Minderjährige Testkäufer waren im Auftrag von Polizei und Landkreis im Alten Land unterwegs. Viele kamen problemlos an harten Alkohol.

Jork/Stade. Malte, 16 Jahre, und Luisa, 15, stehen an der Kasse. Sie haben eine Flasche Wodka auf das Band gelegt. Die Kassiererin zieht den Wodka ohne zu zögern über den Scanner und nennt trotz Warnhinweises auf der Kasse den Preis. Malte zahlt und die beiden verlassen den Laden.

Im Auftrag von Polizei und Landkreis waren die Jugendlichen im Alten Land und im Bereich Horneburg unterwegs, um Verkäufer zu testen. In sechs von elf Fällen konnten sie problemlos harten Alkohol kaufen.

Gemeinsam mit den Jugendlichen gehen Martin Laarmann vom Kreisjugendamt und Polizeikommissar Bernd Sabrantke zu ausgewählten Geschäften. Den Laden betreten Malte und Luisa dann alleine. An diesem Tag stehen acht Supermärkte, drei Getränkemärkte und ein Drogeriemarkt auf dem Zettel der Tester. Bewusst wählte die Polizei das Alte Land für die jüngsten Testkäufe aus. Ein wichtiger Grund seien die zwei tragischen Todesfälle von alkoholisierten Jugendlichen gewesen, sagt Polizeisprecher Rainer Bohmbach.

Im Dezember 2010 erfror ein 16-jähriges Mädchen aus Jork-Estebrügge nach dem Weihnachtsball im Fährhaus Kirschenland in Wisch in einem Graben. Nur wenige Tage später fiel ein 17-jähriger Jorker nach einer Silvesterparty im Ort in einen mit Wassergraben und ertrank.

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Somit wurden Polizei und Landkreis mit ihren jungen Testkäufern im Alten Land tätig. Dabei gehe es aber nicht darum, die Verkäufer auszutricksen, sagt Polizist Sabrantke. Deshalb würden Jugendliche ausgewählt, die 15 oder 16 Jahre alt sind und auch ihrem Alter entsprechend aussehen.

Die Testkäufer müssen zudem wichtige Regeln beachten. Sie dürfen nicht lügen, wenn sie nach ihrem Ausweis gefragt werden, müssen sie ihn vorzeigen. Sie dürfen auch nicht auf den Kassierer einreden, um diesen zu überzeugen. "Sie legen den Alkohol aufs Band und bezahlen, wenn er ihnen ausgehändigt wird", sagt Sabrantke. Mit dem Kassenzettel übergeben sie den Alkohol dann an ihre Begleiter, die in der Regel vor dem Geschäft warten. Sabrantke und Laarmann dokumentieren den Verkauf. Dreizehn Geschäfte steuerten die Tester an. Zwölfmal wollten die Jugendlichen harten Alkohol kaufen, einmal legten sie Zigaretten auf das Band. Jeder zweite Kassierer verkaufte den Alkohol, die Zigaretten zu kaufen war für die 15- und 16-Jährigen ebenfalls kein Problem. In zwei Fällen mussten sie ihren Ausweis überhaupt nicht zeigen. Wenn der Alkohol- oder Zigarettenverkauf dokumentiert ist, konfrontieren Sabrantke und Laarmann den Verkäufer. Wer gar nicht kontrolliert hat, sagt, er kontrolliere normalerweise immer. Wer den Ausweis sehen wollte, sagt, er habe sich verrechnet oder falsch abgelesen. "Viermal stand das Mindestalter der Käufer vollständig im Kassendisplay", sagt Polizist Sabrantke.

Er kennt alle Ausreden. Im Jahr 2006 organisierte die Polizei in Stade erstmals Alkoholtestkäufe, die regelmäßig fortgesetzt wurden. Die Kontrollen zeigen Wirkung. "Mittlerweile klappt es überall hervorragend", sagt Jens Kohnen, Leiter des Stader Fachkommissariates für Kinder- und Jugendkriminalität. Das schlechte Ergebnis im Alten Land sei leicht zu erklären. Dort sei noch nie kontrolliert worden, sagt Kohnen. Das gelte sowohl für die Samtgemeinde Lühe als auch für die Einheitsgemeinde Jork.

Doch das hat sich nun geändert. "Wir werden zu einhundert Prozent das nächste Mal wieder in Jork kontrollieren", sagt Kohnen. Ziel sei es, landkreisweit dafür zu sorgen, dass die Verkäufer die Jugendschutzgesetze noch besser einhalten. Wer hochprozentigen Alkohol an Minderjährige verkauft, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Es handelt sich um eine Ordnungswidrigkeit. Die Bußgelder liegen in der Regel bei mehr als 200 Euro zuzüglich Verwaltungsgebühr.

Wiederholungstäter könnten mit einer Strafe von bis zu 50 000 Euro rechnen. Betroffen ist nur der tatsächliche Verkäufer, es sei denn dem Inhaber, Verantwortlichen oder Geschäftsbetreiber kann eine Schuld nachgewiesen werden. Nach den Kontrollen im Alten Land wurden sieben Verfahren eingeleitet. Allen Verkäufern sei nach Polizeiangaben die Altersgrenze bekannt gewesen. Unaufmerksame Kassierer gebe es unter Frauen und Männern sowie in allen Altersschichten.

Im Alten Land wurde in jedem zweiten Fall ein Verstoß festgestellt. Zum Vergleich: In vorherigen Kontrollen in der Region haben die Jugendlichen den Alkohol durchschnittlich erst bei jedem vierten Versuch bekommen. In Zusammenarbeit mit den Städten kontrollierte die Polizei bisher in Stade und Buxtehude. In Kooperation mit dem Landkreis waren die Testkäufer bislang in den Gemeinden Apensen, Harsefeld, Horneburg, Himmelpforten, Oldendorf, Drochtersen und Nordkehdingen unterwegs.

Dass sich wiederholte Kontrollen auszahlen, zeigen die jüngsten Alkoholtestkäufe in Buxtehude. Bei zehn Versuchen, waren die jungen Testkäufe lediglich einmal erfolgreich. Mittlerweile würden sich die stichprobenartigen Kontrollen herumsprechen.