Nach dem Herbstprinz-Inferno leben Andreas S. und Tochter in einer Ferienwohnung. Insolvenzverwalter Scholz steckt in der Bredouille.

Jork. Ein Mordversuch, ein erbitterter Sorgerechtsstreit und zwei Brandruinen denkmalgeschützter Reetdachhäuser sind der Zündstoff des Familienkrimis im Alten Land. Zur Brisanz des Jorker Familiendramas gehört unbeschreibliches Leid für ein kleines Mädchen, das so viel Schreckliches erleben musste, weil die Beziehung ihrer Eltern zerbrach. Nun müssen Vater und Kind eine neue Bleibe suchen, denn ihr Zuhause gegenüber dem abgebrannten Traditionslokal Herbstprinz wurde durch den Brand ebenfalls zerstört.

+++Herbstprinz-Feuer: Ermittler gehen auf Spurensuche+++

+++Hinweise im Herbstprinz-Krimi+++

In der Pflicht, das Wohnhaus wieder herzurichten, wäre der Insolvenzverwalter der ehemaligen Eigentümerin und Herbstprinz-Wirtin Sandra T. aus Bergedorf. Doch Christian M. Scholz lässt seinen Mieter bislang im Ungewissen. So lange die Brandursache nicht geklärt ist, demzufolge Versicherungsregelungen noch fraglich sind, will Scholz sich nicht dazu äußern.

Die Menschen, die auf dem Herbstprinz-Anwesen lebten und arbeiteten gerieten nach einem im März 2011 missglückten Mordanschlag auf den Vater des Kindes immer wieder in die Schlagzeilen. Die Mutter des Mädchens, Sandra T. und ihr Liebhaber, der ehemalige Koch im Herbstprinz, Marc W., wurden im Mai vorigen Jahres verhaftet und als Drahtzieher des Mordkomplotts angeklagt.

Nur zwei Wochen nachdem der Koch vom Stader Landgericht wegen versuchten Mordes zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde und fünf andere Tatbeteiligte mit Bewährungsstrafen aus dem Schwurgerichtssaal gingen, brannte der Herbstprinz am 30. März dieses Jahres nieder. Es war die zweite Immobilie der Wirtin T., die ein Raub der Flammen wurde. Aus ungeklärter Ursache war im Juli 2011 auch der Altländer Hof abgebrannt, nur wenige Hundert Meter vom Herbstprinz entfernt. Besonders tragisch sind die Geschehnisse für die sechsjährige Tochter des Gastronomenpaares aus Hamburg, das einst das Lokal und das umliegende Areal zu seiner neuen Heimat und Existenzgrundlage auswählte. Das Kind wuchs dort auf, wo heute nur noch Schutt, Asche und Trümmer sind.

+++Die Ereignisse um Wirtin Sandra T.+++

Seine Spielsachen liegen im Wohnhaus, das durch Hitzeschäden, Funkenflug und Löschwasser unbewohnbar ist. In ihrem Kinderzimmer mit dem rosa Himmelbett und dem Puppenhaus kann sie nicht mehr spielen. Die Scheiben sind geborsten, Decken und Fußböden wölben sich. Ihre Lieblingspuppe liegt verlassen auf dem Bett. Ihr Vater hatte das Kind durch Funkenflug und Ascheregen in Sicherheit gebracht.

Doch die Bilder jener Nacht lassen sich für ein Vorschulkind nicht einfach löschen. Sie sind der Abschluss einer Tragödie, und die nächste Notlage kündigt sich an: Andreas S. und seine Tochter müssen eine Bleibe finden. "Wir leben übergangsweise in einer Ferienwohnung, wofür ich den Vermietern und Bürgermeister Hubert, der es vermittelt hat, sehr dankbar bin", sagt Andreas S. Dennoch sei die Situation nach dem Brand eine Katastrophe.

Der seit August 2011 zuständige Insolvenzverwalter Scholz ist jetzt ebenso in der Bredouille wie Vater und Kind, denn Sandra T.s Insolvenzmasse ist nur Schutt und Asche, es mangelt momentan offensichtlich an Liquidität. Scholz müsste die Insolvenzmasse vermarkten, damit die Gläubiger der mit bislang rund 430 000 Euro Schulden belasteten Wirtin zu ihrem Geld kommen. Sandra T. hatte im August 2011 ihre Pleite angezeigt. Andreas S. hatte Wohnhaus und Restaurant über seine Firma Marina Catering für 30 Jahre von Sandra T. gepachtet. "Ich habe stets Miete und Pacht gezahlt", sagt S., nun sei als Hausvermieter Scholz in der Pflicht. "Es ist noch eine Latte rechtlicher Fragen zu klären, mit der Bank, der Versicherung und Herrn S.", sagte Scholz dem Abendblatt. Die Einzelheiten könne er nur mit Andreas S. direkt klären.

Doch Andreas S. ist verärgert. Er habe seit Tagen versucht, den Insolvenzverwalter zu erreichen, bislang ohne Erfolg. Martin Krüger, der Anwalt von Andreas S., sieht die momentane Situation seines Mandanten als menschliche Katastrophe, zu der nun das Wohnproblem komme. "Hier gibt es leider sehr unterschiedliche Interessen. Der Insolvenzverwalter hat die Aufgabe die Gläubiger zu bedienen, nun kämen noch Kosten für die Wiederherrichtung des Wohnhauses auf ihn zu", sagt Anwalt Krüger. Man habe ihn bereits aufgefordert, das Mietobjekt wieder bewohnbar zu Verfügung zu stellen, jedoch keine Rückmeldung bekommen.

Die einzige, die von der verfahrenen Situation profitiere, sei Sandra T., so Krüger. Sie hatte dem Gericht erklärt, sie und ihr Geliebter hätten S. vom Anwesen des Herbstprinzen "vertreiben" wollen. Nach dem misslungenen Mordanschlag, meint Krüger, sei dieses Ziel mit dem abgebrannten Herbstprinz und dem unbewohnbar gewordenen Wohnhaus nun fast erreicht.