Das Team von Trainer Martin Schwalb verteidigt die Tabellenführung und untermauert mit einer überzeugenden Leistung seine Titelansprüche.

Hamburg. Martin Schwalb hielt es längst nicht mehr auf seinem Platz. Wie ein Derwisch tanzte der Trainer vor der Bank der HSV-Handballer. Er jubelte völlig losgelöst, klatschte sich mit seinen Spielern ab, um sie im nächsten Moment zu ermahnen, ihren Platz einzunehmen. Er brüllte Anweisungen aufs Feld, die untergingen im Chor der 10 825 Kehlen, die ihre Begeisterung herausschrieen. Aber das war egal. Zehn Minuten waren zwar noch zu spielen gegen die Rhein-Neckar Löwen, was auch bei einer 32:24-Führung eine lange Zeit sein kann. Aber an Hamburgs Sieg gab es keinen Zweifel.

Denn dem HSV waren soeben Dinge gelungen, die nur denen gelingen, die Großes vorhaben. Matthias Flohr, Vertreter des verletzten Linksaußen Torsten Jansen, hatte erstmals seit Menschengedenken aus dem Rückraum getroffen und nur Sekunden später spektakulär einen Abpraller ins Tor gehechtet. Domagoj Duvnjak hatte geistesgegenwärtig einen lässigen Heber des Mannheimers Patrick Groetzki abgefangen und kühl verwandelt. Und Torwart Per Sandström hatte wieder einmal in Serie unfassbar freie Würfe pariert.

"Die Mannschaft hat sich an sich selbst berauscht", beschrieb Schwalb später die letzten 20 HSV-Minuten, von denen Löwen-Manager Storm meinte, dass man "besser nicht spielen kann". Es wäre unvollständig zu sagen, der HSV hätte am Ende mit dem 37:26 (18:16) nur die Tabellenführung verteidigt. Er hat vielmehr seine Titelansprüche nachdrücklich untermauert. "Ab jetzt ist Hamburg Topfavorit auf die Meisterschaft", sagte Storm.

Danach sah es zunächst gar nicht aus, vielmehr war spürbar, was für beide Mannschaften auf dem Spiel stand - für die Löwen die Qualifikation zur Champions League. Es entwickelte sich eine intensive Partie, in der die Abwehrformationen eher eine Nebenrolle spielten. Das hatte im Fall der Hamburger auch damit zu tun, dass sie Jansen und Bertrand Gille ersetzen mussten.

Nach 16 Minuten stand es 8:10, "weil wir nicht aggressiv genug am Mann waren", wie Schwalb bemängelte. Doch fortan erhöhten die Hamburger die Wurfzahl, aus dem 8:10 wurde binnen sechs Minuten ein 14:10, wozu allein der überragende Hans Lindberg vier Tore beitrug. Und wie eigentlich immer ist auch die Torwartleistung hervorzuheben. Zunächst war es Johannes Bitter, der elfmal prächtig reagierte, bevor er beim Stand von 21:20 Sandström Platz machte (39.). Es war der Wechsel zum Sieg. Sandströms Erfolgsquote, 65 Prozent, sind kein Druckfehler. "Das war sensationell", befand Sportchef Christian Fitzek. Die überfällige Verlängerung von Sandströms Vertrag soll heute folgen.

Doch der spektakuläre Sieg im ersten Bundesligaspiel des Jahres wird, bei aller Freude, auch als trauriger Sieg haften bleiben. HSV-Präsident Andreas Rudolph gedachte vor dem Spiel in einer Ansprache des verstorbenen Spielmachers Oleg Velyky, der im Januar 32-jährig einem Krebsleiden erlegen war. "Wir werden ihn immer in unseren Herzen behalten und sein Trikot mit der Nummer zehn nicht mehr vergeben", sagte Rudolph. Für April ist ein Benefizspiel gegen die Nationalmannschaft geplant.

Tore, HSV: Lindberg 11 (5 Siebenmeter), Duvnjak 6, Flohr 5, Lackovic 5, Hens 3, K. Lijewski 3,, Vori 3, Schröder 1; Rhein-Neckar: Gensheimer 6, Stefansson 5, Harbok 5, Prieto 3, Manojlovic 3, Müller 2, Groetzki 1, Rogisch 1. SR.: Damian/Wenz (Mainz/Bingen). Z.: 10 825. Zeitstrafen: 3; 4.