Der Ukrainer Vitali Klitschko bereitet sich akribisch auf seinen WM-Kampf gegen Juan Carlos Gomez vor und hat sich dafür die bekannten Sparringspartner ins Trainingslager nach Österreich kommen lassen. Das viele Lob für seine Form blendet Trainer Fritz Sdunek nicht: “Wir dürfen uns nicht einlullen lassen!“ inKitzbühel/s/#g“>Hier die Bilder aus Klitschkos Trainingsquartier.

Kitzbühel. Haben Sie sich schon immer gefragt, was aus dem Popsänger Haddaway, der die Welt mit Hits wie "What is love" beglückte, geworden ist? Hier ist die Antwort: Er ist Ringsprecher im Trainingslager von Vitali Klitschko! Als der ukrainische Schwergewichts-Boxweltmeister am Dienstagnachmittag zum Sparring in das Seilgeviert kletterte, wurde er zur Belustigung der rund 20 Kiebitze von Haddaway in bester Michael-Buffer-Manier angekündigt. Der Barde, der begeisterter Wintersportler ist und deshalb in Kitzbühel lebt, war Gast im Fünfsternehotel "Stanglwirt" in Going am Wilden Kaiser, wo Klitschko seit Mitte Februar sein Trainingslager vor der Verteidigung seines WBC-WM-Titels am 21. März in Stuttgart gegen den Kubaner Juan Carlos Gomez (35) aus dem Hamburger Arena-Stall aufgeschlagen hat. Und weil er selbst auch Hobby-Kickboxer ist, freute sich Haddaway, mal einem Profi beim Sparring zuschauen zu können.

Dass sich dieses Zuschauen sogar doppelt lohnt in diesen Tagen, liegt auch daran, dass Klitschko, der zum vierten Mal in Tirol trainiert, hochkarätige Sparringspartner verpflichtet hat. Neben US-Talent Nathaniel James darf sich der 37-Jährige mit Exweltmeister Chris Byrd und WM-Herausforderer Tony Thompson herumschlagen. Sie alle sind Rechtsausleger und können deshalb auf ihre Art Gomez, der ebenfalls Linkshänder ist, perfekt imitieren. "Die Auswahl der Sparringspartner zeigt, wie ernst wir Gomez nehmen", sagt Trainer Fritz Sdunek. Während der fast zwei Meter große Thompson durch seine körperliche Präsenz Klitschko zusetzt, besticht Byrd durch seine Schnelligkeit. Ein ums andere Mal bringt er seinen Jab über Klitschkos hängende Linke ins Ziel, kassiert jedoch prompt einen Konter mit dem Doppeljab und der nachgezogenen rechten Schlaghand. Das beweist: Klitschko hat von der Form, in der er sich im Oktober bei seinem Sieg über Samuel Peter befand, nichts eingebüßt.

"Es ist wirklich unglaublich, wie schnell Vitali ist und wie gut er sich bewegt. Man muss schon extrem hart arbeiten, um überhaupt in seine Nähe zu kommen", sagt Byrd. Der Klitschko von heute sei nicht mehr mit dem zu vergleichen, gegen den er im April 2000 gewann, als Klitschko wegen einer schweren Schulterverletzung aufgeben musste. "Er boxt heute viel cleverer, benutzt seine Reichweite und wirkt viel präsenter", so der US-Amerikaner, der nach drei Niederlagen aus den letzten vier Kämpfen nun im Cruisergewicht sein Glück versucht.

Thompson, der im Juli 2008 gegen Wladimir verlor und in Stuttgart im Vorprogramm kämpft, sieht Klitschkos Vorteile ebenfalls in der körperlichen Dominanz. "Er hat eine großartige Beinarbeit, tritt einem ständig auf den Fuß und bringt dich damit aus der Kontrolle. Er ist unheimlich clever und schlägt sehr hart", sagt er. Den Vergleich mit Wladimir scheut Thompson, "weil sie beide völlig unterschiedliche Stile boxen", dennoch ist er sich mit Byrd einig: "Vitali ist unbequemer zu boxen!" Gomez geben beide nur eine kleine Außenseiterchance. "Er kann nur durch Lucky Punch gewinnen, und da er kein großer Puncher ist, wird er verlieren", sagt Thompson, und Byrd ergänzt: "Wenn Vitali mit meiner Schnelligkeit so gut klarkommt, wie er es im Training tut, dann wird er mit Gomez kein Problem haben."

Trainerfuchs Sdunek weiß, dass sein Schützling und er sich von derlei Lob nicht einlullen lassen dürfen. Der Coach, der von seinem Hauptarbeitgeber Universum für das Camp in Österreich freigestellt wurde, freut sich über die Lockerheit, mit der Klitschko die Arbeit angeht. Allerdings täuschten Aktionen wie die mit Haddaway darüber hinweg, dass der Champion extrem fokussiert auf den Kampf hinarbeite. "Vitali ist sehr selbstkritisch. Er will nie hören, wenn er etwas gut gemacht hat, sondern nur, was er verbessern kann", sagt er.

Jeden Morgen arbeitet das Duo, unterstützt von Physiotherapeut Matthias Braunger, an Athletik und Kondition; entweder auf dem Fahrrad-Ergometer oder im Schwimmbad. Dreimal die Woche muss Klitschko dabei zwölfmal 100 Meter mit je einer Minute Pause zwischendrin absolvieren. Zuletzt schwamm er die 100 Meter in 25-Meter-Wechseln zwischen Brust- und Kraulstil unter zwei Minuten. "Auch sonst sind seine Werte alle top. Ich habe das Gefühl, dass Vitali noch einmal besser geworden ist", sagt Sdunek. Nachmittags stehen boxspezifische Einheiten mit Erwärmung, Schattenboxen und Sparring an. Nur Mittwoch- und Sonnabendnachmittag und sonntags ist frei. "Vitali zieht bei allen Einheiten vorbildlich mit", sagt Sdunek.

Vor allem aber habe der dreifache Vater, der sich nach getaner Arbeit um seine politischen Engagements in der Heimat kümmert, durch sein erfolgreiches Comeback gegen Peter nach vier Jahren Ringpause eine neue Lockerheit gewonnen. "Er arbeitet jetzt viel zielgerichteter und selbstständiger, weiß genau, was ihm gut tut, aber vor allem hat er Spaß dabei, weil er weiß, dass er es nur noch für sich tut", sagt der Coach.

Dieser Spaß ist Klitschko tatsächlich anzusehen. "Fit und geimpft" steht auf seinem schwarzen T-Shirt, es ist der Werbeslogan seines neuen Sponsors Sanofi, einem Unternehmen aus der Pharmabranche, das Impfstoffe herstellt und das anstelle von Hugo Boss die Klitschkos und ihre Teams ausstattet. Fit sieht er aus, der Zweimeterhüne, und das mit der Impfung solle man im Zeitalter des Dopings nicht missverstehen, bittet Manager Bernd Bönte. Dann ergreift Vitali Klitschko das Wort, bedankt sich für das Interesse der Zuschauer und verabschiedet sich. Haddaway klatscht Applaus. Sagen muss er nichts mehr. Die Einheit hat für sich selbst gesprochen.