfernfluges LH 2010 in Johannesburg angekündigt. „Sicher gibt es noch Gesprächsbedarf, wo waren wir gut, was müssen wir noch verbessern“, kündigte Löw für die ersten Tage am Kap weiter intensives Training und theoretische Schulungen an. Gespannt sein darf man, ob die Wahl des Hotels Velmoré Grande nahe Pretoria als Basisquartier wirklich optimal ist. Nach langen Querelen um Schwarzbauten und Betriebserlaubnis deutete Bierhoff am Sonntag in der ARD-Sportschau an, dass weiterhin Verbesserungsbedarf besteht. „Es ist noch organisatorisch einiges zu klären. Es ist anders als in Europa. Das Quartier wird optimale afrikanische Bedingungen bieten.“

WM-FLUCH TRIFFT STARS UND KAPITÄNE

Löw, der gegen Australien sein 50. Länderspiel als Bundestrainer erlebt und während des Turniers Rudi Völler (53 Spiele) überholen kann, wird sich nur am ersten Tag kurz einen Blick auf die besondere Atmosphäre einer afrikanischen WM gönnen. Gleich an diesem Montag stellt sich das DFB-Team im Super Stadium von Atteridgeville von Pretoria, der Übungsstätte der Deutschen, bei einem öffentlichen Training den Gastgebern vor. „Wir werden das Turnier positiv angehen. Und wir werden ein guter Botschafter für unser Land sein mit unserem Auftreten. Das kann ich versprechen“, erklärte der Bundestrainer. Doch zum Genießen wird Löw wohl nicht kommen. „Da lebe ich ein bisschen in meiner eigenen Welt. Ich versuche, alles um mich herum auszublenden, mich hundertprozentig auf das zu konzentrieren, was für den sportlichen Erfolg notwendig ist“, beschrieb er die Anspannung. „Ich denke, dass wir die Tage noch nützen müssen“, sagte Miroslav Klose, derzeit Sorgenkind Nummer 1. Der weiter um seine Form ringende Stürmer bleibt kämpferisch, räumte aber eine Fehleinschätzung ein. „Ich muss zugeben, dass ich die Situation unterschätzt habe“, sagte der WM-Torschützenkönig von 2006 der „Bild“-Zeitung (Samstag). Den Weg vom frustrierten Bayern-Reservisten zum Nationalkicker in Top-Verfassung hatte er sich „leichter“ vorgestellt.