Umweltexpertin Dörte Ohlhorst sagt, die Zahl der Anlagen in Deutschland reiche aus

Stade. Die E.on Kraftwerke GmbH mit Sitz in Hannover möchte in Stadersand ein neues Steinkohlekraftwerk mit einer Leistung von rund 1100 Megawatt bauen. Im Jahr 2014 soll das neue Werk seinen Betrieb aufnehmen. Der geplante Bau neuer Kohlekraftwerke wird in der Region kontrovers diskutiert. Deshalb hat das Unternehmen bereits vor zwei Jahren das Kraftwerksforum Stadersand initiiert. Dort diskutieren Befürworter und Gegner regelmäßig alle Fakten und Argumente rund um das Projekt. Im Kraftwerksforum sitzen Vertreter aus Kommunen, Institutionen und Verbänden.

Jetzt haben sich die Mitglieder des Kraftwerksforums Stadersand mit dem Energiekonzept der Bundesregierung auseinandergesetzt. Dazu waren Dörte Ohlhorst vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) und Professor Wolfgang Pfaffenberger von der Jacobs University Bremen sowie Ingbert Liebing, CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Umweltausschusses, zu Gast in Stade.

Das Ziel der Bundesregierung ist unter anderem, dass bis 2050 die Stromversorgung zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist wird. Dörte Ohlhorst stellte einige Szenarien vor, die der SRU berechnet hat. Es zeige sich unter anderem, dass die Stromversorgung aus erneuerbaren Energien langfristig günstiger sein werde. Das Gutachten des SRU ergebe, so Ohlhorst, dass bei einem Ausbau der erneuerbaren Energien die Nachfrage nach Grundlast sinke. Der SRU ist der Meinung, dass der derzeitige Bestand an konventionellen Kraftwerken ausreiche und weder eine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken noch weitere Kohlekraftwerke nötig seien.

Professor Pfaffenberger erläuterte in seinem Vortrag den europäischen Rahmen für die zukünftige Energieversorgung: "Im Rahmen der Vorgaben bleibt den Ländern der Energiemix überlassen." Über die Nutzung von Kernenergie gebe es keine europäische Position. Es solle aber bedacht werden, so Pfaffenberger, dass derzeit zwei Drittel des europäischen CO2-freien Stroms in Kernkraftwerken erzeugt werde. Auch auf die wichtigsten Inhalte des Energiekonzepts der Bundesregierung ging Pfaffenberger ein. Er wies dabei auch auf ein Grundproblem hin: Wegen fehlender Akzeptanz stelle der Netzausbau die wesentliche Hürde für den Ausbau der erneuerbaren Energien dar. Die EU plane zwar eine Verfahrenbeschleunigung, um den Ausbau der Netze voranzutreiben. Dass dies erfolgreich sein werde, bezweifelte Pfaffenberger. Daher seien planmäßig einsetzbare Kraftwerke für die Stabilität der Stromversorgung von zentraler Bedeutung. Liebing geht nicht davon aus, dass eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien bald möglich sei. Daher brauche man noch Kernkraftwerke und fossilen Kraftwerke.

Alle drei Referenten vertraten die Meinung, dass neue Kohlekraftwerke nicht die erneuerbaren Energien blockieren würden, solange diese weiterhin Vorrang bei der Einspeisung hätten. Die Wirtschaftlichkeit von neuen Kohlekraftwerken wurde allerdings von einigen Mitgliedern des Forums in Frage gestellt. Verschiedene Meinungen gab es zur Bewertung von Gaskraftwerken im Gegensatz zu Kohlekraftwerken in Stade.