Wallgau/Vancouver. Der Schampus floss schon in Strömen, als Magdalena Neuner in Vancouver noch gar nicht im Ziel war. Ein einziger Urschrei ließ das «Haus des Gastes» in Wallgau erbeben, 400 euphorisierte Fans stimmten «Oh, wie ist das schön» an, als «Gold-Lena» am anderen Ende der Welt zum Olympiasieg stürmte.

Eine halbe Stunde lang starrten Familie und Freunde gebannt auf die Fernseher - die Anspannung war riesengroß. Als um Punkt 20.00 Uhr MEZ die bekannteste Tochter der 1400-Seelen-Gemeinde ins Ziel fliegt, brachen alle Dämme.

Passenderweise stand in Wallgau am Faschingsdienstag der traditionelle Kehraus-Ball der lokalen Musikkapelle an. Der wurde kurzerhand zum Public-Viewing-Anlass erkoren. Eigentlich dirigiert Magdalenas Vater Paul die Kapelle, doch der weilt bekanntermaßen in Kanada, um seiner Tochter die Daumen zu drücken. Also übernahm Vize Sepp Feuerecker das Zepter - die Stimmung war gewaltig.

Kurz zuvor war es für einige Sekunden mucksmäuschenstill gewesen. «Hei», brüllten schließlich alle bei jedem Treffer ihrer Magdalena am Schießstand. Beim Stehendschießen aber ging das große Zittern los: Zwei Fehlschüsse, nur 6,2 Sekunden Vorsprung, Neuners Bruder Christoph hielt es kaum noch aus. Doch dann zündete Lena den Turbo und gab den Startschuss zur Party des Jahres in Wallgau. Seitdem steht ein Dorf Kopf.

«Der Wahnsinn. Das ist die totale Freude», jubelt Christoph Neuner. Er ist sprachlos, erfüllt vom Stolz auf seine Schwester. Er ist auch ein kleines bisschen Olympiasieger - gefühlt zumindest. Und irgendwie hat er es ja auch gewusst: «Ich hatte schon den ganzen Tag ein gutes Gefühl».

Auch Bürgermeister Hansjörg Zahler hat an den Sieg geglaubt. «Trotzdem ist es unglaublich», sagt er und ist dabei völlig außer Atem. «Mit welcher Souveränität sie das durchgezogen hat, das ist sowas von abgebrüht. Ganz Wallgau ist unglaublich stolz.»

Und sogar auch die Bürgermeister der Nachbargemeinden. Mit dem Zieleinlauf klingelt Zahlers Telefon. Thomas Schwarzenberger, oberster Bürger von Krün, gratuliert seinem Kollegen. Adolf Hornsteiner aus Mittenwald muss sich dagegen gedulden, er kommt erst eimal in die Warteschleife.

Und Magdalena Neuner? Die kann sich auf was gefasst machen, wenn sie heimkommt. «Wir werden so feiern, wie es der Ort noch nie gesehen hat», kündigt Zahler großspurig an. Wer die Gold-Party am Dienstag hautnah erlebt hat, kann sich das bestens vorstellen.