Erstmals in der Olympiageschichte gab es kein Edelmetall über 15 Kilometer. Tora Berger gewann Gold für Norwegen.

Whistler. Zwei Tage nach dem Goldlauf von Magdalena Neuner haben die deutschen Biathletinnen nach einem Fehlschuss-Festival eine historische Medaillenpleite erlebt. Erstmals in der Olympia-Geschichte gab es über 15 Kilometer kein Edelmetall für das erfolgsverwöhnte Favoriten-Team.Während die dreimalige Olympiasiegerin Kati Wilhelm (Zella-Mehlis) als Vierte, Andrea Henkel (Großbreitenbach) als Sechste und Magdalena Neuner (Wallgau) als Zehnte am Podest vorbeischossen, wurde Tora Berger im Sonnenschein von Whistler für Norwegens 100. Goldmedaille bei Winterspielen gefeiert.

„Die Medaille hat gefehlt, obwohl das ein gutes Teamergebnis war. Die Leistung am Schießstand war nicht gut genug“, sagte Bundestrainer Uwe Müssiggang: „Lena hat einfach zu viel gewollt.“ Drei Schießfehler konnte auch die läuferisch erneut überragende Neuner auf der Strecke nicht herauslaufen. Die in Whistler schon mit Gold und Silber gekrönte Blondine war trotzdem „voll zufrieden. Natürlich wollte ich gewinnen, aber ich war anfangs unkonzentriert und habe mich echt zusammenreißen müssen. Dann gings auch wieder, aber es war zu spät. Der eine freie Tag war zu wenig, schwuppdiwupp war es schon wieder heute.“

Insgesamt seien die 48 Stunden nach ihrem Olympiasieg „extrem heavy“ gewesen: „Erst die erste Medaille für Deutschland und danach auch noch Gold. Ich habe das ehrlich gesagt immer noch nicht ganz verinnerlicht. Aber das ist positiver Stress, und den wollte ich genießen und zelebrieren. Da kann man doch nicht um 10 ins Bett gehen.“ Nun hat sie immerhin zwei freie Tage: „Und dann greife ich am Sonntag im Massenstart wieder an.“

Seit der Olympia-Premiere der Biathlon-Frauen im Jahr 1992 hatte es immer eine deutsche Medaille über 15 km gegeben, dieses Mal vergab das deutsche Team den Podestplatz am Schießstand. Die läuferisch nicht so überzeugende Kati Wilhelm kostete ein Fehler beim 15. Schuss den möglichen Sieg. „Ich habe lange gewartet, und als der Schuss dann raus war, habe ich gedacht: Hättest du doch noch mal geatmet“, sagte Wilhelm: „Das sollte einem mit so viel Erfahrung eigentlich nicht mehr passieren, aber es ist halt passiert. Aber Vierte bei Olympia muss man ja auch erstmal werden.“

Andrea Henkel büßte mit ihrer zweiten Fahrkarte im letzten Schuss alle Chancen ein und landete auf Platz sechs, Martina Beck (Mittenwald) wurde als schlechteste der vier Deutschen 29. „Ich wollte schon eine Medaille gewinnen, aber leider hab ich es im letzten Schießen vergeigt“, sagte Henkel: „Insgesamt geht es aber aufwärts, und vielleicht gehts ja bald noch ein kleines Stückchen voran.“

Die WM-Dritte Tora Berger feierte trotz einer Strafminute den größten Erfolg iherer Karriere. 20,7 Sekunden dahinter holte die fehlerfreie Kasachin Jelena Krustelewa überraschend Silber vor Darja Domratschewa aus Weißrussland. Wilhelm hatte im Ziel 1:04,5 Minuten Rückstand auf die Siegerin und verpasste das Podest um über eine halbe Minute. Neuner kam mit der wohl besten Laufzeit 1:49,3 Minuten hinter Berger ins Ziel. „Lena schwimmt auf einer Erfolgswelle, außerdem ist sie im Schießen richtig stabil geworden“, sagte Müssiggang: „Und dieses Rennen wird am Schießstand entschieden.“ Neuner kam mit einer hervorragenden Zwischenzeit zum ersten Schießen, kassierte dann aber beim vierten Schuss die erste Strafminute. „Der Fehler hätte nicht sein müssen. Lena ist beim Schießen immer schneller geworden“, grantelte der Chefcoach.

Es kam noch schlimmer - beim zweiten Schießen ließ sie gleich zwei Scheiben stehen und vergab damit frühzeitig alle Chancen. Da halfen auch die beiden fehlerfreien Schießübungen zum Schluss nicht mehr. Die mit Startnummer 52 ins Rennen gegangene Kati Wilhelm lag lange auf Goldkurs, doch ihr Fehler beim dritten Schießen raubte ihr alle Chancen. Auf der Strecke war sie einfach zu langsam fürs Podest.

Neuner und Co. haben ihre nächste Goldchance am Sonntag im Massenstartrennen.