Verkauft der Tabellenführer der Handball-Bundesliga gegen die Rhein-Neckar Löwen 10 736 Karten, ist er auch bei den Fans die Nummer eins.

Hamburg. Welch hohe Akzeptanz er bei seinem Publikum besitzt, hat der HSV Hamburg neuerdings schwarz auf weiß. Das kürzlich veröffentlichte "Handball-Barometer 2009/10", für den bundesweit 2500 Fans befragt wurden, weist den Tabellenführer mit der Gesamtnote von 1,81 als beliebtesten Klub der Bundesliga aus.

Morgen könnte sich das auch in belastbaren Zahlen niederschlagen. Verkauft der HSV für das Spiel gegen die Rhein-Neckar Löwen (20.15 Uhr, Color-Line-Arena/DSF live) mindestens 10 736 Eintrittskarten, würde er erstmals auch in der Zuschauertabelle den Branchenprimus THW Kiel überflügeln, dessen Hallenkapazität bei 10 250 erschöpft ist.

Die Chance ist groß: Gestern waren 10 100 Sitzplätze vergeben. "Das wäre ein Meilenstein und ein Nachweis dafür, dass wir über die Jahre konsequent am Event gearbeitet haben", sagt Prokurist Christoph Wendt. Er weiß aus Erfahrung: "Fans kommen nicht nur wegen der großartigen sportlichen Leistung."

Die Daten des Barometers geben ihm recht. Gerade in der Kategorie "Event-Charakter" hat der HSV die Konkurrenz weit abgehängt. So wurden die Stimmung (1,30) und das Rahmenprogramm (1,73) erheblich besser bewertet als bei allen anderen 17 Vereinen. "In Hamburg steht der wahre Handballtempel", bescheinigt der Nürnberger Unternehmensberater Alfons Madeja, der die Studie erstellt hat.

Das war nicht immer so. Noch vor fünf Jahren schafften die Hamburger mit Mühe eine Hallenauslastung von 50 Prozent. Sie hat sich auf annähernd 80 Prozent gesteigert. Der damalige Zuschauerschnitt von 6198 entspricht ziemlich genau dem heutigen Kundenbestand - bei den Dauerkarten. "Die Entwicklung des HSV auch im Umfeld ist gigantisch", staunt Balingens Trainer Rolf Brack. Sogar das Spiel gegen seine No-Name-Mannschaft hatte die Arena mit 13 171 Zuschauern zum Jahreswechsel bis auf den letzten Platz gefüllt.

Der Boom folgt einem allgemeinen Trend. Handball ist weiterhin "in" in Deutschland. So dürfte die Bundesliga nach einer leichten Delle in der Vorsaison, die Geschäftsführer Frank Bohmann auf die Pleiten von Tusem Essen und der HSG Nordhorn zurückführt, erstmals die 1,5-Millionen-Grenze überschreiten. Im vergangenen Jahrzehnt ist der Zuspruch somit um 50 Prozent gestiegen. Die wachsende Zahl von Livespielen hat diese Entwicklung jedenfalls nicht gebremst.

Vor allem die Heim-WM vor drei Jahren hat dem Handball neue Zielgruppen erschlossen, wie Untersuchungen ergeben haben. Bohmann: "Unser Publikum ist seitdem weiblicher und jünger geworden." Auch der HSV versucht seine Heimspiele als Ereignisse für die ganze Familie zu inszenieren. Nachteil: Bei werktäglichen Spielen zu vorgerückter Stunde bleiben jugendliche Fans häufig weg. "Der Mittwochstermin kostet uns 1500 Zuschauer oder mehr", schätzt Wendt.

Den Sprung auf Platz eins der Zuschauertabelle sollte das nicht gefährden. Der HSV könnte zumindest diese Führung sogar bis Saisonende behaupten: Bis auf Flensburg gastieren die prominenten Teams in der Rückrunde noch in Hamburg.