Buxtehuder streiten über Fluch und Segen der neuen Technologie

Stade/Buxtehude. Gentechnisch verändertes Getreide, manipulierter Mais oder Hightech-Soja: Bisher sind solche Gewächse in manchen Regionen der Welt, aber nicht im Landkreis Stade zu Hause. Doch dieser Zustand wird sich auf Sicht ändern. Auch die Region südlich der Elbe muss sich auf eine Zukunft als Anbauregion für Gentechnik-Lebensmittel einstellen. Das ist die Auffassung von Heinz Korte, Vizepräsident des Landvolkes Niedersachsen, einer Unterorganisation des Bauernverbandes.

"Wir werden auf lange Sicht nicht darum herum kommen, auch auf Gentechnik zu setzen", sagt Korte, der selbst einen Milchviehbetrieb bei Bremervörde betreibt. Diese Einschätzung machte Korte am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Grüne Gentechnik deutlich, zu der der evangelische Kirchenkreis Buxtehude eingeladen hatte. Auf die Frage, wann er selbst gentechnisch veränderte Pflanzen auf seinem Hof einsetzen würde, sagte Korte: "wenn die gesellschaftliche Akzeptanz dafür da ist".

Die mangelnde Akzeptanz bei den Kunden - sie ist nach den Worten Kortes ein Hauptgrund, weshalb das Landvolk seinen Mitgliedern bisher empfiehlt, nicht auf Gentechnik zu setzen. Ein weiterer, gewichtiger Grund sei die Rechtslage in Deutschland, die den Anbau dieser Pflanzen bisher kaum zulässt. Die Meinung der Landwirte, wie man unter anderen Bedingungen handeln würde, sei geteilt: "Es gibt bei uns keine einheitliche Auffassung, wie mit dem Thema umzugehen ist."

Wie die Zukunft einer Gentechnik-Landwirtschaft in Deutschland aussehen könnte, skizzierte Heinz Degenhardt, Manager bei der Buxtehuder Zweigstelle des Agrar-Unternehmens Pioneer. Das US-Unternehmen, dessen 150 Mitarbeiter starke Verwaltung für den Bereich Nordeuropa an der Este ansässig ist, züchtet und vertreibt weltweit Pflanzen und Saatgut und setzt, etwa beim Maisanbau, auch auf die Gentechnik.

Degenhardt argumentierte dezidiert für die Technologie und zeigte ihren Einsatz in anderen Ländern der Welt. So sei ein Großteil des in den USA angebauten Maises gentechnisch verändert, sowie 90 Prozent der in Indien angebauten Baumwolle. Deutschland, das bisher fast keine Anbauflächen hat, müsse eines Tages nachziehen. Dafür werde nicht zuletzt der Klimawandel sorgen: "Es gibt schon heute ein Riesenproblem mit der Trockenheit, zum Beispiel in Brandenburg", so Degenhardt. Gentechnik sei ein Mittel, Pflanzen wie Mais besser an diese Bedingungen anzupassen.

Der Klimawandel - neben dem Anwachsen der Weltbevölkerung und dem höheren Nahrungsmittelbedarf diente er Degenhardt als Hauptargument für die Gentechnik. Denn sie könne helfen, CO2 einzusparen. Dafür gebe es Belege. Nicht zuletzt führte Degenhardt ein soziales Argument an: So verhelfe Gentechnik indischen Baumwoll-Bauern zu einer besseren Ertragslage. "Diese Bauern haben jetzt etwas mehr Einkommen, die Kinder können zur Schule gehen", so Degenhardt.

Gentechnik als soziale, umweltfreundliche Technologie? Die entgegengesetzte Meinung vertrat Pastor Karl-Heinz Friebe, Leiter des kirchlichen Arbeitskreises Kirche und Landwirtschaft in Hannover. Er machte die Skepsis der Kirche deutlich. "Der Einsatz von Gentechnik ist eine Veränderung, die nicht mehr rückholbar ist", sagte Friebe in eindringlichen Worten. Dieser Eingriff in die Schöpfung sei theologisch, aber auch gegenüber den nachfolgenden Generationen nicht zu verantworten. "Wir können die Folgen nicht abschätzen. Und Menschen sind potenzielle Fehlermacher."

Der Vorstellung, dass die Gentechnik Bauern in der dritten Welt helfe, trat er vehement entgegen. Vielmehr führe die Tatsache, dass Konzerne Patente auf bestimmte Pflanzen bekommen können, zu neuen Abhängigkeiten. Man müsse bei der Bekämpfung des Hungers auf ganz andere Dinge das Augenmerk richten, nämlich auf Verschwendung und Korruption.

Bei der teils sehr emotional geführten Diskussion, an der auch rund 50 Mitglieder des Kirchenkreises teilnahmen, gab es letztlich nur einen Konsens: Dass die Gentechnik bereits Teil des Lebens ist, auch in Deutschland. "Wenn Sie eine Unterhose tragen, dann ist die sehr wahrscheinlich aus gentechnisch veränderter Baumwolle", sagte Heinz Korte. Seiner Meinung müsse die Diskussion ehrlicher verlaufen. Einen Umschwung der Meinung zugunsten der Gentechnik erwartet er, wenn eines Tages optimierte Lebensmittel auf den Markt kommen.