Mit Kommunen im Herzogtum Lauenburg und Mecklenburg-Vorpommern wollen Stormarner Städte im Kampf gegen Neonazis zusammenarbeiten.

Ahrensburg. "Die Neonazis haben sich in den vergangenen Jahren stark vernetzt. Das ist ein Quantensprung, den wir jetzt nachvollziehen müssen." Mit diesen Worten beschreibt Glindes Bürgermeister Rainhard Zug die Aufgabe, die jetzt auf die 20 norddeutschen Kommunen zukommt, die an einer Konferenz gegen Rechtsradikalismus in Ratzeburg teilgenommen haben. Der dortige Bürgermeister Rainer Voß hatte Kollegen aus Lübeck, Glinde, Reinfeld, Bargteheide und Bad Oldesloe, aber auch aus ostdeutschen Orten wie Lübtheen zu dem ersten Treffen dieser Art eingeladen, bei dem ein gemeinsames Vorgehen besprochen werden sollte. Der Hintergrund sind neue Erkenntnisse über die regionale Vernetzung der rechten Szene.

Wie könnte nun eine engere Allianz der Demokraten aussehen? Zunächst einmal hofft Rainhard Zug darauf, dass zur Demonstration gegen das rechte Glinder Modegeschäft auch Teilnehmer aus anderen Gemeinden kommen. "Ich würde mich sehr freuen, wenn auch Menschen aus umliegenden Kommunen wie Reinbek, Wentorf und Barsbüttel dabei wären", so der Glinder Bürgermeister.

Möglicherweise wird es auch Teilnehmer geben, die einen weiteren Weg in Kauf nehmen. "Ich gehe davon aus, dass auch Bargteheider kommen werden", sagt Ute Sauerwein-Weber, die in dem Antirassistischen Bündnis Stormarn (Arabues) aktiv ist. Das Bündnis habe auch zur Teilnahme an der Demo aufgerufen. Die Jugendbildungsreferentin vertrat die Stadt Bargteheide bei der Konferenz.

+++ Glinde zeigt Gesicht gegen rechten Laden +++

Wie berichtet, setzen sich die Teilnehmer der Konferenz unter anderem für die Einrichtung eines regionalen Kompetenzzentrums gegen Rechts ein. In der Einrichtung würden professionelle Berater arbeiten, die sich besonders um die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg sowie Lübeck kümmern würden. Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie (CDU) hatte so ein Zentrum in Ratzeburg als "absolut notwendig" bezeichnet.

Ute Sauerwein-Weber hat konkrete Vorstellungen, wie so ein Zentrum aussehen könnte: "Meiner Meinung nach müsste es eine Anlaufstelle mit Fachkräften sein, die man in die Schulen holen könnte." Besonders wichtig sei es, junge Leute über die Umtriebe der Neonazis im Internet aufzuklären. Sauerwein-Weber: "Ich kenne Jugendliche, die im Netz eine Aktion gegen sogenannte Kinderschänder unterstützt haben, ohne zu wissen, dass sie einen rechtsradikalen Hintergrund hatte."

Die Gemeinden, die an der Konferenz teilgenommen haben, wollen beim Kampf gegen Rechts jetzt ebenfalls auf das Internet setzen. Geplant ist die Einrichtung einer Internetplattform, auf der die Verwaltungen über rechtsradikale Vorkommnisse berichten. So können sich andere Gemeinden darauf vorbereiten, was möglicherweise auf sie zukommt.

Dass es aus den Erfahrungen anderer Kommunen eine Menge zu lernen gibt, wurde schon bei der Konferenz deutlich. So berichtete Ute Lindenau, Bürgermeisterin der Stadt Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern, wie sich Neonazis seit Anfang der 90er-Jahre gezielt in ihrer Stadt angesiedelt haben. Dazu Mirjam Gläser vom Schleswig-Holsteinischen Beratungsnetzwerk gegen Rechtsradikalismus: "Wenn man solchen Menschen Raum überlässt, ist es sehr schwer, sie wieder wegzubekommen."

Eine Lehre, die auch für die Stadt Glinde bedeutsam sein kann, in der es den Thor-Steinar-Modeladen gibt, von dem befürchtet wird, dass er ein Anlaufpunkt für die rechte Szene werden könnte. Bürgermeister Rainhard Zug betont allerdings: "Ich wurde auf der Konferenz darin bestätigt, dass wir genau auf dem richtigen Weg damit sind, sofort öffentlich klare Kante zu zeigen."

+++ Rechte kennen keine Grenzen +++

Eine Lehre aus Erfahrungen in Ostdeutschland zieht auch Ute Sauerwein-Weber. "Aus Gadebusch wurde berichtet, wie dort die Mittel für die Jugendarbeit reduziert wurden. Das ist ein gefundenes Fressen für die Rechten." Reinfelds Bürgermeister Gerhard Horn sieht einen Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten und dem Erstarken der rechten Bewegung. Er sagt: "Wenn Menschen keine auskömmlichen Löhne mehr haben und zwei oder drei Jobs haben müssen, bereitet das den Boden für so etwas."

Bei allen warnenden Beispielen aus Ostdeutschland gebe es aber auch Dinge, die besser laufen als in Schleswig-Holstein und die Vorbildcharakter haben könnten. So sagt Ute Sauerwein-Weber: "Mecklenburg-Vorpommern hat deutlich mehr Beratungsstellen gegen Rechts. Und die haben auch Erfolg, etwa in kleinen Dörfern." Laut Mirjam Gläser stünden in Mecklenburg-Vorpommern alle demokratischen Parteien gegen Rechts zusammen - ein Modell auch für Schleswig-Holstein.

Im Herbst will sich das Netzwerk zu einer zweiten Konferenz treffen.