Wenn Weltmeister Jenson Button wirklich zu McLaren wechselt, könnte es in der Formel 1 zu dem legendären Sportduell kommen.

Neuss. Die Silberpfeile hoffen auf goldene Zeiten - auch ohne Weltmeister Jenson Button. Der Brite will offenbar 2010 nicht bei der Rückkehr eines Mercedes-Werksteams in die Formel 1 nach 55 Jahren dabei sein und plant den Wechsel zu McLaren. Damit lässt er seine Landsleute bereits von einem echten Klassiker in der Formel 1 träumen: England gegen Deutschland. Während McLaren nach der Trennung von Mercedes in Button und dessen Vorgänger Lewis Hamilton ein weltmeisterliches britisches Duo aufbieten würde, könnten bei den Schwaben zwei Deutsche im Cockpit sitzen - Nico Rosberg (Wiesbaden) und der frühere Mercedes-Junior Nick Heidfeld (Mönchengladbach). Timo Glock (Wersau) hatte sich am Dienstag für Neueinsteiger Manor entschieden. „Ich darf versprechen, dass der deutsche Aspekt Berücksichtigung finden soll“, sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug zur künftigen Fahrerbesetzung: „Wir arbeiten daran, und ich hoffe, dass wir bald auch was sehr Positives zu vermelden haben.“

Button ist sich unterdessen laut der englischen Tageszeitung The Guardian mit McLaren über einen Dreijahresvertrag einig, der in den nächsten Tagen unterschrieben werden soll. Daimler-Chef Dieter Zetsche hatte nach der am Montag verkündeten Übernahme von Buttons bisherigem Team Brawn gesagt, dass Teamchef Ross Brawn weitere Gespräche mit dem Engländer führe. Button hatte seit Saisonende mit Brawn um ein höheres Gehalt gepokert, das er nun bei McLaren offenbar erhält. Laut Guardian soll der Weltmeister pro Jahr rund 6, 75 Millionen Euro verdienen. „Jenson Button ist drauf und dran, zusammen mit Lewis Hamilton ein englisches Super-Team auf die Beine zu stellen - nach einer Nacht, in der Brawn für 150 Millionen Pfund verkauft wurde“, schrieb am Montag das Boulevard-Blatt The Sun: „So könnte auf der Rennstrecke eine alte Sportrivalität aufleben: England gegen Deutschland.“

Gegen ein WM-Duell zwischen Mercedes und den weiter mit Mercedes-Motoren bestückten McLaren hätte auch Haug nichts einzuwenden. „Wir werden uns sportlich fair auf der Strecke begegnen. Keiner wird den anderen vorbeiwinken aus lauter Fairness. Wir sind Rivalen“, sagte der Schwabe. „Man weiß wahrschenlich vor lauter Mercedes gar nicht mehr, wo man hinschauen soll in der nächsten Saison, denn es wird vier silberne Autos geben“, sagte der frühere Formel-1-Pilot und heutige RTL-Experte Christian Danner, der Mercedes für die Brawn-Übernahme lobte: „Mein großes Kompliment, dass man die Weitsicht hatte, die wunderbare globale Bühne Formel 1 weiter zu nutzen. Und so zu nutzen, wie man es jetzt macht: mit Kunden und mit einem neuen Werksteam, das das Weltmeisterteam ist, und in Zukunft sehr wirtschaftlich funktionieren wird.“

Haug stellte heraus, dass die Voraussetzungen bei Mercedes anders seien als bei Konkurrenten wie Honda, BMW oder Toyota, die innerhalb des vergangenen Jahres ausgestiegen sind. „Wir haben eine sehr, sehr lange Rennsporttradition, wir haben mehr Einnahmen für das Team als in der Vergangenheit, und die Formel 1 kostet künftig weniger“, sagte Haug. Nach Meinung der Londoner Times habe Mercedes zudem die Chance genutzt, sich „Superhirn“ Brawn zu sichern und dafür McLaren fallengelassen. Die Übernahme von 75,1 Prozent an Brawn kostet Mercedes (45,1 Prozent) und Daimler-Großaktionär Aabar aus Abu Dhabi (30 Prozent angeblich rund 123,65 Millionen Euro. Diese Summe nannte laut des auf Wirtschaftsnachrichten spezialisierten TV-Senders Bloomberg Aabar-Chef Scheich Khadem Abdulla Al-Qubaisi.

Brawn-Geschäftsführer Nick Fry, neben Brawn selbst einer von insgesamt fünf bisherigen Anteilseignern des ehemaligen Honda-Rennstalls, sagte Bloomberg, der Kaufpreis sei deutlich geringer als die von Al-Qubaisi genannte Summe und an zukünftige Erfolge gekoppelt. Mercedes dürfte seine Investition allerdings durch den Rückverkauf des bisherigen 40-Prozent-Anteils an McLaren innerhalb der nächsten zwei Jahre refinanzieren. Dieses Paket wird auf einen Wert von bis zu 200 Millionen Euro geschätzt. Zudem erhält das Team als Konstrukteurs-Weltmeister noch geschätzte 60 Millionen Euro aus dem Prämientopf von Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone, der sich über den Mercedes-Coup freute. „Das ist eine ganz und gar traumhafte Nachricht“, sagte er der Bild-Zeitung.