Das Hamburger Abendblatt stellt zehn Wochenmärkte im Kreis Stormarn auf den Prüfstand. Ist die Auswahl groß genug? Wie ist die Atmosphäre? Auch der Dehoga-Kreisvorsitzende Axel Strehl bewertet mit.

Bargteheide. Auf dem Bargteheider Wochenmarkt kann man schon mal einen Satz fürs Leben hören. Zum Beispiel den hier: "Eierkauf ist Vertrauenssache." Jutta Schülke lässt keinen Zweifel aufkommen. "Ich kaufe die nur an diesem Stand", sagt die 56-Jährige. "Da kann ich sicher sein, dass die Hühner gut gehalten werden und keinen Mist futtern." Das Lob gilt dem Eiermann Ralf Stoffers. Ein Blick auf seine Ware macht klar, warum. Hier werden alle Wünsche erfüllt. Selbst die, von denen man noch gar nicht wusste, dass man sie haben könnte.

Es gibt Eier aus Bodenhaltung, es gibt Eier aus Freilandhaltung, es gibt Bio-Qualität. Und es gibt sogar Eier von Junghennen. "Na ja, die fangen auch mal an", sagt eine andere Kundin, die über das Stadium hinaus ist, sich über diese Auswahl der Extraklasse zu wundern. Die Eier der Junghennen gehören logischerweise zur S-Liga - S wie small, also klein. Für zwölf Cent sind sie zu haben. Es gibt natürlich auch Eier in M und L. Und bei der Bodenhaltung kommen auch XL-Eier raus. Für 22 Cent packt Stoffers sie in den Zehner-Karton. "Ich kann auch elf rein tun. Dann allerdings ein Ei ohne Schale. Sonst passt es nicht." Mal wieder typisch "Ralle", wie die Kunden ihren Mann des Vertrauens nennen.

XL ist für Eier groß. Der Bargteheider Wochenmarkt selbst ist nicht groß, er ist ganz groß. Für Sven Fümel mindestens XXL. "Was den Umsatz pro Händler betrifft, ist unser Markt einer der größten in Schleswig-Holstein", sagt der Imbiss-Besitzer, der zugleich der Marktbetreiber ist. "Wir haben 36 Stände. Und ich könnte noch mehr nehmen", sagt Fümel. "Rund zehn Händler sind in der Warteschleife."

Platz ist eigentlich ausreichend vorhanden. 1245 Quadratmeter sind eine Menge. Dennoch sind die Chancen derjenigen schlecht, die rein wollen. Denn diejenigen, die drin sind, wollen nicht raus. "Wir haben nur ganz selten einen Wechsel. Die Händler sind eben alle zufrieden", sagt Fümel. Und wenn doch einer aufhört, sorge er für Qualität, für ein besonderes Angebot und vor allem dafür, dass es schnell geht. "So entstehen keine Lücken. Und das ist wichtig." Dass die Kunden strömen, hänge aber auch mit den Zeiten zusammen. "Die Märkte werden zu 90 Prozent am Vormittag aufgebaut. Wir verkaufen Freitagnachmittag. Das ist günstig", sagt der Marktbetreiber. "Dann haben auch junge Familien, in denen beide arbeiten müssen, Zeit für einen Marktbummel. Davon profitieren wir."

Das allein kann es nicht sein. Ist es auch nicht, sagt Dietmar Fleischmann, Mitarbeiter im Ordnungsamt der Stadt. "Früher hat die Stadt den Markt betrieben. Aber das war ein Verlustgeschäft", sagt Fleischmann. Seit 17 Jahren hat Bargteheide die Fläche verpachtet. Und alles läuft bestens. "Das nenne ich bürgernahe Verwaltung", sagt der Rathausmitarbeiter. "Die Händler sind professionell. Und trotzdem stimmt die Atmosphäre. Die Leute reden miteinander."

Miteinander reden? Eine Bargteheiderin hört das und schüttelt mit dem Kopf. "Ich gehe nur auf den Markt, wenn ich Zeit habe. Ich sabbele mich hier regelmäßig fest", sagt sie. Sie ist mit dem Rad gekommen und bummelt mit ihrer Fahrradtasche über den Markt. "Ich kaufe Kartoffeln oder auch mal ein Suppenhuhn", sagt sie. "Aber jetzt ist Kürbiszeit. Und ich bin Kürbisfan."

Fünf Gemüsestände stehen auf dem Bargteheider Wochenmarkt. Das sollte reichen, um ein Prachtexemplar von Kürbis zu finden. Für Geflügel kann die Bargteheiderin zwei Stände ansteuern, so wie fast alle Angebote auf dem Markt doppelt vorhanden sind. Aber auch hinter den Auslagen gibt es Doppelbesetzungen - beruflicher Natur.

"Ich bin eigentlich Tierärztin", sagt Mareike Hollerbach, die Käse und Brot verkauft und nicht die einzige Akademikerin ist, die statt im Büro oder in der Praxis mit Schürze im Freien steht. "Der Gemüsehändler dahinten ist Bau-Biologe", sagt sie. Und es gibt noch mehr Händler mit doppeltem beruflichem Boden. Mira Deike aus Hamburg verkauft selbst genähte Kinderkleidung und ist gelernte Landwirtin und Gärtnerin. Und Kartoffelmann Jan Stoffers ist Gas-und Wasserinstallateur.

Auch Petra Unger kommt aus einer ganz anderen Ecke. "Ich bin Ökonomin", sagt die 36-Jährige, die Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft studiert hat. Und als wenn das nicht genug wäre, ist sie auch noch Ernährungsberaterin und gibt Kochkurse und leitet einen Stammtisch für Veganer. Das passt allerdings perfekt zu ihrem Stand. Denn die Bargteheiderin verkauft Öle, Nüsse, Samen und Trockenfrüchte. Alles nett aufgereiht in einem gewöhnlichen Hänger. "Mein Mann hat mir Holzborde eingezogen", sagt Petra Unger, die nur die Plane hochschlagen muss. Und schon ist ihr Stand fertig aufgebaut.

Vitalkost - das hört sich höchst gesund und nicht unbedingt lecker an. Aber das täuscht. Es gibt Dattelkonfekt, karamellisierte Kakaobohnen, knackige Saat-Cracker und Goji-Beeren mit Mandeln, zu Herzchen ausgestochen. Das kommt an. Obwohl Petra Unger erst seit März in Bargteheide steht, hat sie schon Stammkunden. Eine ist Heike Wolff. Sie will heute Kokosöl kaufen. "Ich habe nur behalten, dass es gut fürs Gehirn ist", sagt die 48-Jährige und schmunzelt. Und während die Händlerin einen kostenlosen Vortrag über Öle hält, nascht sie vergnügt eine Dattel.

Gemüseverkäufer Thomas Groth aus Quickborn toppt das Berufsranking: Er ist Koch, Bäcker und Lebensmitteltechnologe und weiß Bescheid.. "Viele denken, wenn ein Kohlrabi welke Blätter hat, ist er nicht mehr gut. Das ist Unsinn", sagt der 45-Jährige. Manche Kunden kämen jede Woche und quakten. "Die wollen dann Ersatz haben. Aber das läuft nicht. Ich kenne meine Pappenheimer schon."

Ein Stück weiter hat Peter Stehr aus Jork seinen Obst- und Gemüsestand. Ein Fleischverächter ist der 49-Jährige deswegen nicht. "Ich hab' mir gerade eine geräucherte Hähnchenkeule gekauft." Vom Stand gegenüber, von Dieter Apel aus Hamburg. Als der sieht, dass der Händler-Kollege für die Zeitung fotografiert wird, ruft er: "Na, ne Aufnahme für den Playboy?" Seine Angestellte funkt dazwischen: "Wohl eher für die Apothekenrundschau." Die Kundinnen am Feinkoststand lachen. Apel: "So ein paar flotte Sprüche müssen sein. Im Supermarkt gibt es das nicht. Das gibt es nur auf dem Wochenmarkt."

Serienteile im Überblick: 13. August: Barsbüttel; 15. August: Großhansdorf; 17. August: Reinbek; 21. August: Glinde; 23. August: Reinfeld; 28. August: Bad Oldesloe; 29. August: Oststeinbek; 30. August: Trittau; 6. September: Bargteheide; 7. September: Ahrensburg

Alle Folgen der Wochenmarkt-Serie finden Sie auf www.abendblatt.de/stormarn-markt