Die Art und Weise, wie Kirchenvorstand und Opferinitiative gegen zwei Geistliche vorgehen, ruft eine Gruppe von Kritikern auf den Plan.

Ahrensburg. Dass die schweren Missbrauchsvorwürfe gegen zwei Ahrensburger Ruhestandsgeistliche rückhaltlos aufgeklärt werden müssen, darüber besteht Einigkeit. Doch die Art und Weise, wie Kirchenvorstand und Opferinitiative dabei agieren, ruft jetzt eine Gruppe von Kritikern auf den Plan. In einem Aufruf der neu gegründeten Initiative "Dialog in Ahrensburg" heißt es, der Stil der Aufklärungsarbeit sei unerträglich. Die Beteiligten fordern "eine Rückkehr zur Vernunft und einen neuen Dialog" in der Gemeinde.

Die Vorwürfe, die die Initiatoren erheben, wiegen schwer. Der Kirchenvorstand unter Leitung von Pastor Helgo Matthias Haak beteilige sich an einer öffentlichen "Hetzjagd" und trage zu neuem Unrecht bei, auch zulasten von Angehörigen beider Ruhestandsgeistlichen. Das Gremium agiere seit Monaten unprofessionell und wenig erfolgreich. Einige Mitglieder stellten sich nicht ihrer "eigenen Verstrickung", sondern versteckten sich in der vermeintlichen Aufklärerrolle. "Mehrere Mitglieder, darunter auch Pastoren, waren bereits 1999 im Vorstand, als die begründete Versetzung eines Pastors erfolgte. Dem Kirchenvorstand fehlt die Unparteilichkeit im Aufklärungsprozess", sagt Initiator Nikolaus Lemberg.

Der 34-Jährige ergreift nun mit Nele McElvany und weiteren Mitstreitern die Initiative. Der gebürtige Ahrensburger lebt heute im niedersächsischen Eyendorf. Der Geschäftsführer einer sozialen Einrichtung war in den 90er-Jahren im Kirchsaal Hagen aktiv, nahm ebenso wie McElvany an einer Jugendgruppe von Pastor Friedrich H. teil.

Beide formulierten vor zehn Tagen einen acht Punkte umfassenden Aufruf, stellten ihn jetzt ins Internet. Ihr Ziel: ein Gegengewicht zur bisherigen Öffentlichkeitsarbeit von Gemeinde und Opferinitiative schaffen. "Wir wollen den kritischen Stimmen hinsichtlich des Kirchenvorstands Gehör verschaffen", sagt Lemberg. "Das ist nicht gegen die Opferinitiative gerichtet und soll auch die Vorwürfe nicht verharmlosen, aber der Kirchenvorstand sollte sich nicht bedingungslos mit den Opfern identifizieren."

Am Montag hatten mehr als 50 Menschen den Aufruf im Internet unterzeichnet, darunter auch ein Ahrensburger Kirchenvorstandsmitglied. "Ich wünsche mir von den amtierenden Pastoren, die bereits 1999 im Vorstand waren, mehr Offenheit", sagt Gerd Smith. Sechs weitere Mitglieder beurteilten das Agieren des 29-köpfigen Gremiums kritisch. Für Smith sei der Rücktritt des Vorstands der einzige Weg zur Neuausrichtung der Gemeinde. Unterzeichner Manfred Kloevekorn, der selbst 14 Jahre lang im Kirchenvorstand war, mahnt: "Das Gremium ist keine Strafverfolgungsbehörde. Pastoren sind Seelsorger, keine Richter." Er hege die Hoffnung, dass künftig alle Beteiligten ins Gespräch kommen. Dafür sei ein Mediator hilfreich, sagt Cordula Dörmann, die als Ahrensburger Gemeindemitglied den Aufruf mit unterzeichnet hat. "Die Kommunikation zwischen Pastoren, Kirchenvorstand und Gemeindegliedern muss besser werden."

Der Kirchenvorstand lehnt indes das Vorgehen der Dialog-Initiative aufs Schärfste ab. "Offenbar wird versucht, öffentlich Einfluss auf das noch andauernde Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Ahrensburger Pastor Friedrich H. zu nehmen", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der stellvertretenden Vorsitzenden Heike Hartmann. Der Kirchenvorstand habe sich professionelle Hilfe und Beratung von außen geholt. Eine öffentliche Hetzjagd finde nicht statt. Hartmann wies auch den Vorwurf der fehlenden Abgrenzung zum Opferverein "Missbrauch in Ahrensburg" und mangelnde Überparteilichkeit zurück. "Der Kirchenvorstand berücksichtigt bei seinen Entscheidungen die Argumente aller Seiten", sagt Hartmann.

Die Behauptung, der Vorstand verstecke sich hinter der Aufklärerrolle, sei perfide. Die Vorsteher würden weiterhin bei ihrer Entscheidungsfindung unterschiedliche Auffassungen berücksichtigen, sagt Hartmann. "Es geht aber nicht an, dass durch eine öffentliche Kampagne versucht wird, demokratisch zustande gekommene Entscheidungen rückgängig zu machen."

Die Opferinitiative hingegen bewertet den Vorstoß der Kritiker positiv. "Ich begrüße es, dass sich eine weitere Initiative dem Thema Missbrauch in Ahrensburg und dessen Folgen widmet", sagte ihr Vorsitzender Anselm Kohn. "Durch die Homepage bekommt das Thema allerorts einen wichtigen Stellenwert." Gleichwohl könne er einige Kritikpunkte nicht nachvollziehen und sei deshalb mit der neuen Initiative bereits in Dialog getreten.

www.dialog-in-ahrensburg.de