Sportgespräch mit den Hockey-Kapitänen Moritz Fürste (UHC) und Jonathan Fröschle (Alster) über die Rivalität ihrer Klubs vor dem Viertelfinal-Duell.

Hamburg. Sie sind auf dem Hockeyfeld Konkurrenten, im Alltag jedoch können Moritz Fürste, 25, und Jonathan Fröschle, 23, sehr entspannt miteinander plaudern. An diesem Sonntag (14 Uhr, Am Pfeilshof) muss Fürste mit dem Uhlenhorster HC bei Fröschles Club an der Alster zum ersten Spiel der Best-of-three-Viertelfinalserie um die deutsche Feldmeisterschaft antreten. Für das Abendblatt trafen sich die beiden Spielführer zu einem Gespräch über ihre Vereine, den Reiz von Lokalderbys und die Rolle des Hockeysports in der Zuschauergunst.

70 Minuten, die Dauer eines Hockeyspiels, gaben sie im Gespräch bei Wiener Schnitzel mit Spargel und Mineralwasser Vollgas.

Abendblatt:

Herr Fürste, Herr Fröschle, was war Ihr erster Gedanke, als Sie hörten, dass im Viertelfinale der Lokalrivale als Gegner wartet?

Fröschle:

Ich hätte lieber gegen Berlin gespielt, weil der UHC derzeit eins der besten Teams Europas ist. Außerdem finde ich es schade, dass so auf jeden Fall ein Hamburger Team ausscheidet.

Fürste:

Ich habe mich sehr gefreut, denn damit entfällt eine Auswärtsreise. Spielerisch hätte es sicherlich leichtere Aufgaben gegeben als Alster, aber im Viertelfinale einer deutschen Meisterschaft kann man sich das nicht aussuchen.

Worin liegt für Sie persönlich der Reiz von Lokalderbys?

Fröschle:

Natürlich in der Kulisse, dem Ambiente, den Emotionen. Spiele gegen den UHC sind meist eng und spannend. Und Siege sind dann süßer als alle anderen Siege.

Fürste:

Es ist doch klar, dass jeder die Nummer eins in der Stadt sein möchte. Wir haben alle das Ziel, Meister zu werden, und wenn man dann nicht mal in der eigenen Stadt das beste Team ist, dann ist der Weg zum Titel umso weiter. Und natürlich geht es auch mir so, dass ich Siege gegen Alster anders feiere als Siege gegen Nürnberg.

Unter Fans gehen die Emotionen bei Lokalderbys oft bis zum Hass, was vielleicht im Hockey nicht so verbreitet ist wie im Fußball. Aber wie ist es bei den Sportlern selbst? Gibt es Spieler, die den jeweiligen Lokalrivalen hassen?

Fröschle:

Hass ist bei uns nicht im Spiel. Aber es gibt sehr wohl Spieler, die es nicht ertragen können, gegen den UHC zu verlieren.

Fürste:

Das gibt es bei uns mit Alster auch. Aber ich versuche immer, auf diese Spieler einzuwirken, dass sie vor den Derbys die Klappe halten. Ich mag keine platten Parolen, um Stimmung anzuheizen. Damit liefert man nur dem Gegner unnötige Motivationshilfe.

Man hat das Gefühl, dass Ihre Generation da anders tickt als frühere. Da hat man oftmals das Gefühl gehabt, dass auf dem Platz eine sehr aggressive Stimmung herrschte.

Fröschle:

Das gibt es heute doch noch genauso. Auf dem Platz muss das auch so sein. Aber ich denke, wir gehen außerhalb der 70 Minuten respektvoller miteinander um.

Was Sie öffentlich sagen, ist eine Sache. Die andere ist, was intern vor Spielen gesprochen wird. Wäre das auch druckreif?

Fürste:

Nein, natürlich nicht. Da wird, sei es in der Kabine oder im Kreis vor dem Spiel, Klartext gesprochen. Da wird der Gegner dann auch beschimpft, man puscht sich hoch, um die nötige Spannung zu erreichen. Auch im Training fallen vor Spielen gegen Alster schon mal Sätze, die deren Spieler verunglimpfen. Aber das gehört dazu.

Fröschle:

Das ist richtig, auch bei uns hat man in dieser Woche gespürt, dass alle sich unheimlich freuen auf das Duell und dass alle heißer sind als normal.

Sie, Herr Fürste, teilen sich eine WG mit den Alster-Spielern Benedikt Sperling und Alessio Ress. Haben Sie in den vergangenen Tagen noch ein anderes Gesprächsthema als das Derby gehabt?

Fürste:

Wir haben darüber gar nicht gesprochen. Die sportliche Rivalität bei uns ist sehr hoch, ich habe zuletzt immer direkt gegen einen der beiden gespielt. Niemand wollte sich aus der Reserve locken lassen, deshalb spielte das Duell gar keine Rolle zwischen uns.

Welche Rolle spielen die Trainer? Bremser oder Brandstifter?

Fürste:

Unser Trainer Martin Schultze ist kein Parolenmensch. Ich denke, beide Coachs versuchen, die Bedeutung des Spiels öffentlich herunterzuspielen, um Feuer herauszunehmen. Aber im Inneren brennt dieses Feuer umso mehr, weil auch sie beweisen wollen, dass sie Hamburgs Nummer eins sind.

Fröschle:

Bei unserem Trainer Jo Mahn ist das anders, er ist ein Motivator, der deutlich zu verstehen gibt, dass es ein wichtiges Spiel für ihn ist. Man merkt ihm an, dass es jetzt um alles geht.

Gibt es etwas, was Sie vom Lokalrivalen gern hätten?

Fröschle:

Deren Erfolg in der Euro Hockey League, den hätten wir auch gern. Und ich bewundere deren Nachwuchskonzept, dass sie immer wieder junge Spieler aus den eigenen Reihen in die erste Mannschaft einbauen können.

Fürste:

Ich hätte gern deren vereinseigenes Schwimmbad. Darauf bin ich neidisch. Und was ich immer vorbildlich fand, war die Professionalität, mit der im Umfeld in der Sponsorenakquise gearbeitet wurde. Das haben wir uns zum Vorbild genommen.

Und was mögen Sie gar nicht am jeweils anderen Klub?

Fröschle:

Mich nervt es, dass die ihre Siege immer so intensiv feiern. Da würde ich mir ein wenig mehr Respekt vor dem Unterlegenen wünschen.

Fürste:

Und mich stört an Alster der Trend, vermehrt auf externe Verstärkungen zu setzen und den Fokus auf Spieler zu legen, die ihren Zenit schon überschritten hatten.

Wäre es für Sie, Herr Fürste, denkbar, für Alster zu spielen?

Fürste:

Für mich wäre ein Wechsel grundsätzlich nicht vorstellbar, es sei denn, der UHC würde absteigen oder ich würde mich mit dem Verein komplett überwerfen. Aber ob ich dann innerhalb Hamburgs wechseln würde, weiß ich auch nicht.

Man hat aber das Gefühl, dass das Tabu des Vereinswechsels innerhalb Hamburgs in den vergangenen Jahren aufgeweicht wurde. Sie, Herr Fröschle, sind zum Beispiel vom Harvestehuder THC zu Alster gewechselt.

Fröschle:

Das stimmt, aber bei mir waren es Probleme mit dem Klub, die dazu geführt haben. Grundsätzlich glaube ich, dass es dieses Tabu immer noch gibt. Einen Spieler vom UHC aus sportlichen Gründen zu Alster zu locken, das halte ich noch immer für aussichtslos, und umgekehrt genauso.

Fragen Sie sich manchmal, warum Hockey in der Zuschauergunst noch immer ein Schattendasein fristet?

Fürste:

Eigentlich nicht, wir haben uns daran gewöhnt. Es ist ein Teufelskreis: Weil die Medien, allen voran das Fernsehen, so wenig Interesse an Hockey zeigen, haben wir keine Sponsoren, und deshalb sind unsere Spiele auch nicht populär. Meine Hoffnung bleibt aber, dass sich ein Unternehmen die vergleichsweise günstigen Rechte an einem Produkt mit einer so interessanten Zielgruppe und so vielen Erfolgen wie dem Hockey sichert und den Einstieg in ein bundesweites TV-Format finanziert. Nur so könnte der Teufelskreis durchbrochen werden.

Sie haben jetzt die Chance, mit einem Satz dafür zu werben, warum Sportfans am Sonntag zu Ihrem Duell kommen müssen.

Fröschle:

Weil es für das Hamburger Hockey das spannendste und wichtigste Spiel der bisherigen Saison ist.

Fürste:

Da St. Pauli bereits aufgestiegen ist, gibt es am Wochenende in Hamburg kein spannenderes Sportevent. Die Alternative kann deshalb nur ein Besuch beim Hockey sein.