Der Bundestrainer lobt seinen Kapitän vor dem Länderspiel gegen Liechtenstein. Nur Uli Hoeneß mosert.

Leipzig. Sie wurden getrennt voneinander in die Egidius-Braun-Sportschule in Leipzig gefahren. Aus der ersten Limousine stieg Joachim Löw aus, 15 Minuten später folgte Michael Ballack - was reiner Zufall war. Sie kamen getrennt, aber ansonsten verbindet sie wieder die gemeinsame Suche nach dem sportlichen Erfolg. Von der Krise zwischen dem Bundestrainer und seinem Kapitän ist nichts mehr zurückgeblieben, man mag sich wieder. Uneingeschränkt. Vergessen sind die herbstlichen Stürme, die Ballack entfacht hatte, als er öffentlich den Machtkampf mit Löw gesucht hatte und daraufhin kurz vor dem Rauswurf aus der Nationalmannschaft stand.

Gab es anfangs Zweifel, ob die demonstrierte Harmonie echt ist, so sind diese längst beseitigt. Keine Misstöne, keine Zwischentöne, nichts Verstecktes mehr zwischen den Zeilen. Im Gegenteil, es wird gelobt. Wie das Beispiel Löw zeigt. Der Bundestrainer über den "geläuterten" Kapitän: "Das Auftreten von Michael Ballack ist vorbildlich. Er weiß, was von ihm erwartet wird, er setzt das auch hervorragend um. Und er hat eine enorme körperliche Fitness, auch seine Konzentrationsfähigkeiten sind sehr gut."

Löw weiß, dass viel im deutschen Spiel von Michael Ballack abhängt, der Chelsea-Profi ist mit 32 Jahren und 90 Länderspielen der einzige erfahrene Spieler, der dem DFB-Team noch verblieben ist. Und auch die Mitspieler wissen das. In jüngster Vergangenheit gab es öffentlich Lob, aber auch etwas Kritik von den Kollegen in Richtung Kapitän. Der hatte sich, vornehmlich 2008, oft sehr harsch verbal über die eine oder andere Unzulänglichkeit während des Spiels ausgelassen. Herbe Worte teilweise, die nicht alle verkrafteten. Nun aber heißt es aus dem Team, Ballack habe sich zurückgenommen.

Ein Thema, das Ballack nicht besonders gern hat. "Zurückgenommen? Das entspricht ja nicht dem, was ein Spieler tun sollte. Er soll sich ja gerade nicht zurücknehmen. Wir brauchen Spieler, die Verantwortung übernehmen, die Leistung bringen, die vorangehen. Ich bin Kapitän, ich versuche immer, vorneweg zu gehen und Zeichen zu setzen."

Deshalb versteht Ballack auch nicht die Kritik von Miroslav Klose, der von Ballack gefordert hatte, nicht nur außerhalb, sondern auch auf dem Platz seiner Rolle als Kapitän wieder mehr gerecht zu werden: "Mit dieser Aussage kann ich wenig anfangen. Ich weiß nicht, was er damit bezwecken wollte."

Ganz leicht gereizt fährt er fort: "Ich bin jetzt lange genug dabei, ich habe Erfahrung im Umgang mit den Spielern. Natürlich fragt man sich, was noch zu verbessern ist, wo sind eventuell Sensibilitäten im Team, der eine oder andere Spieler will vielleicht auch anders behandelt werden? Vom Trainer, von den Medien, von den Mitspielern? Da gibt es immer auch Eitelkeiten oder Dinge, die einigen nicht passen. Aber insgesamt wissen wir, was wir wollen."

Dass er sich keineswegs als Fremdkörper oder als Exot in der Nationalmannschaft ansieht, unterstreicht der Wahl-Engländer mit folgender Aussage: "Ich fühle mich hervorragend in diesem Kreis. Das war eigentlich immer so, denn egal in welcher Phase oder in welchem Alter ich war, es gab immer Themen und Diskussionen, ich kann damit ganz gut umgehen. Dass es immer gewisse Themen drumherum gibt, ist Teil unseres Jobs und gehört dazu."

Deshalb war es fast auch normal, dass es erneut einen Angriff aus der Bundesliga in Richtung Bundestrainer gab. In "Bild" kritisierte Bayern-Manager Uli Hoeneß die Nationalmannschafts-Führung, warf ihr vor, eine Kluft zwischen Liga und DFB-Team geschaffen zu haben.

Joachim Löw reagierte recht unwirsch auf den neuerlich entfachten Konflikt: "Dass es eine Kluft gibt, ist ja völlig verkehrt. Das so einzuschätzen, ist ja fast schon. . ." Wahrscheinlich wollte er etwas wie Rufschädigung, Ahnungslosigkeit oder Lüge sagen. Der Bundestrainer suchte, kurz vor dem Explodieren stehend, nach den richtigen Worten, beließ es aber dabei. Nachdem er innerhalb der Mannschaft mit Ballack seinen Frieden geschlossen hat, wollte Löw offensichtlich nicht schon wieder eine neue Front aufbauen.


Im deutschen Tor wird gegen Liechtenstein Robert Enke stehen, teilte Löw mit. Rene Adlers Ellenbogen-Verletzung ist noch nicht verheilt.