Mehr als 500 Menschen protestieren friedlich gegen das Thor-Steinar-Modegeschäft. So groß und laut war eine Demo in Glinde nur selten.

Glinde. Es gibt Demonstrationen, die sind laut, drohen zu eskalieren und müssen mit einem großen Polizeiaufgebot begleitet werden. Vor allem, wenn es gegen Rechts und insbesondere gegen einen Thor-Steinar-Laden geht. Beispiele gibt es genügend, ob nun in Berlin, Hamburg oder Rostock. Und dann gibt es Demonstrationen wie in Glinde. Seitdem das Modegeschäft "Tønsberg" am Einkaufszentrum Glinder Berg Mitte September geöffnet hat, demonstrieren zahlreiche Menschen bei den täglichen Mahnwachen oder den angemeldeten Demonstrationen an den Wochenenden - friedlich. Auch am vergangenen Sonnabend, als rund 500 Protestler aus Glinde und dem Umland auf die Straße gingen, blieb es ruhig.

Lediglich fünf Beamte begleiten den Demonstrationszug, der sich um 12 Uhr von der Marktpassage in Richtung des unbeliebten Ladens in Bewegung setzt. "Die Proteste hier sind eher ein Familienfest. In den vergangenen zwei Monaten ist es immer weitgehend ruhig geblieben", sagt Eggert Werk, Dienststellenleiter der Polizeizentralstation Glinde, während um ihn herum immer wieder "Glinde, Glinde, das sind wir. Wir wollen keine Nazis hier!" aus Dutzenden Protestmündern tönt.

So groß und laut war eine Demo in Glinde in den vergangenen Wochen nur selten. Das Aktionsbündnis "Glinder Bürger gegen Rechts - Runder Tisch" hatte zuvor ordentlich die Werbetrommel gerührt, zahlreiche Parteien, Vereine, Verbände, Gewerkschaften und die Kirchen mobilisiert. "Glinde ist bunt, aber nicht braun" steht auf dem Banner, das Mitglieder des Vereins Theoter ut de Möhl vorneweg tragen. Viele von den Teilnehmern stehen regelmäßig, manche von ihnen sogar täglich vor dem Laden, um zu demonstrieren und aufzuklären. So wie Andrea Nilsson, die Kinderpunsch für die frierenden Protestler bereit hält. "Nicht nur Großdemos sind jetzt wichtig, auch die täglichen Mahnwachen. Wir müssen unsere Kinder informieren und schützen und verhindern, dass sich in Glinde ein rechtes Netzwerk etabliert", sagt die 43 Jahre alte Mutter.

Als die Sprechchöre den Glinder Berg hinauftönen, lassen die Verkäuferinnen den braunen Rollladen des Tønsberg-Geschäftes herunter, der vor allem Thor-Steinar-Mode verkauft, die in der rechten Szene gerne getragen wird. Kurze Zeit darauf besetzen die Demonstranten das Ladentor mit ihren Bannern und lauten Pfiffen aus Trillerpfeifen.

"Jeder, der hier diese Klamotten kauft, unterstützt wissentlich oder unwissentlich eine totalitäre, rassistische und menschenverachtende Ideologie. Es ist unsere Stadt und wir dürfen es nicht zulassen, dass wir uns unsere Zukunft durch Wegschauen nehmen lassen", ruft Bürgermeister Rainhard Zug ins Mikrofon auf dem Podest und dankt den Menschen, die Zivilcourage in Glinde zeigen. Auch Bürgervorsteher Eberhard Schneider findet deutliche Worte: "Dort drinnen halten sich Personen auf, die 70 Jahre nach Ende des Naziregimes immer noch dieser verhängnisvollen Ideologie anhängen. Machen Sie mit, verscheuchen Sie diese braune Zelle aus Glinde." Schneider unterstreicht, dass die demokratischen Parteien bei dem Protest gegen Rechts unterschiedliche politische Auffassungen ausklammern und eine gemeinsame Forderung haben: "Weg mit dem Laden aus Glinde."

Dafür sammeln die mehr als 60 Aktiven des Aktionsbündnisses "Glinde gegen Rechts - Runder Tisch" bereits seit einigen Wochen fleißig Unterschriften. Rund 2500 Namen stehen darauf, schätzt Bürgermeister Rainhard Zug. Etliche kommen am Sonnabend dazu. Denn der Landtagsabgeordnete Martin Habersaat, der ebenfalls mitmarschierte, hatte sämtliche SPD-Abgeordnete in Kiel unterschreiben lassen. "Abgeordnete und Mitarbeiter stehen an der Seite der Glinder im Kampf gegen menschenfeindliches Gedankengut", sagt Habersaat.

Der Glinder Protest geht auch im Dezember weiter. Am Mittwoch, 14. Dezember lädt das Aktionsbündnis alle Bürger zu einer Lichterkette ein, die den gewohnten Weg von der Marktpassage bis zum "Tønsberg"-Laden nehmen wird. Bündnissprecher Johannes Ratzek: "Es soll ein stiller Protest werden, an dem auch alle mitmachen können und sollen, die bisher die Teilnahme an den anderen Demonstrationen und Mahnwachen scheuten." (abendblatt.de)