Hausdurchsuchung bei Andreas S. Er soll das Lokal Herbstprinz angezündet haben. Ein Jahr zuvor überlebte er einen Mordanschlag.

Jork. Nach der Brandstiftung am Jorker Traditionslokal Herbstprinz ermittelt die Polizei nun gegen den ehemaligen Pächter Andreas S. Es war auf den Tag genau ein Jahr nach einem gescheiterten Mordanschlag auf Andreas S., als das denkmalgeschützte Haus in Osterjork am 30. März dieses Jahres niederbrannte. Das Opfer, das nur durch Zufall überlebte, steht jetzt im Verdacht, mit einem weiteren Beschuldigten das Gasthaus in Brand gesetzt zu haben. Das Gebäude brannte völlig nieder.

Acht Kripo-Beamte durchsuchten gestern von 8.30 Uhr an Wohn- und Nebengebäude auf dem Herbstprinz-Anwesen nach Beweisen. Sie beschlagnahmten Computer, Datenträger, Fotos sowie ein Mobiltelefon, und Andreas S. musste zur "erkennungsdienstlichen Behandlung" beim Polizeikommissariat Buxtehude erscheinen. "Der Tatverdacht beruht auf den bisherigen Ermittlungen der Polizei", heißt es im richterlichen Durchsuchungsbeschluss der Strafabteilung des Amtsgerichts Stade vom 11. Juli.

Eine heiße Spur oder nur heiße Luft? "Die Suche nach Beweismitteln würde nicht bei einem Unverdächtigen erfolgen", sagt Stades Polizeisprecher Rainer Bohmbach. Der Tatverdacht stütze sich unter anderem auf die Feststellung eines Sachverständigen, das Lokal müsse zur Brandlegung vom Täter mit einem Schlüssel geöffnet worden sein. Und der Beschuldigte S. müsse einen Schlüssel gehabt haben.

Ob bei der insolventen Eigentümerin des Herbstprinz Sandra T. oder bei den an dem Mordkomplott Beteiligten auch Beweissicherungen in dieser Form vorgenommen wurden oder werden, wollte Bohmbach aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen.

Andreas S. zeigte sich empört, dass er nun als Beschuldigter im Visier der Ermittler ist. "Der Verdacht ist absurd", sagte er gegenüber dem Abendblatt. Außerdem habe der Schlüssel zum Herbstprinz von innen in der Eingangstür gesteckt, als die Feuerwehr diese geöffnet hatte.

"Ich habe nach dem Mordanschlag extra Schlösser angeschafft, die sich nicht von außen öffnen lassen, wenn der Schlüssel innen steckt", sagte Andreas S. Den Kriminalbeamten hielt er zornig vor: "Die Leute, die mich umbringen wollten, laufen noch frei herum. Bei denen gab es meines Wissens keine Hausdurchsuchungen, um Beweise zu sichern."

Tatsächlich gab es in der Beziehung zwischen der ehemaligen Herbstprinz-Wirtin Sandra T. aus Bergedorf und Andreas S., ihrem 15 Jahre älteren Partner und Vater einer gemeinsamen Tochter, jede Menge Zündstoff: Ein gescheiterter Mordversuch, ein erbitterter Sorgerechtsstreit um ein sechsjähriges Kind und zwei abgebrannte Baudenkmäler im Alten Land sind die Bilanz. Am 30. März 2011 überlebte Andreas S. nur knapp das Mordkomplott, das seine ehemalige Lebensgefährtin mit ihrem Geliebten, dem Herbstprinz-Koch Marc W., angestiftet hatte. Sie hatten gemeinsam vier junge Männer vom Hamburger Kiez gegen Bezahlung angeheuert, die S. aus dem Weg räumen sollten. Am Ende zahlte der Koch die Zeche für das ausgeheckte Komplott allein und wurde am 15. März von der Stader Schwurgerichtskammer wegen versuchten Mordes zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Da es der zuständigen Staatsanwältin Nina Reinicker in ihrem letzten Fall in Stade nicht gelungen war, zu ermitteln, wer von den fünf männlichen Tatbeteiligten tatsächlich auf das schlafende Opfer eingestochen hatte, brannte damals auch im Gerichtssaal sprichwörtlich die Luft. Denn die Tatverdächtigen vom Kiez verließen mit milden Bewährungsstrafen auf freiem Fuß das Gerichtsgebäude.

In der kommenden Woche laufen die Fristen für das Revisionsverfahren in der Mordsache ab. "Dass ausgerechnet jetzt mein Computer und Telefon beschlagnahmt wurden, macht es mir unmöglich, in dieser Sache mit meinem Anwalt zu kommunizieren", beschreibt S. seine Situation. Auch sein Anwalt Martin Krüger sieht das als großen Nachteil für seinen Mandanten. "Es ist ein großes Revisionsverfahren, das fünf Urteile betrifft, da sind Absprachen und Erörterungen mit meinem Mandanten unablässig nötig", sagt Krüger. Zudem ist er überzeugt, dass der Verdacht der Brandstiftung gegen seinen Mandanten absurd ist. "Ich bin überzeugt, dass sich alles aufklären wird, zumal mein Mandant vom abgebrannten Herbstprinz keinen Vorteil hat."

Als Profiteur sieht Krüger eher die inzwischen insolvente Besitzerin der Immobilie und somit deren Insolvenzverwalter. Das einzig Verwertbare für den Insolvenzverwalter wäre neben Schutt und Asche nur noch das Wohnhaus neben der Brandruine. Und die lasse sich kaum vermarkten, solange das Mietverhältnis mit Andreas S. dort bestehe, so Krüger.

"Meine Mandantin hat in der Brandnacht bis spät gearbeitet und war dann bei ihren Eltern in Reinbek", sagt Jens Meggers, Sandra T.s Anwalt. Sie sei völlig fertig, dass nach dem Altländer Hof, der ihr ebenfalls gehörte, auch der Herbstprinz niedergebrannt sei, so Meggers.

Er machte nach seinen Beobachtungen der gereizten Stimmung während des Prozesses in Stade, bei dem seine Mandantin wegen Beihilfe zu schwerer Körperverletzung an Andreas S. zur Bewährung verurteilt wurde, keinen Hehl daraus, dass er ihrem "Ex" Brandstiftung ebenso zutrauen würde wie den vier Männern vom Hamburger Kiez.