Die UHC-Hockeydamen verpassen trotz deutlicher Überlegenheit gegen Rot-Weiß-Köln die Verteidigung ihres Feldmeistertitels.

Berlin. Es lief die 48. Spielminute eines denkwürdigen Endspiels um die deutsche Feldhockey-Meisterschaft der Damen, als Bundestrainer Michael Behrmann ein komisches Gefühl beschlich. Gerade hatte Stefanie Schneider das 1:0 für Rot-Weiß Köln erzielt und damit die vorangegangenen 47 Minuten ad absurdum geführt. "In dem Moment ahnte ich, dass wir eine Kopie des Champions-League-Endspiels zwischen Bayern und Chelsea London erleben würden, mit dem Unterschied, dass Köln noch krasser unterlegen war als Chelsea", sagte Behrmann.

Seine Ahnung sollte nicht trügen. Obwohl sie auch die anschließenden 22 Minuten das Tor des Gegners bestürmten, wollte den Damen des Uhlenhorster HC der Ausgleich nicht mehr gelingen. Und so brach das Team von Kais Al Saadi nach dem Schlusspfiff kollektiv in Tränen der Enttäuschung, Wut und Trauer aus, anstatt die Freudentränen zu vergießen, die fast jeder erwartet hatte angesichts einer Hauptrunde, die die Hamburgerinnen eindrucksvoll dominiert hatten. Und spätestens nach dem 3:2-Sieg im Halbfinale am Sonnabend gegen Endrundengastgeber Berliner HC schien dem Topfavoriten die Titelverteidigung nicht zu nehmen.

Doch an Tagen wie dem gestrigen hätte auch die von den Toten Hosen in ihrer neuen Single besungene Unendlichkeit nichts geholfen, denn der Sonntag war für den UHC einer dieser Tage, an denen Sportler spielen können, so lange sie wollen, ohne Erfolg zu haben, weil sich alles gegen sie wendet. Natürlich mussten sich die Rot-Blauen vorwerfen, keine ihrer neun Strafecken genutzt zu haben, selbstverständlich wäre bei nur halbwegs konsequenter Verwertung der herausgespielten Torchancen ein halbes Dutzend Treffer möglich gewesen. Aber es passte ins Bild, dass die schwachen Schiedsrichterinnen Michelle Meister und Sandra Wagner zwei regelkonformen Toren, die der UHC nach dem Rückstand erzielte, die Anerkennung versagten.

Damen vom Uhlenhorster HC im Finale - Herren verlieren

Beim ersten sahen sie Spielführerin Janne Müller-Wieland bei deren fulminantem Fernschuss in den Winkel außerhalb des Schusskreises, beim zweiten pfiffen sie Eileen Hoffmann den Vorteil weg, als diese am langen Pfosten einschoss, und gaben statt Tor Freischlag für den UHC. Trainer Al Saadi, der als Erstes alle seine Mädels einzeln tröstete und dann artig dem jubelnden Gegner gratulierte, fand deshalb auch drastische Worte für das Erlebte: "Natürlich kann ich den Mädels vorwerfen, dass sie ihre Chancen nicht gut genutzt haben. Aber wir sind hier eindeutig betrogen worden", sagte er.

Tatsächlich hatte seine Mannschaft über 70 Minuten lang den Gegner beherrscht, hatte mit dauerhaftem Pressing und sehenswerten Kombinationen Druck aufgebaut. Die Kölner, die im Halbfinale durch einen verdienten 2:1-Sieg über den Club an der Alster ein Hamburger Endspiel verhindert hatten, verteidigten geschickt, Offensivaktionen trauten sie sich jedoch nicht zu. UHC-Nationaltorhüterin Yvonne Frank hätte den Nachmittag auch zu einem Spaziergang im angrenzenden Grunewald nutzen können, ohne dass es aufgefallen wäre. "Umso mehr schmerzt diese Niederlage, denn es interessiert niemanden mehr, ob Köln verdient Meister geworden ist. Nach dem Gegentor wusste ich, dass es nicht unser Tag werden würde", sagte Frank.

Die Frage, was die Mannschaft aus der Pleite wird lernen können, ist schnell beantwortet: nichts. Dass sie Enttäuschungen verarbeiten kann, hat sie in Berlin bewiesen. Das Auftreten nur eine Woche nach dem bitteren Halbfinalaus im Europapokal war, besonders im Finale, bemerkenswert. Dass sie ihre Ecken konsequenter nutzen müssen, wissen die "Uhlen" nicht erst seit gestern. 79 Tore in 22 Hauptrundenspielen unterstreichen, dass sie in puncto Zielstrebigkeit grundsätzlich in der Spur sind. "Ich denke, dass wir uns einfach sagen müssen, dass es solche Tage gibt", sagte Janne Müller-Wieland. "Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass wir uns einige der 79 Tore fürs Finale aufgespart hätten, aber jetzt werden wir umso heißer in die neue Saison gehen", versprach sie.

Personelle Veränderungen im Team gibt es keine, sodass Al Saadi, der sich gestern weder mit der Qualifikation für den Europapokal noch mit der Auszeichnung für Jennifer Plass als beste Spielerin trösten konnte, im September mit neuer Motivation angreifen wird. Allerdings werde es, so Janne Müller-Wieland, einige Zeit dauern, bis die Wunden des 3. Juni vernarbt sind. "So etwas muss man erst einmal verarbeiten." Diese "Trauerarbeit" muss Bundestrainer Behrmann verrichten, der morgen mit acht UHC-Spielerinnen zum Olympischen Testturnier nach London aufbricht. Sorgen macht er sich jedoch keine: "Manchmal ist es das Beste, gleich die nächste Herausforderung anzunehmen, um das, was war, zu vergessen", sagt er. Nach vierten Plätzen bei Olympia 2008 und WM 2010 weiß Behrmann genau, wovon er spricht.