Betreuungsanspruch ab 2013 sorgt für leergefegten Arbeitsmarkt. Stormarns Träger von Kitas klagen über Versäumnisse der Politik.

Ahrensburg. Patrick Schenkel hat genug. Kurzerhand kündigte er den Betreuungsplatz für seinen Sohn Lauren beim kirchlichen Kindergarten in Siek. "Ich habe keine Lust, ein weiteres Jahr voller Ungewissheit zu erleben", sagt er. Ab dem kommenden Kindergartenjahr wird der Fünfjährige in Hamburg betreut. Grund für Schenkels Entschluss: Der Mangel an Betreuern sowie ein reger Wechsel der Erzieher. Schenkel sagt: "Wegen des personellen Mangels wurde sogar überlegt, Gruppen zusammenzulegen. Teils waren zwei Zeitarbeitsfirmen aktiv, um zumindest zeitweise die Stellen zu besetzen."

"Wir suchen zum 6. August drei sozialpädagogische Assistenten und bekommen kaum Bewerbungen", sagt Claudia Barg, Leiterin des Kindergartens. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt führe zudem zu einer höheren Fluktuation unter den Mitarbeitern. "Einige nehmen eine Stelle an, die dichter an ihrem Wohnort liegt. Andere lassen sich durch ein Fortbildungsprogramm locken", so die Leiterin. Auch Schwangerschaften oder der Wunsch nach beruflichen Veränderungen seien Gründe. Die Situation dürfte sich in den kommenden Monaten verschärfen. Ab August 2013 haben Eltern von unter Dreijährigen einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz.

"Auch wir spüren den Fachkräftemangel", sagt Thomas Schreitmüller, Bürgermeister von Barsbüttel. Auf eine Kita-Stelle bewerben sich nur noch drei oder vier Interessenten. Schreitmüller: "Vor fünf Jahren waren es noch mehr als zehn." Die Gemeinde betreibt fünf Einrichtungen und beschäftigt dafür rund 100 Mitarbeiter. Schreitmüller: "Das ist in unserer Verwaltung der mit Abstand größte Bereich. Insgesamt sind 180 Mitarbeiter beschäftigt." Die Personalkosten für die Kinderbetreuung belasten den Etat Barsbüttels pro Jahr mit rund 4,2 Millionen Euro. "Tendenz steigend", so Schreitmüller. "Wenn im August 2013 der gesetzliche Anspruch für einen Krippenplatz kommt, benötigen wir zehn Betreuer für weitere zwei bis drei zusätzliche Krippengruppen", sagt er und kritisiert das Vorgehen der Bundesregierung. "Wenn ich sehe, dass man sogar darüber nachdenkt, den Anspruch wieder rückgängig zu machen, dann ist das ein Armutszeugnis der Bundespolitik."

Wie viele andere Träger müsse auch Barsbüttel auf Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen zurückgreifen. Schreitmüller: "Das ist keine Ideallösung, aber auf jeden Fall besser, als eine Gruppe zu schließen." Kurzfristige Engpässe fange eine Springerkraft auf, die in allen fünf Einrichtungen aushilft. Der Bürgermeister: "Ich werde der Politik vorschlagen, dass wir dafür eine zweite Kraft einstellen."

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Diese Probleme hat Schreitmüllers Amtskollege in Bargteheide nicht. "Glücklicherweise sind bei uns alle elf Kitas in freier Trägerschaft", sagt Bürgermeister Henning Görtz. "Aber ich höre von den Trägern immer wieder, dass es riesige Schwierigkeiten bei der Suche nach geeignetem Personal gibt", sagt er. Um diese zu lösen, hilft offenbar auch die Stadt. So habe sie die Kirchengemeinde bei der Besetzung von drei freien Stellen unterstützt, sagt Andreas Feldten, Pastor in Bargteheide und für das Personal verantwortlich. Die Kirche ist Träger von drei Einrichtungen in der Stadt. "So konnten wir eine Erzieherin zum 1. Juli einstellen, weil die Stadt sich finanziell beteiligt hat", so Feldten. Der Bedarf an qualifiziertem Personal wird weiter steigen. Im August 2013 will die Kirchengemeinde eine zusätzliche Krippe an der Straße Eckhorst anbieten. "Der Markt ist aber bereits jetzt leergefegt", sagt der Pastor. Im Hinblick auf den Betreuungsanspruch ab 2013 seien alle Träger auf der Suche. Feldten: "Zuletzt hatten wir drei Stellen ausgeschrieben, worauf wir 15 Bewerbungen bekamen." Doch habe man elf Unterlagen direkt zurückschicken können. "Qualifiziertes Personal ist ganz selten geworden", so der Pastor.

Die Bedeutung von Fortbildungsmöglichkeiten und einer angenehmen Arbeitsatmosphäre betont Ingo Loeding, Geschäftsführer des Kinderschutzbunds Stormarn. "Für die Mitarbeiter unserer drei Einrichtungen haben wir seit zehn Jahren ein Personalentwicklungsprogramm." Der Schutzbund versuche, die Mitarbeiter frühzeitig zu binden und fortzubilden. Um die Zufriedenheit der rund 50 hauptamtlichen Mitarbeiter zu steigern, biete man etwa Tankgutscheine für diejenigen an, die einen weiteren Weg zur Arbeit zurücklegen müssten. Loeding: "Viel Geld gibt es in dem Job nicht. Da gilt es, das Umfeld so angenehm wie möglich zu gestalten."

Der Kinderschutzbund ist derzeit nicht auf Kräfte von Zeitarbeitsfirmen angewiesen, binde stattdessen Bundesfreiwillige und Ehrenamtliche ein. "Bei dem herrschenden Mangel sollte man auch die Elternkompetenz besser nutzen", sagt Loeding. So gebe es Mütter, die nicht arbeiten müssten, jedoch über viel Erfahrung in der Betreuung verfügten. Kurzfristig hilft laut Loeding jedoch wenig gegen den Engpass. Wilhelm Hegermann, Bereichsleiter für Jugend, Schule und Kultur in der Kreisverwaltung, sieht es ähnlich: "Der steigende Bedarf war absehbar. Dennoch wurden nicht genügend Fachkräfte ausgebildet. Man muss deutlich sagen, dass die Bundespolitik mit dem Rechtsanspruch etwas versprochen hat, was so nicht einzuhalten ist."