Seit drei Wochen und noch bis zum 15. März bereitet sich Schwergewichts-Boxweltmeister Vitali Klitschko (37, Ukraine) im Fünfsternehotel in Kitzbühel auf den Kampf mit Juan Carlos Gomez vor. Nun stellt er sich im Abendblatt-Interview. inKitzbühel/s/#g“>Hier die Bilder aus Klitschkos Trainingsquartier.

Going. Seit drei Wochen und noch bis zum 15. März bereitet sich Schwergewichts-Boxweltmeister Vitali Klitschko (37, Ukraine) im Fünfsternehotel "Stanglwirt" in Österreich auf die Pflichtverteidigung seines WBC-WM-Titels am 21. März gegen den Kubaner Juan Carlos Gomez (35) aus dem Hamburger Arena-Stall vor. Das Abendblatt traf im Camp auf einen gelöst wirkenden Champion.


Abendblatt:

Herr Klitschko, Trainingslager sind meist mit extrem harter Arbeit verbunden. Wie kommt es, dass Sie trotzdem so gut gelaunt sind?

Vitali Klitschko:

Als ich zehn Jahre alt war, hat meine Oma zu mir gesagt: 'Das Leben ist kurz, genieße jeden Moment!' Damals dachte ich, sie hat einen Dachschaden. Aber jetzt weiß ich, was sie meinte. Ich fühle mich wie 16, aber wenn ich in den Spiegel blicke, sehe ich graue Haare. Und wenn ich meine Kinder betrachte, merke ich, dass ich ein alter Mann bin. Also versuche ich, jeden Moment meines Lebens zu genießen, auch wenn ich dabei hart arbeiten muss. Arbeit ist nötig, wenn man Erfolg haben will, und ohne Erfolg hat man keinen Spaß.



Abendblatt:

Sie sind 37 Jahre alt, hatten wegen chronischer Verletzungen 2005 Ihre Karriere beendet und sind im Oktober 2008 doch noch einmal Weltmeister geworden. Wie steckt Ihr Körper die Belastungen des Camps weg?

Klitschko:

Für mich ist ein Trainingslager wie ein Sanatorium. Ich esse und schlafe viel besser, als ich es in der kampffreien Zeit in meinem Job als Politiker in meiner Heimatstadt Kiew tue. Deshalb war die Rückkehr für mich eine Wohltat.



Abendblatt:

Viele Experten erwarten nach Ihrer überragenden Vorstellung gegen Samuel Peter im Oktober nun auch gegen Gomez einen K.-o.-Sieg. Ist dieser Druck ein Problem für Sie?

Klitschko:

Von einem Klitschko wird immer ein K.o. erwartet. Wenn die Chance kommt, werde ich sie nutzen. Aber es kann genauso gut sein, dass der Kampf über zwölf Runden geht und langweilig wird, weil Gomez nicht offensiv boxt. Deshalb warne ich davor, zu viel zu erwarten.



Abendblatt:

Sie kennen Gomez aus gemeinsamen Zeiten beim Hamburger Universum-Stall. Was zeichnet ihn aus?

Klitschko:

Er ist ein sehr guter Techniker und hat einen hervorragenden Kampfrekord. Ich werde ihn eher überschätzen, um auf alles vorbereitet zu sein.



Abendblatt:

Sie gelten als Meister der psychologischen Kriegsführung, haben Gomez zuletzt als guten Freund bezeichnet. Ist das Ihre Masche, ihn einzulullen und in Sicherheit zu wiegen?

Klitschko:

Gar nicht, ich mag ihn wirklich sehr, wir hatten früher viel Spaß zusammen. Er ist ein Mensch, der das Leben genießt und liebt. Es tut mir weh, dass ich einen Kumpel wie ihn verprügeln muss. Aber ich will beweisen, dass ich besser bin als er.



Abendblatt:

Es heißt, Sie hätten das früher schon im Sparring bewiesen. Erinnern Sie sich?

Klitschko:

Natürlich, das war 1997, da haben wir das erste und einzige Mal miteinander Sparring gemacht. Das musste abgebrochen werden, nachdem Gomez nach einem Leberhaken auf die Knie gegangen war. Ich weiß, dass er es anders erinnert, aber so war es.



Abendblatt:

Bei der ersten Pressekonferenz in Stuttgart haben Sie Gomez den Schweiß von der Stirn gewischt...

Klitschko:

Das war nicht böse gemeint. Er hatte nur einen so schönen Anzug an, und da wollte ich nicht, dass ihm der Schweiß drauftropft. Ich habe nichts gegen Juan. Ich freue mich, dass er durch den Kampf Geld verdienen kann. Dann kann er wenigstens die Alimente für seine Tochter Delia bezahlen, die die Enkelin meines Trainers Fritz Sdunek ist.



Abendblatt:

Gomez ist Ihr Pflichtherausforderer, Sie würden jedoch viel lieber gegen Gegner boxen, die auf der ganzen Welt bekannt sind. Wäre es da nicht einfacher, den WM-Titel niederzulegen?

Klitschko:

Jein. Einerseits ist mir mein Titel wichtig, denn das Ziel meines Bruders Wladimir und mir ist, alle vier Titel in der Familie zu haben. Der der WBA fehlt uns noch, und ich will nicht freiwillig auf die Erfüllung des Traums verzichten. Andererseits werde ich nicht hinnehmen, Pflichtverteidigungen gegen Gurken zu machen, die niemand sehen will.



Abendblatt:

Deshalb klagen Sie vor dem Internationalen Sportgerichtshof auch gegen das WBC, das Ihnen vorschreiben will, nach einem Sieg gegen Gomez den Russen Oleg Maskaev zu boxen. Lenken Sie diese Nebenschauplätze nicht ab?

Klitschko:

Nein, ich kann das trennen. Ich werde aber Maskaev, der in seinem vorletzten Kampf gegen Samuel Peter durch K.o. verloren hat, nicht als Gegner akzeptieren. Niemand will das sehen. Wenn Maskaev sich mit mir messen will, darf er zum Sparring hier nach Going kommen. Der Kampf wäre schnell beendet.



Abendblatt:

Von welchem Kampf träumen Sie denn nach Gomez?

Klitschko:

Ich will gegen den russischen Riesen Nikolay Valuev antreten, und ich bin mir sicher, dass das bis Jahresende passieren wird.