Wer einmal auf der Halbinsel Urlaub gemacht hat, muss aufpassen - er könnte sich mit dem Eiderstedt-Virus infiziert haben

Der Anblick war unvergesslich: In einer warmen Sommernacht erklommen wir den Deich, liefen über die Wiesen, sprangen über Priele - zwei Teenager, die nur vom weiten Himmel mit seinem blinkenden Sternenkleid, dem tiefschwarzen Meer, dem Duft der Wiesenblumen und dem feuchten Sandboden umgeben waren. Und dann auf einmal befanden wir uns mitten in einem blinkenden Glitzerfeld als hätten sich tausende Glühwürmchen rund um uns niedergelassen. Der Eindruck war magisch, atemberaubend, unbeschreiblich schön. Dass die Natur solch Wunder vollbringen konnte hier oben in Eiderstedt das hatte sich für immer in uns eingebrannt. Viel später erfuhr ich erst, was die nüchterne Erklärung für dieses Phänomen sein könnte: Biolumineszenz. Chemische Rektionen setzen in Leuchtquallen und Einzellern Licht frei. Was auch immer es gewesen sein mag, der Zauber dieser illuminierten Nacht blieb erhalten.

Die Eiderstedter hatten mit Tönning einen wichtigen Hafenort. Das beschauliche Friedrichstadt konnte sich seiner besonderen Toleranz rühmen und zog daher viele Glaubensgemeinschaft an, die den Ort durch ihre vielfältigen Einflüsse besonders stimulierten.

Aber immer saß ihnen der "Blanke Hans" im Nacken, bedrohte die Küste und Dörfer. Im Laufe der Zeit hat sich die Form Eiderstedts mehrmals stark verändert. Alte Landkarten zeugen davon. Die Halbinsel ist ein Geschenk des Meeres, zunächst hatten sich kleine Geestinseln und Landrücken gebildet. Durch weitere Anschwemmungen formten sich schließlich die drei noch nicht zusammenhängenden Landzungen Eiderstedt, Everschop und Utholm, die mit der Zeit zusammenwuchsen. Die Sturmfluten holten sich immer wieder große Teile zurück. Das sagenumwobene Rungholt auf der Insel Strand versank bei der Mandränke 1326 in den Fluten, Husum wurde daraufhin zur Küstenstadt, der Untergang der einen, bedeutete den Aufstieg der anderen Stadt.

Besonderheit: Haubarg Sie sehen aus wie riesige Dächer, die in der Landschaft stehen. Typisch für Eiderstedt, wurden vom 16.17. Jh. entwickelt. Die Häuser wurden mit den riesigen Dächern konzipiert, weil darunter so viel Platz finden musste. Denn neben den Familien, wurden Vieh, Vorräte und Wagen untergebracht. Einige Haubargen waren so groß, dass die hochbeladenen Heuwagen in Gänze in die Eingangshalle fahren konnten. Den Kern der Konstruktion bildete den Vierkant, vier Ständer (gelegentlich auch 6 oder 8) auf denen die Dachbalken ruhten. An drei Hauswänden reicht das Reetdach weit hinunter, berührt fast die Erde. Die vierte Seite bildete die Einfahrt. Viele Haubargen wurden von Buten-Eiderstedtern gekauft: Die Nicht-Heimischen Besitzer verfügen häufig über größere Barmittel, denn ein so riesiges Dach neu zu decken, kostet ein kleines Vermögen: ungefähr 200.000 Euro.